Männer gehen nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen seltener zum Aids-Test als Frauen, nehmen seltener Aids-Medikamente und sterben deshalb häufiger an der Immunschwäche. Weltweit seien weniger als die Hälfte der HIV-infizierten Männer in Therapie, aber 60 Prozent der Frauen mit HIV, teilte das UN-Aids-Programm zum Welt-Aids-Tag 2017 am Freitag mit. Nach UN-Berechnungen leben weltweit etwa 36,7 Millionen Menschen mit dem HI-Virus. 20,9 Millionen von ihnen erhalten lebensverlängernde Medikamente.
Die Aids-Programme bekämpften die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, die Ursache für das Infektionsrisiko von Frauen und Mädchen sei, sagte der UNAIDS-Direktor Michel Sidibé zum Weltaidstag am 1. Dezember. "Aber es gibt einen blinden Fleck bei Männern - Männer nutzen die Dienste zur HIV-Vorbeugung oder zu HIV-Tests nicht und nehmen Behandlungen nicht in dem Maß in Anspruch wie Frauen."
HIV und Aids: Verdrängung lässt Männer häufiger sterben
Das schädliche Konzept von Männlichkeit und männliche Stereotype machten es für Männer schwierig, geschützten Geschlechtsverkehr zu haben, sich auf das HI-Virus zu testen, Behandlung in Anspruch zu nehmen oder sogar über Sexualität zu sprechen, sagte Sidibé. "Aber Männer müssen Verantwortung übernehmen. Dieses Draufgängertum kostet Leben."
In Afrika südlich der Sahara kennen dem Bericht zufolge Männer und Jungen zu 20 Prozent seltener ihren HIV-Status als Frauen und Mädchen. In der Altersgruppe 55 bis 59 Jahre nutzen nur zehn Prozent der Männer ein Kondom, wenn sie Sex mit einer nicht regulären Partnerin haben. In der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal, wo die Aids-Rate am höchsten ist, weiß nur einer von vier HIV-positiven Männern, dass er das Virus in sich trägt.
Zum Welt-Aids-Tag: Zahlen und Fakten
Am 1. Dezember ist Welt-Aids-Tag. Die lebensbedrohliche Immunschwächekrankheit hat sich seit Anfang der 80er Jahre weltweit ausgebreitet und Millionen Menschen getötet, insbesondere in Afrika. Allerdings hat sich mittlerweile der Zugang zu Medikamenten verbessert, die bei regelmäßiger Einnahme einen Ausbruch von Aids verhindern und auch die Übertragung des HI-Virus von Schwangeren auf ihre ungeborenen Kinder abwenden können. In Zahlen der UN-Organisation zur Bekämpfung von Aids (UN-Aids) spiegeln sich die Herausforderungen und Erfolge im Kampf gegen Aids:
17 Sekunden: 2016 haben sich nach UN-Angaben weltweit rund 1,8 Millionen Menschen mit dem HI-Virus angesteckt, das Aids auslöst. Umgerechnet ist das eine HIV-Infektion alle 17 Sekunden oder fast 5000 Neuinfektionen pro Tag.
Zwei Drittel: Bei Erwachsenen ist die Zahl der Neuinfektionen weltweit in den vergangenen Jahren kaum zurückgegangen. 2010 waren es 1,9 Millionen, 2016 noch 1,7 Millionen. Zwei Drittel der Neuinfektionen gibt es in Afrika.
Fast 50 Prozent weniger: Die Neuinfektionen bei Kindern sind hingegen deutlich zurückgegangen: Die Zahl halbierte sich nahezu von 300.000 im Jahr 2010 auf 160.000 im Jahr 2016. Entscheidend war dabei die verstärkte Untersuchung von schwangeren Frauen in Afrika und die Behandlung von HIV-infizierten Patientinnen mit anti-retroviralen Medikamenten, die eine Übertragung des Virus auf das ungeborene Kind verhindern können.
36,7 Millionen: Für 2016 gab UN-Aids die Zahl der HIV-Infizierten mit 36,7 Millionen an, seitdem stieg sie aber weiter. 20,9 Millionen Betroffene weltweit haben mittlerweile Zugang zu einer wirksamen Behandlung.
Eine Million: Die Todesfälle im Zusammenhang mit Aids sind im vergangenen Jahrzehnt um fast 50 Prozent zurückgegangen. Starben 2005 noch 1,9 Millionen Menschen an Aids, waren es 2016 eine Million. Von den 76,1 Millionen Menschen weltweit, die sich seit Ausbruch der Aids-Epidemie 1981 mit HIV ansteckten, starben 35 Millionen an der Krankheit.
In West- und Zentralafrika bekommen nur 25 Prozent der infizierten Männer Medikamente. Die Therapie senkt das Risiko, dass die Infizierten das Virus übertragen. Wenn Männer die Aids-Dienste in Anspruch nehmen, gibt es laut Sidibé einen dreifachen Nutzen: Sie schützen sich selbst, ihre Sexualpartner und ihre Familie.
HIV: Besonders Männer, die Sex mit Männern haben, sollten sich schützen
Außerhalb des Ostens und Südens Afrikas entfallen dem Bericht zufolge 60 Prozent aller Neuinfektionen unter Erwachsenen auf Männer. Sie erleben häufig Diskriminierung und Schikanen oder dass ihnen Gesundheitsversorgung verweigert wird. Männer, die Sex mit Männern haben, haben ein 24 Mal höheres Risiko, sich zu infizieren. Dennoch geht die Kondom-Benutzung in Australien, Europa und den USA bei Geschlechtsverkehr zwischen Männern zurück. Das Risiko, sich mit dem HI-Virus zu infizieren, liegt für Menschen, die sich Drogen spritzen, in vielen Ländern bei über 25 Prozent. Vier Fünftel von ihnen sind UNAIDS zufolge Männer. epd/sh
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