Insgesamt sind Karies-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland rückläufig. Anders ist es bei frühkindliche Zahnschäden, also Karies bei unter Dreijährigen. Diese sind ein wachsendes Problem. Etwa zehn bis 15 Prozent der Kleinkinder leiden an solch einer sogenannten Nuckelflaschenkaries, erklärte jetzt BZÄK-Vizepräsident Dietmar Oesterreich.
Besonders gefährdet sind die Zähne von Kindern, die ununterbrochen an einer Flasche mit gesüßtem Tee oder ähnlichem nuckeln. Dadurch werden die Zähne ständig von Zucker umspült. Diese früh auftretende, gut vermeidbare Erkrankung wird auch als Nuckel- oder Saugerflaschenkaries bezeichnet. Werden die betroffenen Milchzähne nicht behandelt, kann dies neben Zahnschmerzen, Fisteln oder Abszessen auch zum vorzeitigen Zahnausfall führen und negative Folgen auch für das spätere Gebiss haben.
Milchzahnkaries ist sehr schmerzhaft für Kinder
Milchzahnkaries sei für die betroffenen Kleinkinder "oft sehr schmerzhaft", betonte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, Christian Splieth. Der frühzeitige Verlust von Milchzähnen "beeinträchtigt das Kauvermögen, behindert die Sprachentwicklung und Entwicklung der bleibenden Zähne". Die Kinder müssen zudem oft unter Narkose behandelt werden.
Gehäufte Kariensfälle gebe es vor allem bei Familien in sozial schwierigen Lebenslagen und in sogenannten bildungsfernen Schichten. Durch die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten könnten nicht alle gefährdeten Kinder erreicht werden.
Angesichts der Zunahme von Karies bei Kleinkindern haben Ärztevertreter jetzt deutliche frühere Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt gefordert. Künftig sollten Kinder bereits ab dem sechsten Lebensmonat, also mit dem Durchbruch der ersten Milchzähne, zur Früherkennungsuntersuchung in die Praxis kommen, erklärten die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) in Berlin.
Bislang sind diese Kontrollen in der gesetzlichen Krankenversicherung erst bei Kindern ab zweieinhalb Jahren vorgesehen. "Das ist eindeutig zu spät", kritisierte KZBV-Chef Wolfgang Eßer.
Zahnärzte wollen frühere Untersuchung von Kindern
Ein neues Vorsorgekonzept der Zahnärzteverbände sieht deshalb drei verpflichtende zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen zwischen dem sechsten und dem 30. Lebensmonat vor. Die Ergebnisse sollen wie auch die U-Untersuchungen beim Kinderarzt dokumentiert werden. Zudem sollen die Eltern über die richtige Mundhygiene und gesunde Ernährung aufgeklärt werden.
Deshalb wollen die Verbände die Versorgungslücke schließen. Ziel ist es laut Oesterreich, dass bis 2020 rund 80 Prozent der Sechsjährigen kariesfrei sind. Derzeit liege diese Quote bei etwa 54 Prozent.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) reagierte mit Unverständnis auf die Forderung der Zahnärzte. Es gebe nicht "die eine, alles verändernde Maßnahme", um frühkindliche Karies zu reduzieren, erklärte die stellvertretende Verbandssprecherin Ann Marini. "Rivalisierende Konzepte verschiedener ärztlicher Professuren helfen da also nicht." AZ, afp, dpa