Wer als Mann früh ergraut, ist zwar optisch nicht unbedingt im Nachteil. Graue Schläfen werden von manchen Frauen ja beispielsweise bei einem 40-Jährigen durchaus als anziehend bewertet. Gemäß einer ägyptischen Studie scheinen graue Haare aber auch beim jüngeren Mann ein gut sichtbares Indiz dafür zu sein, dass ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorliegt. Die Kardiologin Dr. Irini Samuel von der Uni Kairo hat nun ihre Forschungsergebnisse beim internationalen Kardiologen-Kongress „EuroPrevent 2017“ im spanischen Málaga vorgestellt. In der Studie waren Daten von über 545 Männern gesammelt und ausgewertet worden, bei denen der Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit – etwa durch Verkalkung der Gefäße – vorlag.
Was sagen graue Schläfen aus?
Klinische Praktiker wie etwa Dr. Marcus Koller, Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Kaufbeuren, sehen die Aussage dieser Studie allerdings kritisch. „Die Fallzahl der Patienten in der Studie ist zu niedrig“, sagt er. Für große Kreislaufstudien würden oft die Daten von 20.000 oder mehr Patienten zusammengetragen, um belastbare Aussagen treffen zu können.
Irini Samuel hatte der Studie fünf Grade des Ergrauens zugrunde gelegt: 1. reines schwarzes Haar, 2. schwarz mehr als weiß, 3. schwarz und weiß im gleichen Maß, 4. weiß mehr als schwarz und 5. rein weiße Haare. Dass als Gegenteil zu weißem Haar in der Studie nur schwarzes Haar genannt wurde, liegt sicherlich daran, dass diese Haarfarbe in Ägypten öfter vorkommt als etwa blond oder hellbraun.
Altern als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Quintessenz der Studie ist jedenfalls, dass bereits ab der Stufe 3, also schwarz und weiß im gleichen Maß, eine erhöhte Gefahr vorlag, im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems zu erkranken. Für den Kaufbeurer Kardiologen Koller ist das kein Wunder: Altern ist ein natürlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und wer älter ist, ist im Schnitt grauhaariger. Der neue Aspekt wäre aber, dass ein früh ergrauter Mann stärker gefährdet wäre als ein nicht-ergrauter. „Aber für diese Aussage ist die Datenlage zu dünn.“
Hauptrisiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (sie gelten als Ursache für bis zu 40 Prozent aller Todesfälle in Deutschland) seien nach wie vor zu hohe Blutfettwerte, Diabetes, zu hoher Blutdruck, Rauchen und eine familiäre Vorbelastung. Offenkundig sieht auch die Autorin die Schwäche ihrer Studie. Sie regte in Málaga an, dass weitere Analysen mit mehr Fallzahlen folgen müssten – in die dann zudem weibliche Patienten eingeschlossen werden sollten. Ansonsten rät sie bis dato den früh Ergrauten, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen.