Er beherrscht zur Zeit das mediale Geschehen: EHEC - der gefährliche Keim steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
Für Prof. Helge Karch liegt der Fokus hingegen schon seit fast 30 Jahren auf dem Darmbakterium. 1988 hat der Professor den EHEC-Typ entdeckt, der bisher für alle großen Ausbrüche in Deutschland verantwortlich war. Seitdem will er sich in der Politik und Forschung Gehör verschaffen und aufklären. Denn Karch kennt sich in seinem Forschungsgebiet aus wie kein anderer und er weiß, wie gefährlich der Keim ist. Wenn er über seine Arbeit spricht, versinkt er ganz in seinem Forschungsbereich. Dann nimmt der Mann mit dem grauen Schnauzbart und der Nickelbrille nichts anderes um sich herum wahr und brummt Begriffe wie Sequenztypisierung und Shiga-Toxin, erklärt Laien seelenruhig komplizierte Prozesse, spricht von Bakterien, die andere in Schach halten, Giftcocktails und Keimen, die sich perfekt tarnen. Der Biologe hat viele der über 300 EHEC-Varianten gesammelt, und einen regelrechten Feldzug für mehr Aufklärung geführt bezüglich EHEC geführt, wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom Freitag berichtet.
Karch ist ein absoluter Spezialist. Der Professor betreibt in Münster das Labor mit dem unaussprechlichen Namen Konsiliarlabor für Hämolytisch-Urämisches Syndrom (HUS). Er war es auch, der den tödlichen EHEC-Erreger identifiziert hat. Der Workaholic scheint bei aller Arbeit in sich zu ruhen. Auch in dieser zeit, in der er quasi wie am Fließband die Fragen von Journalisten beantworten muss. So auch auf dem Kongress in Innsbruck, wo er weniger mit mit Kollegen diskutierte, als die Pressefragen zu beantworten. Zurück in Münster und in noch größerem Trubel um den EHEC-Ausbruch sagt Karch Sätze wie: "Diese Herausforderung hätte ich nicht mehr gebraucht". Und: "Mir ist das sehr unheimlich".
Eine Koryphäe für EHEC
Dabei betonen seine Kollegen und Mitarbeiter immer wieder, dass Karch einer der Besten auf seinem Gebiet, eine Koryphäe sei. Auch international. Dem 57-Jährigen scheint das eher unangenehm zu sein. Dennoch huscht ein Lächeln über sein Gesicht.
Vielen Menschen graut es ausgerechnet vor den Bakterien, denen Helge Karch sein ganzes wissenschaftliches Leben gewidmet hat. Er war 27 Jahre alt, als EHEC das erste Mal entdeckt wurde. Seit da forscht er an dem Keim. Ein junger Mikrobiologe also, aber schon promoviert. Später wird er in Hamburg habilitiert, lehrt in Würzburg: "Das war die schönste Zeit."
Zwischendurch wird er Vater. Sein Sohn Tobias kann sich weniger für Bakterien begeistern, hat mit 24 Jahren gerade sein BWL-Studium abgeschlossen. Währenddessen ist der Vater Direktor des Instituts für Hygiene an der Uniklinik Münster geworden. In der Stadt des Westfälischen Friedens hat Karch sein Glück gefunden. "Ich habe hier das beste Umfeld. Hier geh ich nicht mehr weg", sagt Helge Karch. dpa/AZ