Was ändert die Gema?
Die Tarifstruktur der Gema soll sich zum 1. Januar 2013 grundlegend verändern. Aus elf Tarifen werden zwei. Die Gema begründet das mit Vereinfachung und Tarifgerechtigkeit. Die Treuhandgesellschaft will kleine Veranstalter entlasten, große belasten. 60 Prozent sollen weniger zahlen, 40 mehr. Laut Gema-Sprecherin Katharina Reindlmeier werden keine höheren Umsätze dadurch erreicht. Die Urheber sollen deswegen auch nicht mehr Geld bekommen. Ausschlaggebend für die Gebühr sind Lokalgröße, Eintrittspreis und Öffnungszeiten. Die Betreiber bezahlen für die vordergründige Nutzung von Musik.
Wer ist betroffen?
Diskotheken müssen die größten Erhöhungen hinnehmen. Gestaffelte Pauschalpreise für mehrere Öffnungstage mit beliebigem Eintrittsgeld sollen abgeschafft werden. Genauso Rabatte, wenn viel veranstaltet wurde. Künftig müssen Diskotheken jeden Öffnungstag einzeln anmelden. Das produziert einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten. Ein kleiner Club bis 200 Quadratmeter Größe zahlte früher rund 600 Euro monatlich und konnte bis zu 16 Tage öffnen. Bei fünf Euro Eintritt, zwölf Öffnungstagen und Zeitzuschlag zahlt der Club ab Januar 1600 Euro monatlich. Zeitzuschlag bedeutet, dass ein Club, der länger als fünf Stunden öffnen möchte, einen Zuschlag um weitere 50 Prozent zahlt. Bei mehr Eintritt und mehr Quadratmetern steigert sich der Preis exponentiell. Auch für Weihnachtsmärkte, Stadtfeste und Vereinsfeiern hat die neue Gema-Tarifordnung Konsequenzen.
Was bedeutet das für die Besucher?
Kritiker befürchten höhere Eintrittspreise, steigende Getränkepreise, kürzere Öffnungszeiten, weniger namhafte DJs oder spezielle Veranstaltungen und in der Saure-Gurken-Zeit verschlossene Türen. Stephan Büttner vom Diskotheken-Verband befürchtet durch die "Mondtarife des Monopolisten" sogar ein Diskothekensterben. "Gegen dieses Diktat muss die Aufsichtsbehörde einschreiten", sagt Büttner.
Wie reagieren die Diskotheken-Betreiber?
Das ist die Gema
Die Gema ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte.
Die Verwertungsgesellschaft vertritt in Deutschland die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht treuhändisch.
Komponisten, Textdichter und Verleger von Musikwerken sind als Mitglied in der Gema organisiert.
Die staatlich anerkannte Treuhänderin verwaltet die Rechte von 65.000 Mitgliedern.
Über zwei Millionen Rechteinhaber aus aller Welt werden ebenfalls für die Nutzung ihrer Werke in Deutschland entlohnt.
2010 machte die Gema 863 Millionen Umsatz, Tendenz steigend. Nur das Tonträgergeschäft verzeichnet permanent sinkende Erlöse.
736 Millionen Euro wurden laut Gema 2010 an Urheber ausgeschüttet.
Ab 2013 will die Gema ihr Tarifsystem für Musiknutzer komplett ändern.
Auf Veranstalter kommen laut Diskothekenverband Mehrkosten von mehreren 100 bis 1000 Prozent zu.
Jürgen Endres sieht schwarz. "Wenn die Gema die neuen Tarife durchbringt, ist das der Genickschuss", sagt er. Endres bucht Veranstaltungen im Augsburger Liveclub Kantine. Wenn seine Club-Grundkosten über die Maßen steigen, kann er nicht einmal die Getränkepreise anheben. "Wer zahlt schon fünf Euro für ein Bier." Ihm bleibt nur, an der Eintrittsschraube zu drehen. Wenn er ein Konzert mit anschließendem Tanzabend veranstalten will, hat er ein riesiges Problem.
Die Tarife für reine Konzerte bleiben zwar gleich, aber wenn Tanz dazukommt, greift das neue System. "Das rentiert sich dann nur, wenn das Konzert ausverkauft ist." Im Rückschluss bedeutet das für Endres, dass er weniger Bands, die noch keinen Hit in den Charts haben, einladen kann. Auftrittsmöglichkeiten sind heute das Wichtigste für junge Kreative sich weiterzuentwickeln und ihre Musik bekannter zu machen. Sie sind oft auch die einzige Einkommensquelle, seit Tonträger ausgedient haben.
Wie argumentieren die Kritiker?
"Das komplette Abrechnungssystem ist Quatsch. Die Quadratmeter werden von Wand zu Wand gerechnet, hinter und auf die Bar kann ich aber kein Publikum stellen. Der Zeitzuschlag ist Irrsinn. Jeder Club hat von 22 bis 5 Uhr auf. Und bei Konzerten entlohnen die Veranstalter die Bands", sagt Jürgen Endres. Nur einen Bruchteil der Gebühren bekommt etwa eine Band von dem abgeführten Gema-Entgelt zurück. Den Rest verschlinge der riesige Verwaltungsapparat samt Vorstandsgehältern. "Ich bin klar dafür, dass Urheber entlohnt werden, aber die Gema gehört abgeschafft", ist sein Fazit.
Wie geht es nun weiter?
Am runden Tisch konnten sich die Bundesvereinigung der Musikveranstalter und die Gema nicht über die neuen Tarife einigen. Darum hat die Gema das Tarifsystem an die Schiedsstelle des Patentamtes weitergegeben. Die Bundesbehörde hat ein Jahr Zeit, eine Empfehlung abzugeben. Am 1. Januar werden trotzdem die neuen Tarife vorerst eingeführt. Alle Verträge mit der Gema verlängern sich automatisch mit den neuen Tarifen, wenn sie nicht gekündigt werden. Wer nicht zahlen will, muss klagen. Aber das kann sich hinziehen. (nic)