„Sich mit Google anzulegen, das ist wie mit einem Gott zu kämpfen“, sagt Mario Costeja. Doch auch dieser zuweilen überirdisch und unangreifbar wirkende Daten-Riese ist zuweilen besiegbar. Gerade hat Costeja einen Triumph über den stets so allmächtig daherkommenden Suchmaschinen-Konzern errungen. Und der spanische Anwalt ist stolz darauf, dass er mit seinem Erfolg vor dem Europäischen Gerichtshof dem „Recht auf Vergessen“ und damit dem Recht auf das Löschen rufschädigender Daten die Tür öffnete.
Mario Costeja: "Für Google war ich weiter ein Schuldner"
Alles begann vor 16 Jahren mit der Veröffentlichung einer amtlichen Bekanntmachung in einer spanischen Tageszeitung, in der die Pfändung einer Immobilie Costejas öffentlich angekündigt wurde, und zwar, um damalige Schulden einzutreiben. Costejas finanzielle Altlasten, die aus einer zerbrochenen Ehe herrührten, wurden bald getilgt. Doch in Google, der meistbenutzten Suchmaschine der Welt, blieben Costejas frühere Zahlungsprobleme auffindbar – was seiner Reputation nicht unbedingt zuträglich war. „Für Google war ich weiter ein Schuldner.“ Das ging dem studierten Juristen zu weit und er begann vor fünf Jahren den Marsch durch die Instanzen. „Entweder machen sie mich fertig, oder ich schaffe es bis zum Ende“, sprach er sich selber Mut zu.
Mario Costeja hat durchgehalten. Und im ungleichen Kampf des kleinen David gegen den mächtigen Goliath sogar, wie berichtet, überraschend deutlich gewonnen. Nachdem sich Google im Jahr 2009 geweigert hatte, die bei der Namenssuche auftauchende Webseite mit dem Schuldeintrag zu eliminieren, beschwerte sich Costeja bei Spaniens Datenschutzbehörde – und bekam recht. Google mauerte freilich weiter, sodass die spanischen Datenschützer schließlich den amerikanischen Internetgiganten vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid verklagten. Die Richter in Madrid legten die grundsätzlichen Rechtsfragen zum Datenschutz im Internet dann dem Europäischen Tribunal in Luxemburg vor.
So schützen Sie Ihre Privatsphäre im Alltag und im Internet
Geben Sie niemals am Telefon oder auf Ihnen unbekannten Webseiten persönliche Daten heraus. Vor allem bei ungewöhnlich attraktiven Angeboten (etwa angeblichen Gewinnen) sollten Sie vorsichtig sein.
Verwenden Sie im Netz so oft es geht Pseudonyme. Setzen Sie mehrere Mail-Accounts (deutscher Anbieter) ein. Es empfiehlt sich auch, regelmäßig in seinem Browser die Cookies, den Verlauf und den internen Speicher (Cache) zu löschen. Im Mozilla Firefox geht das über Extras -> Einstellungen -> Datenschutz, im Internet Explorer über Extras -> Internetoptionen -> Allgemein.
Google und Bing zeichnen jede Ihrer Suchabfragen auf und versuchen, diese Ihrem Profil zuzuordnen. Setzen Sie deshalb auf andere Suchmaschinen, etwa duckduckgo.com oder ixquick.com.
Internetverbindungen und Mails sind für Spione so einfach lesbar wie eine Postkarte. Deshalb: Verschlüsseln Sie Mails mit sensiblem Inhalt (zum Beispiel mit dem Programm PGP) und den Webzugang über das kostenlose – aber leider recht langsame – System TOR.
Widersprechen Sie bei Verträgen grundsätzlich der Weitergabe Ihrer Daten an Dritte.
Aktivieren Sie Ortungsdienste auf Ihrem Smartphone nur dann, wenn Sie diese tatsächlich benötigen. Geben Sie Apps grundsätzlich so wenig Berechtigungen wie irgendwie möglich. (bo)
Costeja kämpft für die Stärkung des Internetrechts
„Ich kämpfe nicht allein für mich“, sagte Costeja, der über Nacht zu einer Art Datenschutz-Held wurde. Sondern auch für alle, die nach mir kommen. Es gehe um die Stärkung der Rechte für die Internetnutzer. Dieses Thema sei umso wichtiger, nachdem auch noch die Verbindungen von Facebook, Google und anderen Datenriesen mit den US-Geheimdiensten bekannt geworden sein. „Wir sind diesen großen Internetkonzernen ausgeliefert.“
Mario Costeja sieht sich übrigens keineswegs als Google-Feind, sondern eher als jemand, der dem Internet-Multi hilft, noch nutzerfreundlicher zu werden. „Bisher war Google ja schon ein gutes Werkzeug“, meinte er nach dem bahnbrechenden Urteil. Aber jetzt sei die Suchmaschine noch besser, da der Konzern wie seine Kunden wissen, dass auch bei diesen Datendiensten „Spielregeln existieren“. Die Justiz habe endlich „im Chaos Ordnung geschaffen“ – und damit an Googles göttlich scheinender Unantastbarkeit gekratzt.
Eine Flut aus über 200 Klagen droht allein aus Spanien
Nachdem der Europäische Gerichtshof am Dienstag entschieden hatte, dass der Suchmaschinenbetreiber verpflichtet werden kann, Links zu unangenehmen Dingen aus der Vergangenheit von Privatpersonen aus dem Netz verschwinden zu lassen, droht nun eine Flut von Löschanträgen. Allein vor Spaniens Nationalem Gerichtshof sind mehr als 200 Klagen gegen Google anhängig, in denen Internetnutzer wie Mario Costeja ihr „Recht auf Vergessen“ fordern.