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Augsburg: Weltbild-Mitarbeiter wollen kämpfen

Augsburg

Weltbild-Mitarbeiter wollen kämpfen

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    Keiner der Geschäftsführer kam. „Armselig“ nennt das Verdi-Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck. Dabei hätten die Mitarbeiter von Weltbild viele Fragen an die drei Geschäftsführer Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm. Doch die rund 700 Beschäftigten des angeschlagenen Augsburger Medienhauses, die gestern zur Betriebsversammlung kamen, blieben unter sich. Nach Aussage von Gürlebeck fassten sie einen Plan: „Die Mitarbeiter werden alles dafür tun, dass der Umsatz steigt.“ Damit, so Gürlebeck, arbeiteten sie gegen die Geschäftsführung und den neuen Investor Droege. „Denn die tun alles, damit der Umsatz sinkt. Dann können auf dieser Zahlenbasis weitere Menschen entlassen werden.“

    Weitere 200 Jobs bei Weltbild in Gefahr?

    Verdi und Betriebsrat fürchten, dass weitere 200 Mitarbeiter von Weltbild gehen müssen. Mit einer zukunftsfähigen Aufstellung eines Handelsunternehmens hat das nach Einschätzung von Verdi-Mann Gürlebeck nichts zu tun. „Mit Entlassungen gibt es kein Weltbild 2.0.“, sagt er. Verdi fordere daher „eine neue Geschäftsführung, eine mit Handelserfahrung“. Eine, die wisse, dass jetzt im Weihnachtsgeschäft kein Zeitpunkt für Bescheidenheit sei, sondern dass massiv in Werbung investiert werden müsse. Und Verdi fordert Droege auf, „sein gegebenes Versprechen zu halten“.

    Das Unternehmen Weltbild

    Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:

    Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.

    Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.

    Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.

    In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.

    Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.

    Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.

    2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.

    In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.

    Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.

    In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.

    Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.

    Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.

    Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.

    September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.

    Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.

    Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.

    2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".

    Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.

    Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.

    Auch die beiden langjährigen Betriebsräte von Weltbild, Visnja Bernhard und Peter Reichert, können es nicht fassen, dass die Geschäftsführung aus ihrer Sicht nicht richtig Gas gibt: „Uns Mitarbeitern muss man nicht erklären, dass wir aus der Insolvenz kommen“, sagt die 54-Jährige, die seit 25 Jahren bei Weltbild arbeitet, „wenn man 600 Kollegen auf die Straße begleitet hat, weiß man das.“

    Die beiden haben sich auf die Worte von Droege verlassen, der Weltbild als nationalen Gegenspieler zu Amazon habe aufbauen wollen und dazu keine Entlassungen geplant habe. Doch wer dies erreichen will, der darf nach Einschätzung von Bernhard nicht die Läden in Einkaufstraßen schließen und die Kataloge, das Markenzeichen von Weltbild, nur noch in Abständen von mehreren Monaten in die Haushalte bringen. 15 Millionen Kataloge waren es nach Angaben von Verdi-Mann Gürlebeck zu Spitzenzeiten von Weltbild, auf fünf bis sechs Millionen sei man schon in der Vergangenheit heruntergegangen, „jetzt sind es nur noch 1,8 Millionen“.

    Weltbild-Geschäftsführung: Vorhandenes Werbebudget bestmöglich einsetzen

    Die Geschäftsführung weist Vorwürfe, die Werbung herunterzufahren, zurück: „Wir wollen das vorhandene Werbebudget bestmöglich einsetzen. Alles, was bis Jahresende an Werbung geplant war, wird auch realisiert – Kataloge, Flyer, Beilagen, Postwurf, Onlinekampagnen usw. Ziel ist es, eine bestmögliche Werbeeffizienz zu erreichen“, teilt Weltbild mit. Ende Oktober sei ein Katalog mit knapp vier Millionen, gestern einer mit drei Millionen Auflage erschienen. Auch gebe es „umfangreiche Printwerbung wie Einkauf-Aktuell für die Filialen“.

    Wer bei Weltbild arbeitet, macht dort nicht nur einen Job. Das war gestern in Gesprächen mit Mitarbeitern immer wieder zu spüren. Viele sind seit langem bei Weltbild, sie wollen für ihr Unternehmen kämpfen. „Ich liebe meine Arbeit“, sagt eine 48-Jährige, die seit 15 Jahren bei Weltbild ist. „Ich habe aber auch Angst“, ergänzt sie und ihre 55-jährige Kollegin neben ihr nickt. Sie erzählen, wie sehr sie von dem neuen Investor überzeugt waren, wie sehr sie ihm geglaubt haben, „wir dachten, wir seien im sicheren Hafen“.

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