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Gesundheit: Volkskrankheit Stress am Arbeitsplatz

Gesundheit

Volkskrankheit Stress am Arbeitsplatz

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    In den letzten Jahren stieg der Stress am Arbeitsplatz: Dies empfinden laut einer Studie über 40 Prozent der Deutschen.
    In den letzten Jahren stieg der Stress am Arbeitsplatz: Dies empfinden laut einer Studie über 40 Prozent der Deutschen. Foto: Oliver Berg, dpa

    Das Telefon klingelt. Am Bildschirm blinkt das Briefsymbol, wieder neue E-Mails. Und dann ist da noch der Chef, der die Präsentation erwartet. Dringend! Situationen wie diese sind Alltag in deutschen Büros. Das hinterlässt Spuren, wie aus dem „Stressreport Deutschland 2012“ hervorgeht.

    43 Prozent der Deutschen beklagen Stress-Erhöhung

    Für die Studie hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin fast 18 000 Berufstätige befragt. Das Ergebnis: 43 Prozent klagen, dass sich der Stress im Job in den vergangenen zwei Jahren erhöht hat. Jeder Fünfte fühlt sich im Beruf überfordert.

    Dabei haben sich die Faktoren, die zu psychischer Belastung führen, seit der letzten Studie im Jahr 2006 kaum verändert. Vor allem Zeit- und Leistungsdruck, häufige Unterbrechungen oder ständig wiederkehrende Tätigkeiten zählen dazu. Am meisten geraten Beschäftigte aber unter Druck, wenn sie mehrere Dinge gleichzeitig erledigen müssen. Was landläufig als „Multitasking“ bekannt ist, nennen 58 Prozent als Stressfaktor.

    Stressforscher: Effizienz leidet unter Multitasking

    Der Arbeitspsychologe Tim Hagemann glaubt, dass sich viele Mitarbeiter überschätzen: „Wir können nicht zwei Dinge mit der gleichen Konzentration gleichzeitig tun.“ Wer von einer Aufgabe zur anderen springe, werde ständig unterbrochen. „Darunter leidet die Effizienz“, betont der Stressforscher.

    Für Hagemann ist das auch eine Folge der modernen Medien. Studien zufolge prüfen Beschäftigte ihre E-Mails heute 40 bis 50 Mal am Tag. „An einem langen Arbeitstag ist das alle zehn Minuten eine Unterbrechung.“ Von acht Stunden Arbeitszeit blieben häufig nur zwei Stunden, in denen man effektiv arbeite. Die Folge: Der Mitarbeiter geht am Abend frustriert nach Hause – weil er sich den ganzen Tag abgemüht, aber viel zu wenig geschafft hat.

    Stress mit Folgen: Arbeitnehmer beklagen Kopf- und Rückenschmerzen

    Gegen Stress: So schalten Sie nach der Arbeit ab

    Vielen Berufstätigen fällt es schwer, nach der Arbeit abzuschalten. Dabei ist gerade das wichtig, um den Stress aus dem Job loszuwerden. Hier gibt es Tipps, wie man den Kopf freikriegt.

    «Der Trick ist, nach der Arbeit erst einmal eine halbe Stunde ganz etwas anderes zu machen», rät der Psychologe Prof. Dirk Windemuth.

    Wer viel im Büro arbeitet, sollte sich nach der Arbeit körperlich betätigen. «Mindestens eine halbe Stunde sollten Arbeitnehmer sich nach ihrem Job bewegen, um auf andere Gedanken zu kommen.»

    Der Trick ist, sich zu Hause erst gar nicht hinzusetzen. Windemuth empfiehlt, zu Hause gleich die Sportschuhe anzuziehen und loszulaufen.

    So lange der Alkoholkonsum nicht ausartet, ist es in Ordnung, sich zur Entspannung ein Feierabendbier oder ein Glas Wein zu genehmigen.

    Das beste Mittel gegen Stress ist es, nach der Arbeit Freunde zu treffen oder Zeit mit der Familie zu verbringen.

    Ein Tabu sollte es sein, nach der Arbeit weiter dienstliche E-Mails zu beantworten oder berufliche Telefonate zu führen, wenn Beschäftigte nicht dazu verpflichtet sind.

    Fast die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten arbeitet der Studie zufolge mehr als 40 Stunden die Woche. Immerhin ein Viertel der Befragten gibt an, keine Pausen zu machen – weil die Arbeit zu viel ist. Wirtschaftspsychologin Anja Baethge von der Universität Mainz sieht darin ein Alarmsignal: „Der Mensch braucht Pausen. Sonst kann er sich irgendwann nicht mehr konzentrieren.“

    Auch wer abends für den Arbeitgeber erreichbar ist, sei weniger erholt. „Schon das Wissen, dass jemand anrufen könnte, belastet“, sagt Baethge. Stressforscher Hagemann sagt: „Dass Unternehmen die ständige Erreichbarkeit als Ausdruck von Leistung sehen, ist meiner Meinung nach ein Irrtum.“ Berufstätigen falle es schwerer abzuschalten. „Damit steigt auch die Gefahr von Erkrankungen.“

    Längst gilt Stress als Volkskrankheit. Im Stressreport klagten 47 Prozent über Rückenschmerzen, 35 Prozent über stressbedingte Kopfschmerzen. Auch die Statistiken der Krankenkassen sprechen eine deutliche Sprache. Die Zahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Störungen hat innerhalb von 15 Jahren um 80 Prozent zugelegt. Bei Frühverrentungen sind sie mittlerweile die Ursache Nummer eins. Auf 26 Milliarden Euro wird der Produktionsausfall durch psychisch ausgebrannte Mitarbeiter geschätzt.

    Arbeitsministerium arbeitet an Anti-Stress-Erklärung

    Arbeitsministerin Ursula von der Leyen spricht von einem „Handlungsbedarf in den Betrieben“. Sie sagt: „Stress bei der Arbeit kann vorkommen, aber nicht dauerhaft. Und er darf auch nicht krank machen.“ Die CDU-Politikerin sieht die Arbeitgeber in der Pflicht. Seit geraumer Zeit arbeiten ihr Ministerium, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften an einer gemeinsamen Anti-Stress-Erklärung.

    Doch nun verweigerten ausgerechnet die Unternehmer ihre Unterschrift. Beim DGB ist von einer „Arbeitgeber-Blockade“ die Rede. Die IG Metall weist darauf hin, dass Stress im Job vor allem von den Chefs und inkompetentem Führungsverhalten verursacht werde.

    Auch Arbeitspsychologe Hagemann appelliert an die „Fürsorgepflicht der Unternehmen“. Er fordert ein Umdenken. Die Firmen müssten erkennen, dass sie von gesunden Mitarbeitern, die sie lange im Haus halten können, profitieren. „Leute ins Hamsterrad zu setzen, ist sehr kurzfristig gedacht“, sagt Hagemann. „Das geht nur, wenn

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