Seit 15 Uhr verhandeln die Deutsche Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft GDL in Berlin in der zweiten Runde ihres Tarifstreiks. Die GDL hält eine Einigung noch am Montagabend für denkbar. GDL-Chef Claus Weselsky sagte dem Sender MDR Info, er verspüre auch auf der Seite der Arbeitgeber den Willen, sich zu einigen. "Es scheint aus meiner Sicht möglich, einen Tarifkompromiss zu finden und sich auf eine prozentuale Erhöhung unserer Gehälter zu einigen", sagte Weselsky. Die Bahn habe für die zweite Runde der Tarifverhandlungen ein verbessertes Angebot zugesagt. Er hoffe jedoch auf "ein wesentlich verbessertes Angebot", sagte er.
Sieben Prozent mehr Gehalt
Die GDL fordert sieben Prozent mehr Gehalt für 21 500 Lokführer für eine Tariflaufzeit von zwölf Monaten. Die Bahn hatte in der ersten Runde der Tarifgespräche 5,5 Prozent für zwei Jahre angeboten. Das von der Bahn zum Auftakt der Tarifrunde vorgelegte Angebot sah vor, dass die Entgelte zunächst zum 1. Juli um 2,5 Prozent steigen sollten, weitere 2 Prozent sollte es im Oktober 2013 geben. Die GDL hatte das Angebot jedoch als "völlig unzureichend" zurückgewiesen. Der Tarifvertrag war am 30. Juni ausgelaufen.
Weselsky sagte am Montag MDR Info, falls es in der zweiten Runde zu keiner Einigung komme, sei "die Wahrscheinlichkeit, dass Streiks stattfinden, gegeben". Die Gewerkschaft habe für Montag auch ihre Tarifkommission eingeladen, um die Ergebnisse der Verhandlungen zu besprechen.
GDL-Chef kritistiert Ramsauer
Der GDL-Chef kritisierte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer(CSU), der am Sonntag vor Lokführerstreiks in der Urlaubszeit gewarnt hatte. Es sei wenig förderlich, dass der Minister sich in die laufende Tarifverhandlung einmischen wolle. Ein Sprecher von Minister Ramsauer wies unterdessen den Vorwurf der GDL zurück, Ramsauer habe sich in die Tarifverhandlungen eingemischt. Ramsauer habe sich in einem Magazininterview nur zu aktuellen Bahn-Themen geäußert. Die Worte des Ministers hätten lediglich "mahnenden Appellcharakter" gehabt. Ziel sei es gewesen, die Tarifparteien auf ihre Verantwortung hinzuweisen, da Streiks während der Urlaubszeit großen Schaden anrichteten. Ramsauer hatte dem Magazin "Focus" gesagt, durch Streiks während der Urlaubszeit würden Kunden "quasi in Geiselhaft genommen, um Forderungen zu erzwingen".
Ein GDL-Sprecher sagte am Nachmittag, die laufende zweite Verhandlungsrunde könne bis in die Nachtstunden dauern. "Wir rechnen mit längeren Verhandlungen." Im vergangenen Jahr hatten Bahn und GDL ihren Tarifstreit erst nach neun Monaten und 15 Verhandlungsrunden beigelegt und sich auf eine Tariferhöhung von 2,0 Prozent geeinigt. Zahlreiche Streiks hatten die Verhandlungen begleitet. AFP