Nach Einschätzung des spanischen Haushaltsministers Cristóbal Montoro droht das Rekordniveau der Risikoprämie auf spanische Staatsanleihen das Land von den Märkten abzuschneiden. Der Minister sagte am Dienstag dem Radiosender Onda Cero: "Die Risikoprämie bedeutet, dass Spanien die Tür zu den Märkten nicht offen steht". Dagegen forderte der Chef der SPD-Bundestagfraktion, Frank-Walter Steinmeier, Spanien zur Flucht unter den Euro-Rettungsschirm auf.
Montoro: Kein Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds
Montoro sagte, zur Refinanzierung von Spaniens Schulden sei erforderlich Glaubwürdigkeit auf den Finanzmärkten zu besitzen. Dennoch schloss Montoro einen Hilfsantrag beim Euro-Krisenfonds EFSF indes erneut aus. Dies sei unmöglich und nicht notwendig. Durch die Ausgabe von Staatsanleihen am Donnerstag will Spanien versuchen, mit teils zehn Jahren Laufzeit bis zu zwei Milliarden Euro aufzunehmen. Was ist der EFSF?
Zinssatz für neue Staatsschulden ist untragbar
Der Zinssatz für neue Staatsschulden orientiert sich an der Rendite für zehnjährige spanische Staatsanleihen. Er lag am Dienstag bei knapp über 6,5 Prozent. Dies gilt als untragbare Belastung für das Land. Die Risikoprämie, der Aufschlag im Vergleich zu als sicher geltenden entsprechenden deutschen Staatsanleihen, betrug damit 5,25 Prozentpunkte. Von der gesamten EU-Leistung macht Spaniens Wirtschaftskraft etwa zwölf Prozent aus.
Spanien: Leere Kassen, hohe Arbeitslosenquote
Mit Milliardenbeträgen stützt die spanische Regierung derzeit den unter einer geplatzten Immobilien- und Kreditblase leidenden Bankensektor. Damit soll dessen Zusammenbruch verhindert werden. Madrid will bisher keine mit zahlreichen Auflagen verbundenen Darlehen aus dem EFSF beantragen. Man glaubt, die Krise allein in den Griff zu bekommen. Spanien gilt allerdings als Kandidat für europäische Hilfen. Grund sind leere Kassen, eine lahmenden Konjunktur und eine hohen Arbeitslosenquote.
Steinmeier: Entscheidung Spaniens könnte zu spät kommen
SPD-Fraktionschef Steinmeier forderte Madrid auf, Hilfe aus dem EFSF in Anspruch zu nehmen. "Ich sehe das Risiko, dass Spanien die Entscheidung, Schutz unter einem Euro-Rettungsschirm zu suchen, zu spät trifft", sagte er am Dienstag in Brüssel. Auch der Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Hannes Swoboda, kritisierte das Zögern Spaniens. Ein Zusammenbruch dortiger Banken könne "massive Auswirkungen auf andere Länder haben", warnte der Österreicher.
Keine direkte Hilfe für spanische Banken aus dem EFSF
Um dem Land Auflagen zu ersparen sprach sich Steinmeier dagegen aus, spanischen Banken direkte Hilfen aus dem EFSF zu gewähren. "Wenn der Schritt kommen wird, wovon ich ausgehe, dann sollte man in der konventionellen Form, sprich konditioniert, über die Hilfe an Staaten versuchen, die Bankenstabilisierung herbeizuführen", sagte er. Was eine direkte Bankenhilfe angehe, "da bin ich vorsichtiger als vielleicht manche in dieser öffentlichen Debatte".
EU-Kommission will direkte Hilfe für Banken
Nur Staaten können bislang Hilfe aus dem Rettungsfonds erhalten. Diese werden dann an ihre angeschlagenen Banken weitergegeben. Die EU-Kommission macht sich dafür stark, auch direkte Hilfen an Finanzinstitute zu ermöglichen. Diese Möglichkeit fordert auch die neue sozialistische Regierung in Frankreich. Die EU-Kommission strebt zudem eine sogenannte Bankenunion an, um Europas Geldhäuser unter gemeinsame Aufsicht zu stellen und eine gemeinsame Einlagensicherung einzuführen. AZ/AFP