In diesem Jahr wird ein Schrumpfen von Spaniens Wirtschaftskraft erwartet, fast jeder vierte Spanier ist arbeitslos. Spanien gilt als Wackelkandidat in der Schuldenkrise. Die schlechte Wirtschaftslage Spaniens wirkt sich auch auf die Steuereinnahmen und somit den Staatshaushalt aus. Nachdem das Haushaltsdefizit des im vergangenen Jahr bereits rund 8,5 Prozent des BIP betrug, gab die Regierung in Madrid kürzlich bekannt, dass sie für dieses Jahr ein Defizit von 5,8 Prozent erwartet - anstatt der ursprünglich mit der EU vereinbarten 4,4 Prozent.
Schuldenkrise: Druck auf Spanien steigt
In der EU steigt nun der Druck auf Spanien. Die Eurozone fordert von Spanien weitere Anstrengungen, um sein Haushaltsdefizit zu verringern. Die Regierung in Madrid solle Einsparungen in Höhe von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vornehmen, erklärte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker nach einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montagabend in Brüssel. Der Schuldenschnitt für Griechenland übertrifft offenbar die Erwartungen der Eurozone.
Angesichts der schlechten Wirtschaftslage wird der spanischen Regierung damit nun offenbar mehr Spielraum beim Defizitabbau als bisher eingeräumt. Juncker bestritt auf Nachfrage von Journalisten, dass der Beschluss bereits die als Lehre aus der Schuldenkrise beschlossenen Bemühungen der Eurozone für strikte Haushaltsdisziplin schwäche.
Haushaltsziele Spaniens deutlich überschritten
Die Haushaltsziele seien vergangenes Jahr "deutlich überschritten worden", was "größere Konsolidierungsanstrengungen 2012 nötig macht", sagte Juncker. Damit Spanien nicht wie das benachbarte Portugal oder Griechenland internationale Finanzhilfe benötigt, hatte die Regierung in Madrid bereits eine Reihe von Spar- und Reformmaßnahmen beschlossen.
Die Euro-Länder fordern nun weitere Anstrengungen über die bisherigen Einschnitte hinaus, die 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft entsprechen sollen. Somit könnte das erwartete Defizit von 5,8 Prozent auf 5,3 Prozent gedrückt werden. Die spanische Regierung habe "ihre Bereitschaft zum Ausdruck" gebracht, die Forderungen der Euro-Länder bei der Aufstellung ihres Haushalts für 2012 "zu berücksichtigen", hieß es in der Erklärung der Eurogruppe.
EU-Währungskommissar Olli Rehn wies darauf hin, dass ein Erreichen der EU-Defizitgrenze von höchstens 3,0 Prozent schließlich erst für das kommende Jahr vereinbart sei. Die Euro-Länder drängen nun darauf, dass Spanien diese Marke nicht reißt. "Wichtig ist das Ziel, dass im Jahr 2013 die drei Prozent erreicht werden", sagte Juncker. Der Erklärung der Finanzminister zufolge bekannte sich die spanische Regierung dazu, dieses Ziel schaffen zu wollen.
Spanien statt Griechenland im Fokus
Aufgrund der Diskussion über Spanien stand Griechenland diesmal nicht im Fokus des Treffens. Nach den Zusagen der großen Mehrheit der privaten Gläubiger des Landes für einen historischen Schuldenschnitt in der vergangenen Woche beschlossen die Euro-Finanzminister Juncker zufolge jedoch grundsätzlich die Freigabe des zweiten Hilfspakets in Höhe von insgesamt 130 Milliarden Euro. Nach letzten technischen Arbeiten soll endgültig grünes Licht noch in dieser Woche gegeben werden.
Der Schuldenschnitt für Griechenland übertrifft offenbar die Erwartungen der Euro-Länder: Durch den Verzicht der privaten Gläubiger könne der Schuldenstand des Landes bis zum Jahr 2020 auf 117 Prozent des BIP gedrückt werden, sagte Juncker. Bislang war durch Schuldenschnitt und Hilfspaket ein Stand von 120,5 Prozent angepeilt worden. afp/AZ