Besonders bei sonnigem Wetter kommt ein kühles Bier gerade recht. Mitarbeiter einer Brauerei haben davon immer genug im Kühlschrank. Sie bekommen neben ihrem Gehalt einen Deputat-Lohn, also Produkte aus eigener Erzeugung. Dieser „Haustrunk“ besteht bei Brauereien zum Großteil aus Bier. Die Drogenbeauftragte des Bundes, Marlene Mortler, hat diese Tradition jetzt aber kritisiert: „Ich bin mir sicher, dass es Alkohol als Lohnbestandteil in zehn Jahren nicht mehr geben wird.“ Sie ist keine Unterstützerin des Haustrunks: „Das Zahlungsmittel in Europa ist der Euro, und das ist auch richtig so.“
In Brauereien ist es Tradition, dass Mitarbeiter einen Teil des Bieres mit nach Hause nehmen. Dem Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds, Lothar Ebbertz, zufolge ist dieser Deputat-Lohn seit Jahrzehnten im Manteltarifvertrag der bayerischen Brauer geregelt. Dabei wird teilweise viel Bier abgegeben – von der Brauerei Ustersbacher im Landkreis Augsburg erhalten Mitarbeiter bis zu 78 Liter Haustrunk im Monat. Die Geschäftsführerin der Brauerei, Stephanie Schmid, weist darauf hin, dass der Deputat-Lohn auch aus alkoholfreien Getränken bestehen kann. Sie sieht kein grundsätzliches Problem im Haustrunk, es komme immer auf die Menge an, die der Einzelne trinkt. Schmid stört sich an etwas anderem: „Es schmerzt mich, dass Bier überhaupt zum Ressort einer Drogenbeauftragten gehört.“
Deputat-Lohn auch bei Augsburger Hasen-Bräu
Auch die Augsburger Brauerei Hasen-Bräu stellt ihren Mitarbeitern frei, ob sie Bier oder alkoholfreie Getränke mit nach Hause nehmen möchten. Beschäftigte geben aber auch, wie Marketing-Manager Max Lenz berichtet, einige Flaschen des Deputats an Freunde und Bekannte weiter. Das Ende des Haustrunks hält er für unwahrscheinlich: „Es gibt keine Pläne der Brauwirtschaft, diese Tarifvereinbarung zu ändern – und daher auch nicht bei uns.“
Eine Entwicklung hin zu weniger Deputat-Lohn zeigt sich aber in den Zahlen der Brauereien. Dem Statistischen Bundesamt zufolge lag die Menge des Haustrunks im Jahr 1991 deutschlandweit noch bei knapp 600000 Hektolitern, 2016 hingegen waren es etwa 137000 Hektoliter – demnach ein Rückgang auf weniger als ein Viertel. Dennoch wollen Brauer verhindern, dass der Deputat-Lohn völlig verschwindet, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten, Claus-Harald Güster: „Die Brauer sind stolz auf ihre Produkte und werden nicht zulassen, dass immer wieder versucht wird, den Haustrunk infrage zu stellen.“
Und wie reagiert die Drogenbeauftragte Marlene Mortler gegenüber der Kritik an ihrer Kritik? Sie wollte sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht zum Thema äußern.