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Schlecker-Insolvenz: Schlecker-Familie ist pleite: Wenn der Chef noch selbst haftet

Schlecker-Insolvenz

Schlecker-Familie ist pleite: Wenn der Chef noch selbst haftet

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    Obwohl die Drogeriekette Schlecker mit 6,5 Milliarden Euro Umsatz längst zu einem international agierenden Konzern gewachsen war, wurde sie geführt wie ein Kleinbetrieb.
    Obwohl die Drogeriekette Schlecker mit 6,5 Milliarden Euro Umsatz längst zu einem international agierenden Konzern gewachsen war, wurde sie geführt wie ein Kleinbetrieb. Foto: dpa

    Augsburg Jahrzehntelang hat Anton Schlecker die Geheimniskrämerei erfolgreich gepflegt. Wie viel Gewinn seine Drogeriekette erzielte, drang ebenso wenig an die Öffentlichkeit wie Details über das Firmengeflecht. Möglich war das, weil Schlecker sein Unternehmen als reine Personengesellschaft führte.

    Was für den Patriarchen lange Zeit nur Vorteile hatte, könnte nun zu seinem Fluch werden. Denn als „eingetragener Kaufmann“ (e.K.) haftet Schlecker mit seinem Privatvermögen für alle Verbindlichkeiten seines Unternehmens. Die Pleite der Drogeriekette bedeute zugleich die Privatinsolvenz des Firmengründers, betont auch der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz.

    Für den Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands stellt der Fall Schlecker eine ungewöhnliche Premiere dar. „In der Nachkriegszeit hat es keine größere Pleite eines eingetragenen Kaufmanns gegeben“, sagt Geschäftsführer Daniel Bergner. Ohnehin sei es äußerst ungewöhnlich, dass ein Unternehmen in dieser Größenordnung überhaupt in dieser Rechtsform eingetragen sei. „Das ist das Schlimmste, was man sich in Bezug auf die Haftung antun kann“, sagt Bergner. Längst sei der e.K. von der GmbH, wo der Gesellschafter nur für das eingezahlte Stammkapital haftet, und der Aktiengesellschaft abgelöst worden.

    Drogeriekette: Das ist Schlecker

    Mit 21 Jahren, 1965, steigt der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker in die väterliche Fleischwarenfabrik in Ehingen bei Ulm ein.

    Das Unternehmen erwirtschaftet damals mit 17 Metzgerei-Filialen nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 7,2 Millionen Euro.

    Im gleichen Jahr gründet der Junior-Chef das erste Selbstbedienungs-Warenhaus am Rande der schwäbischen Stadt.

    Damit legt er die Basis für eine europaweit aufgestellte Drogeriemarktkette, zu der seit 2007 auch die Kette "Ihr Platz" gehört.

    Schlecker war mit etwa 10.000 Filialen, einem Umsatz von 7,42 Milliarden Euro und über 50.000 Beschäftigten Europas führender Drogeriemarkt-Unternehmer.

    Auch die deutschen Drogerieketten führte er an, gefolgt von dm und Rossmann.

    Im Januar 2012 geht Schlecker in die Insolvenz.

    Mai 2012: Schlecker wird zerschlagen. Für die insolvente Drogeriemarktkette sieht der Gläubigerausschuss "keine Perspektive" mehr.

    Im November 2017 wird Anton Schlecker wegen Bankrotts zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Seine Kinder erhalten Gefängnisstrafen.

    Zwar sind, wie ein Blick in das Unternehmensregister des Statistischen Bundesamts zeigt, knapp zwei Drittel der deutschen Firmen inhabergeführt. Dabei handelt es sich aber meist um Kleinbetriebe, heißt es beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag.

    Von sich reden machte zuletzt Trigema-Chef Wolfgang Grupp, der sein mittelständisches Textilunternehmen von einer GmbH & Co. KG in die Rechtsform e.K. umwandelte. Grupp wird nicht müde zu betonen, dass ein Chef, der mit seinem eigenen Geld für die Folgen seiner Entscheidung haftet, weitsichtiger handelt. Für Schlecker hat er indes keine tröstenden Worte übrig. Im Gegenteil. Die Drogeriekette saniere sich auf Kosten der Mitarbeiter, Lieferanten und des Staates, poltert Grupp. „Hier werden diejenigen belohnt, die dem Größenwahn und der Gier frönen, während die Anständigen die Dummen sind.“

    Obwohl die Drogeriekette mit 6,5 Milliarden Euro Umsatz längst zu einem international agierenden Konzern gewachsen war, wurde sie geführt wie ein Kleinbetrieb. Einen Aufsichtsrat gibt es ebenso wenig wie Geschäftsberichte, die Aufschluss über Ertrag und Vermögen geben. Um die wichtigen Dinge kümmert sich der Chef selbst – und er haftet auch. Mit voller Absicht, wie Insolvenzexperte Bergner sagt: „Schlecker wollte unter allen Umständen vermeiden, dass jemand Einblick in seine Firma hat.“ Selbst Banken musste Schlecker keinen Einblick in sein Imperium gewähren, er finanzierte sich über Lieferantenkredite. Bis die Rechnungen der Händler fällig waren, hatte er die Waren verkauft. Solange Ladennetz und Umsatz wuchsen, finanzierte sich das Geschäft von allein.

    Mit der Insolvenz hat Anton Schlecker „die Flucht nach vorn angetreten“, sagt Bergner. Denn obwohl er mit seinem Privatvermögen haftet, könnte er mit einem gut ausgearbeiteten Insolvenzplan seine Gläubiger überzeugen, die Firma zu sanieren statt zu zerschlagen. Ob Anton Schlecker oder seine Kinder die Drogeriekette künftig als Personengesellschaft weiterführen, ist fraglich. Selbst Insolvenzverwalter Geiwitz hat Zweifel daran, dass die Rechtsform geeignet ist. „Ich würde das nicht als Schulbeispiel nehmen.“

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