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Stellenabbau: Schatten über Osram

Stellenabbau

Schatten über Osram

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    Die Beschäftigten der Siemens-Tochter Osram sind verunsichert. Das Unternehmen steht in Deutschland vor einem deutlichen Stellenabbau und soll 2012 an die Börse gebracht werden.
    Die Beschäftigten der Siemens-Tochter Osram sind verunsichert. Das Unternehmen steht in Deutschland vor einem deutlichen Stellenabbau und soll 2012 an die Börse gebracht werden. Foto: dpa

    München Einmal im Jahr verwandeln sich Aktiengesellschaften in nahezu demokratische Institutionen. Anteilseigner dürfen alles sagen, was sie einem Mann wie etwa Siemens-Chef Peter Löscher immer schon einmal mitteilen wollten. An diesem Dienstag stellt in der Münchner Olympiahalle ein älterer Kleinaktionär auf der Hauptversammlung des Konzerns beglückt fest, der Firmen-Boss habe seine Vorschläge umgesetzt. „Als erster Vorstandsvorsitzender eines Großkonzerns fangen Sie an, Anglizismen, diesen deutsch-englischen Mischmasch, auszumisten“, bedankt er sich. Befriedigt nimmt der Aktienbesitzer zur Kenntnis, Siemens-Workshops hießen jetzt Arbeitskreise und Joint Ventures Gemeinschaftsfirmen. Er bemängelt aber, dass

    Auch bei Osram ist Deutungsarbeit gefragt

    Auch bei einem anderen in der Olympiahalle diskutierten Thema sind journalistische Interpretationskünste gefragt. Es geht um die Siemens-Tochter Osram. Über dem erfolgreichen Konzern liegt ein Schatten, seit die Noch-Mutter Siemens den für 2011 geplanten Börsengang wegen des wackligen Zustands der Finanzmärkte abgesagt hat .

    Intensive sprachliche Deutungsarbeit erfordert auch die Äußerung des Siemens-Finanz-Chefs Joe Kaeser, der synergetische Wert von Osram nehme in der Zukunft ab. Nicht weniger rätselhaft meint der Manager, die Firma sollte nicht warten, bis sie die nötige Priorisierung bekomme. Ein Übersetzungsversuch: Siemens will an den Plänen, die Lichttochter an die Börse zu bringen, festhalten, weil das Management glaubt, dass es in den kommenden Jahren eine immer kleinere Schnittmenge zwischen dem Siemens- und Osram-Geschäft gibt. Zudem soll der Lichtkonzern dank eines Börsengangs schneller Investitionen beschließen können, als es in einer Großfamilie wie Siemens möglich ist.

    Jedenfalls lassen Löscher wie Kaeser keinen Zweifel daran, Osram noch in diesem Jahr an die Börse bringen zu wollen. Die Manager glauben, die Firma habe einen enorm steigenden Investitionsbedarf, weil sich die Welt der Beleuchtung radikal verändert. Dank des Drucks aus Brüssel verschwindet schrittweise die Glühlampe und wird etwa durch die LED-, also Leuchtdiodentechnologie, ersetzt. Um für diesen Wandel gewappnet zu sein, müsse Osram freier schwimmen können. Zur Sicherheit bleibe Siemens als Ankeraktionär an Bord. Bei vielen der 10.000 Osram-Mitarbeiter in Deutschland wächst derweil der Wunsch, im Besitz eines Rettungsrings zu sein, hat das Unternehmen doch erklärt, bis 2014 rund 1050 dieser Arbeitsplätze streichen zu wollen. Dabei räumt das Management nur ein, etwa 400 Stellen seien in Berlin bedroht.

    „Osram, wer schweigt, stimmt zu“

    Andere Werke wie die Fabriken in Augsburg und Schwabmünchen mit insgesamt etwa 2000 Beschäftigten wurden nicht genannt. Nach Informationen unserer Redaktion ist die Gefahr indes groß, dass auch an den Standorten in der Region Jobs wegfallen. So verwundert es nicht, dass Osram-Mitarbeiter vor der Olympiahalle gegen die Pläne der Firmenleitung demonstrieren.

    „Osram, wer schweigt, stimmt zu“, steht auf einem Plakat. Der Augsburger Betriebsratsvorsitzende Willi Sattler sagt: „Wir werden nicht zulassen, dass sich Osram von deutschen Standorten trennt.“ Schließlich seien es die Beschäftigten gewesen, die das Unternehmen groß gemacht haben.

    Osram ist eine Ertragsperle, die Siemens regelmäßig mit Gewinnen im dreistelligen Millionenbereich erfreut. Der aus Augsburg kommende IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner, der mit dem heutigen Tag Mitglied des Siemens-Aufsichtsrates ist, mischt sich unter die Demonstranten. Für ihn ist es „unanständig, nicht zu sagen, wo die weiteren 650 Arbeitsplätze bei Osram abgebaut werden sollen“. In der Olympiahalle wird diese Frage nicht erörtert. Dort loben Aktionärssprecher Löscher. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz spricht von einem hervorragenden Jahr: „Das muss Ihnen erst mal einer nachmachen.“

    Zumindest in der jüngsten Siemens-Bilanz finden sich jedoch auch dunkle Seiten. Im vergangenen Quartal ging der Gewinn um 27 Prozent auf rund 1,36 Milliarden Euro zurück. Hier wirkte sich gerade das von Löscher hoch geschätzte Öko-Geschäft negativ aus. Im Bereich „Erneuerbare Energien“ fielen Verluste von 48 Millionen Euro an – und damit genau auf einem Feld, das Siemens noch intensiver beackern will. Mit den Einnahmen aus dem Osram-Börsengang könnte der Konzern weitere der von Löscher als zukunftsträchtig gepriesenen grünen Firmen erwerben.

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