Airbus ist eine europäische Erfolgsgeschichte. Immer wieder überrascht das Unternehmen mit positiven Meldungen. Als der Hersteller für 2013 Bilanz zog, vermeldete er einen Rekordauftragsbestand von 5559 Flugzeugen. Rechnerisch sind die Fabriken für gut acht Jahre ausgelastet, ein Spitzenwert in der europäischen Industrie.
Angesichts einer derartigen Bestellflut müssten die Manager von Airbus-Zulieferern wie der Augsburger Firma Premium Aerotec rundum glücklich sein. Doch das ist nicht der Fall. Nach Informationen unserer Zeitung hat das Unternehmen 2013 einen Rekordverlust von 620 Millionen Euro vor Steuern und Zinsen eingeflogen. Der im Fachjargon Ebit genannte Wert lag 2012 bei plus 47,4 Millionen Euro. Dabei ist der Umsatz mit 1,6 Milliarden Euro in beiden Jahren gleich geblieben.
Premium Aerotec gehört 100-prozentig zum Airbus-Konzern und verfügt neben der Zentrale in Augsburg mit rund 4000 Beschäftigte über drei Standorte in Norddeutschland (Nordenham, Varel, Bremen) und einen in Rumänien. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 9300 Frauen und Männer, darunter 2100 Leiharbeiter.
Es soll keine Entlassungen bei der Stammbelegschaft geben
In anderen Firmen würden derart miserable Zahlen zu einem deutlichen Arbeitsplatzabbau führen. Wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt, müssen die Premium-Beschäftigten aber nicht mit Grausamkeiten rechnen. Es werde keine Entlassungen im Bereich der Stammbelegschaft geben. Das Unternehmen habe jedoch vor, sich von Leiharbeitern zu trennen. Premium-Aerotec-Chef Christoph Hoppe schreibt in einem Brief an die Mitarbeiter, der unserer Zeitung vorliegt: „Nach dem wirtschaftlich katastrophalen Jahr 2013 müssen wir alles tun, um 2014 wenigstens ein leicht positives Ergebnis zu erwirtschaften.“
In dem Papier gibt er für 2014 ein zusätzliches Einsparziel von 15 Millionen Euro bekannt: „Das ist mit Blick auf das Jahresbudget für laufende Betriebsausgaben von 240 Millionen Euro ein erreichbares Ziel.“ Dabei steht das Unternehmen vor enormen Herausforderungen. Wer sich an den Standorten länger umhört, stößt auf folgende Defizite, an deren Abbau das Management-Team jedoch bereits mächtig arbeitet:
Mitarbeiter sprechen verklausuliert von strukturellen Schwierigkeiten. Konkret bedeutet dies, dass Premium nach seiner Gründung im Jahr 2009 immer noch kein einheitliches Logistiksystem hat. Ein Insider sagt: „Da fuhr schon mal ein Lkw von Nordenham leer nach Augsburg zurück.“
Hinzu kommen kulturelle Unterschiede. Die niedersächsischen Werke in Varel und Nordenham waren anders als der heutige Premium-Konzernsitz in Augsburg Airbus-Werke. Sie wurden zivil geprägt. Die Wurzeln des Augsburger Standortes sind militärisch beeinflusst. Noch heute werden wichtige Baugruppen für das Kampfflugzeug Eurofighter und die Transportmaschine A400M hier gebaut. Es scheint noch nicht gelungen zu sein, die „sehr eigenständigen Augsburger“ mit den Premium-Leuten im Norden zusammenzuschweißen.
IT-Probleme verschärfen die Lage
Wie oft bei aus mehreren Firmen gebildeten Unternehmen verschärfen IT-Probleme die Lage. Die Vereinheitlichung der Computerprogramme ist eingeleitet, aber noch nicht beendet. Dadurch sind in der Vergangenheit massive Probleme entstanden, die sich jetzt auch negativ in der Bilanz ablesen lassen.
Das Hauptproblem von Premium sind zu viele Fehlteile. Immer wieder wurden Baugruppen zu spät fertig und hatten nicht die gewünschte Qualität. Es musste nachgebessert werden, selbst beim Kassenschlager, den kleinen Airbus-Fliegern. Um das in den Griff zu kriegen, wurden Leiharbeiter geholt, ein Kostenblock, der wie Sonntagsschichten auf die Bilanz drückt.
Die Probleme zum Vorschein brachte erst der Auftragsboom in der Luftfahrtindustrie. Airbus ist gezwungen, immer mehr Maschinen in immer kürzerer Zeit zu produzieren. Das überforderte Premium und führte dazu, dass der Mutterkonzern fast die komplette Führung ausgetauscht hat und Hoppe als Chef berief. Das neue Geschäftsführungs-Team krempelt die Firma nun um. Der letzte Satz des Hoppe-Briefes lautet: „2014 darf kein Verlustjahr werden!“ Dazu braucht der Chef seine Mitarbeiter – Ingenieure wie Facharbeiter. Wer sollte sonst die Auftragsflut abarbeiten?