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Kommentar: Piëch und die VW-Krise: Unwürdige Ausflüchte eines Patriarchen

Kommentar

Piëch und die VW-Krise: Unwürdige Ausflüchte eines Patriarchen

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    Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch weigert sich, im Bundestag zum VW-Abgas-Skandal auszusagen.
    Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch weigert sich, im Bundestag zum VW-Abgas-Skandal auszusagen. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Es gibt einen trefflichen Witz über Piëch, der von Ex-Kanzler Schröder stammt. Danach erzähle der Patriarch die geheimsten Sachen nicht einmal sich selbst. Der Manager neigt zum Sprach-Minimalismus. Das hat der 79-Jährige über Jahrzehnte kultiviert und reifte zu einem durchaus sympathischen Kauz heran.

    VW-Abgas-Skandal: Piëch schien stets furchtlos

    Volkswagen: Die Geschichte der Abgasaffäre

    Volkswagen ist seit dem 18. September 2015 offiziell in einen Abgasskandal verstrickt. Der Skandal wird auch VW-Abgasaffäre oder Dieselgate genannt.

    Was hinter der Affäre steckt? VW hatte illegal eine Abschalteinrichtung in die Motorsteuerung aller Diesel-Fahrzeuge eingebaut. Mit der Software wollte man den Abgasnormen in den USA entgehen.

    Dieselgate wurde von der US-Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) mit aufgedeckt.

    Die Software wurde nach Angaben von Volkswagen in etwa elf Millionen Fahrzeugen mit der Motorenreihe VW EA189 weltweit eingebaut, in den USA ist demnach auch die Nachfolgereihe VW EA288 betroffen. Anderen Berichten zufolge wurde die Software allerdings für vier verschiedene Motorentypen angepasst.

    Der Skandal weitete sich auch auf Fahrzeuge von Porsche und Audi aus. Der Vorstandsvorsitzende der Volkwagen AG, Martin Winterkorn, zog die Konsequenzen aus dem Skandal und trat zurück. Sein Nachfolger wurde Matthias Müller, bislang Vorstandsvorsitzender der Porsche AG.

    Auch an Dieselfahrzeugen anderer Hersteller aus Deutschland und von internationalen Herstellern wurde nach Bekanntwerden der Abgasaffäre nachgeforscht. Häufig wurden ebenfalls überhöhte Schadstoffwerte festgestellt. Dieselgate von Volkswagen war Auslöser einer internationalen Krise der gesamten Automobilindustrie.

    Anfang 2016 soll die vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angeordnete Rückrufaktion gestartet werden. In ganz Deutschland sollen bundesweit im Laufe des Jahres 2,4 Millionen Diesel-Autos in die Werkstatt. Der Start der Rückrufaktion verzögert sich.

    Die Amerikaner verklagen Volkswagen. In den USA sollen mehr als 600.000 Fahrzeuge von der Abgasaffäre betroffen sein.

    Außerdem bestätigt das Landgericht Braunschweig gegenüber dem NDR, dass 278 Aktionäre Volkswagen auf insgesamt 3,255 Milliarden Euro verklagent. Die Anleger fordern Schadenersatz als Ausgleich für die Kursverluste durch den Diesel-Skandal.

    Für Volkswagen wird allein die Aufarbeitung des Skandals in den USA immens teuer. Die Entschädigungen und Strafzahlungen sollen sich auf 14,7 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden Euro) voraussichtlich belaufen. (AZ)

    Bayern hat als erstes Bundesland eine Klage gegen VW angekündigt. Voraussichtlich im September werde der bayerische Pensionsfonds Klage auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen von Volkswagen einreichen, sagte eine Sprecherin des bayerischen Finanzministeriums. Die Vorbereitung der Klage laufe bereits. Bayern will sich mit der Klage einen sogenannten Kursdifferenzschaden zurück holen.

    Doch die Zeit für Kult, Kauzigkeit und Wortkargheit ist vorbei. Der VW-Abgas-Skandal hat eine für den Konzern sündteure Dimension erreicht, wo Patriarchen nicht mehr kneifen dürfen, sondern es auch mal mit Geständnissen versuchen sollten. Insofern mutet es beschämend an, dass mit Piëch ausgerechnet ein Mann, der stets durch Furchtlosigkeit aufgefallen ist, sich weigert, vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss auszusagen.

    Ein Manager, der in hohem Maße als einstiger Audi- sowie als späterer VW-Chef von Deutschland und den hunderttausenden Autokäufern profitiert hat, straft die Demokratie mit Missachtung. Hier kommt eine weitere Charaktereigenschaft Piëchs zum Vorschein: Er ist trickreich. Um sich den Berliner Bußgang zu ersparen, redet er sich auf seine österreichische Staatsbürgerschaft heraus, die ihm erlaubt, einen Bogen um den Untersuchungsausschuss zu machen.

    In der VW-Krise wird Piëch seinem eigenen Anspruch nicht gerecht

    Derlei Ausflüchte sind eines Patriarchen unwürdig. Als der Auto-Mann 1993 VW-Chef wurde, sagte Piëch, dort wo er sei, wolle er immer der Beste sein. In der größten VW-Krise wird der Manager dem eigenen Anspruch nicht gerecht.

    Lesen Sie dazu auch:

    Piëch lehnt Erscheinen vor U-Ausschuss zum VW-Skandal ab: Der frühere VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch will nicht vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zum VW-Skandal aussagen.

    VW-Aufsichtsräte weisen Piëchs Anschuldigungen zurück: Im VW-Abgasskandal hat der frühere Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch einem Bericht zufolge mehrere Aufsichtsräte des Autobauers schwer belastet.

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