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Steuerflucht: "Paradise Papers": Verdacht gegen mehrere deutsche Banken

Steuerflucht

"Paradise Papers": Verdacht gegen mehrere deutsche Banken

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    Angesichts der Enthüllungen in den "Paradise Papers" dringt die EU-Kommission beim Kampf gegen Steuerflucht auf ein höheres Tempo.
    Angesichts der Enthüllungen in den "Paradise Papers" dringt die EU-Kommission beim Kampf gegen Steuerflucht auf ein höheres Tempo. Foto: Julien Warnand, dpa (Symbolbild)

    Die Enthüllungen der "Paradise Papers" über dubiose finanzielle Praktiken haben nun auch die deutsche Finanzbranche erreicht. Mehrere deutsche Banken werden Medienberichten zufolge verdächtigt, mit illegalen Internet-Casinos Geschäfte zu machen und systematisch gegen deutsche Gesetze zu verstoßen. Einige Geldhäuser wie die DZ-Bank, die Postbank und die Hypovereinsbank nähmen Geld für unerlaubte Glücksspielangebote entgegen, berichteten Süddeutsche Zeitung ((SZ)und NDRam Dienstagabend. Andere Banken wie die Wirecard Bank führen für Offshore-Glücksspielanbieter Konten, über die Auszahlungen an Spieler abgewickelt würden.

    Die Zahlungsabwicklung könne "nach hiesiger Einschätzung eine Straftat der Beihilfe zur Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel" und den "Straftatbestand der Geldwäsche" erfüllen, zitierte die SZ das niedersächsische Innenministerium sowie mehrere Banken- und Strafrechtsexperten. Das Ministerium in Hannover sei bundesweit für die Aufsicht über derartige Zahlungsströme zuständig.

    Paradise Papers: Deutsche Banken im Fokus

    Die Hypovereinsbank teilte auf dpa-Anfrage mit, "alle geltenden rechtlichen und regulatorischen Vorgaben" zu befolgen, dies umfasse auch "geldwäscherechtliche Verpflichtungen". Die DZ-Bank äußerte laut SZ-Bericht, man wolle den Sachverhalt klären. Die anderen betroffenen Banken gaben der SZzufolge an, sich zu konkreten Kundenbeziehungen nicht zu äußern, sich aber stets an deutsches Recht zu halten. Die Deutsche Presse-Agentur erhielt am Abend zunächst keine Stellungnahmen mehr von den anderen Banken.

    In Deutschland sind weitgehend die Länder für die Regulierung von Lotterien, Sportwetten oder Kasinospielen zuständig. Für die meisten Glücksspiele gilt nach wie vor ein staatliches Monopol. Nur für private Sportwettenanbieter wurde der Markt geöffnet. Online-Glücksspiel ist verboten, denn der Staatsvertrag sieht keine bundesdeutschen Online-Casino-Lizenzen vor. Nur einige Ausnahmen sind beschränkt zugelassen.

    Steuerflucht: Druck auf die Politik wächst

    Angesichts der vorangegangen "Paradise Papers"-Enthüllungen über massive Steuerflucht wächst der Druck auf die Politik. "Die Politik muss endlich die Steuerschlupflöcher schließen, die sowas möglich machen", sagte Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds, der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch). "Es kann und darf nicht sein, dass Reiche und Großkonzerne mittels spezialisierter Anwälte jede noch so kleine Lücke nutzen, um ihr Geld am Fiskus vorbei zu schummeln, während die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrem Steueraufkommen insgesamt immer mehr zum Gemeinwesen eines Staates beitragen."

    Paradise Papers, Panama Papers, Bahama-Liste

    Deutsche und internationale Medien haben mit den "Paradise Papers" zum dritten Mal in kurzer Zeit Personendaten zu Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen und zu riskanten Geschäftsbeziehungen veröffentlicht.

    "Paradise Papers" (2017): Es soll um 13,4 Millionen Dokumente aus Steuerparadiesen weltweit gehen. Darin Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern, dazu Sportler und Unternehmer.

    "Panama Papers" (2016): Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und Kontoauszüge zu 214.000 Gesellschaften – vor allem in der Karibik. Aus den Unterlagen ging hervor, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in Offshore-Firmen hielten. Dabei tauchten die Namen von 140 Politikern oder Politikervertrauten auf.

    "Bahama-Liste" (2016): Die Daten legten offen, wer die Direktoren Tausender Briefkastenfirmen sind. Darunter finden sich die Namen hochrangiger Politiker wie beispielsweise die Ex-EU-Kommissarin Neelie Kroes.

    Ökonom Gunther Schnabl, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig, ist skeptisch. Das Geld fließe fließe nun mal dort ab, wo besteuert, kontrolliert und reguliert werde, sagte er demMDR. Und es fließe dorthin, wo sich Staaten mit Besteuerung, Kontrollen und Regulierungen zurückhalten würden, wie zum Beispiel auf Malta oder in Panama. "Reiche Menschen und große Unternehmen können, nicht zuletzt mit finanziellen Zuwendungen für Parteien, Gesetzgebungsprozesse so beeinflussen, dass sich neue Schlupflöcher auftun, wenn alte geschlossen werden."

    Brüssel: EU plant schwarze Liste der Steueroasen

    Die EU-Kommission dringt beim Kampf gegen Steuerflucht auf mehr Tempo. "Es ist absolut nötig, dass wir unser Programm gegen Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung beschleunigen", sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici in Brüssel. So will die EU ihre "Schwarze Liste" der Steueroasen nach Angaben Moscovicis so schnell wie möglich fertig stellen.

    Thema «Paradise Papers»: EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici (l.) im Gespräch mit Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna.
    Thema «Paradise Papers»: EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici (l.) im Gespräch mit Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. Foto: Wiktor Dabkowski (dpa)

    Die EU-Staaten arbeiten seit geraumer Zeit an einer gemeinsamen Liste von Drittstaaten, gegen die es steuerrechtliche Bedenken gibt oder die sich beim Datenaustausch unkooperativ verhalten. Nach bisherigem Plan sollte die Liste Ende 2017 fertig gestellt werden. Ein Effekt dieser Zusammenstellung soll sein, bisherige Steueroasen durch das öffentliche Anprangern zu Gesetzesänderungen zu bewegen. dpa

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