Ikea gibt lebenslänglich. Es war tatsächlich eine mittelgroße Überraschung, als der Möbelriese seine Pläne für den deutschen Markt bekannt gab: Umtauschgarantie auf Lebenszeit, im Handel als auch im Internet. Bislang endete die Umtauschfrist nach drei Monaten. Mittelgroß war die Überraschung nur deshalb, weil das Konzept in Norwegen und Dänemark bereits drei Jahre erprobt wird und dort „die Rückgabequote nicht exorbitant anstieg“, sagt Pressesprecherin Sabine Nold.
Ikea verschafft sich mit Rückgabegarantie Aufmerksamkeit
Damit schafft Ikea das, was in Zeiten der kostenfreien Rückgabe – Musterbeispiel: Zalando – und steigenden Umtauschgarantien diverser Möbelhäuser am Wichtigsten ist: Aufmerksamkeit. Doch allem Anschein nach ist diese auch berechtigt. Schließlich verspricht Ikea, in allen Fällen den Einkaufspreis zurückzuerstatten, ohne Rücksicht auf Gebrauchsspuren, in bar oder per Überweisung. Lediglich der Einkaufsbon müsse bei der Rückgabe vorgelegt werden, bestätigt Nold. Ausgeschlossen vom Umtausch sind zugeschnittene Artikel wie Stoffe und Arbeitsplatten, Pflanzen und Fundgrubenartikel.
Umtauschgarantie gilt seit dem 25. August
Doch wer nun schon den Schraubenzieher in der Hand hält, um das zwölf Jahre alte Billy-Regal in seine Einzelteile zu zerlegen, muss diesen leider zurücklegen. Die Umtauschgarantie gilt erst mit dem aktuellen Ikea-Katalog, also seit dem 25. August. Damit fallen nur Artikel unter die Umtauschgarantie, die ab diesem Zeitpunkt gekauft werden. Außerdem steht hinter der Umtauschgarantie kein rechtlicher Zwang.
Da der Umtausch – im Vergleich zur Rückgabe für bestellte Artikel – nicht gesetzlich festgeschrieben ist, kann das Versprechen jederzeit zurückgenommen werden. „Eine Aufhebung ist erst einmal ausgeschlossen“, entgegnet Nold jedoch der Westfälischen Allgemeinen Zeitung. Während andere Unternehmen eine lebenslange Garantie bei Mängeln – wie Tupperware – oder eingeschränkten Garantien wie bei Opel versprechen, hat Ikea sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen: lebenslanger Umtausch ohne Einschränkung.
Experten sprechen von einem Marketing-Coup
Auch Experten sprechen von einem Marketing-Coup: Boris Hedde, der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung, glaubt an die doppelte Wirkung der Umtauschgarantie. „Ikeas Image ist sehr positiv und hat allenfalls einen kleinen Makel. Die Produkte gelten vielfach nicht unbedingt als langlebig“, meint er. Die neue Rückgaberegelung könne hier das Image aufpolieren. Denn sie zeige, „dass das Unternehmen auf die Qualität seiner Produkte auch langfristig vertraut“.
Ganz risikolos ist der Schritt für die Schweden nach Einschätzung des Münchner BBE-Handelsberaters Joachim Stumpf allerdings auch wieder nicht. Die Einkaufswelt verändere sich, betont der Branchenkenner. Die Anonymität im Netz, die vielen Verbraucherforen und das gegenseitige Tippgeben dort, könnten durchaus dazu führen, dass das Rücknahmeversprechen von Ikea in Zukunft stärker ausgenutzt werde, als in der Vergangenheit. Er warnt: „Wenn tatsächlich eine Missbrauchswelle einsetzen sollte, hätte dies das Potenzial, wirtschaftlichen Schaden zu verursachen.“ Dann müsse Ikea vielleicht nachbessern – und die Regelung wieder einschränken. (mit dpa)