Im Strudel der bei MAN und dem Essener Anlagenbauer Ferrostaal 2009 aufgedeckten Korruptionsaffäre sind jetzt wei Reeder vor Gericht förmlich untergegangen. Die beiden Geschäftsführer und Eigentümer der Hamburger Reederei Harms Bergung sind gestern vom Augsburger Landgericht zu Haftstrafen von viereinhalb Jahren verurteilt worden. Eine Wirtschaftsstrafkammer sprach die Angeklagten im Zusammenhang mit dem Bau von drei Hochseeschleppern der Untreue schuldig.
Das Gericht bezifferte den Schaden für Kapitalgeber, die Gelder zum Bau der Schiffe zur Verfügung gestellt hatten, auf rund 2,1 Millionen Euro. Überraschend wurden Michael Albrecht und Klaus-Dieter Mayer noch vor dem Urteil im Gerichtssaal festgenommen. Richter Wolfgang Natale begründete die von ihren Verteidigern lautstark kritisierte Maßnahme mit Fluchtgefahr. Die Anwälte Gerhard Strate und Annette Voges hatten auf Freispruch plädiert.
Die drei Hochseeschlepper „Taurus“, „Janus“, „Ursus“ – Stückpreis 20 Millionen Euro – waren ab 2005 in Cuxhaven auf der Mützelfeld-Werft gebaut worden, Miteigentümerin war damals die Ferrostaal AG. Wie das Gericht im Urteil ausführte, hatten die angeklagten Reeder bei dem Anlagenbauer die Schiffe in Auftrag gegeben und für jeden Schlepper einen um zwei Millionen Euro erhöhten Rechnungspreis akzeptiert. Bei den Beträgen – in Verträgen deklariert als „owners discount“ – handelte es sich in Wahrheit um Schmiergeld, das auf Privatkonten landete. Jeweils eine halbe Million erhielt ein eingeweihter leitender Ferrostaal-Manager.
Der Schiffbau-Experte ließ Geld in die Emirate überweisen
Der 60 Jahre alte Schiffbau-Experte, bei Ferrostaal zwischenzeitlich ausgeschieden, ließ sich das Geld an eine Briefkastenfirma in den Vereinigten Emirate überweisen. Gegenwärtig verbüßt er wegen Beihilfe zur Untreue eine fast vierjährige Haftstrafe. Weil Erwin E. im Allgäu wohnt und er im vorigen Sommer in Augsburg vor Gericht gestanden hatte, fand auch dieser zweite Prozess in Augsburg statt. Der Münchner Staatsanwalt Sebastian Dötterl hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren beantragt. Er sah die Reeder auch der Bestechlichkeit überführt. Dem folgte das Gericht nicht.
Die beiden Reeder wie der Ferrostaal-Manager hatten die erhaltenen Schmiergelder in die für die Hochseeschlepper gegründeten Einschiffsgesellschaften investiert, da sie ein gutes Geschäft witterten. Wohl zu Recht: Die ungewöhnlich leistungsstarken Schlepper, die Ölplattformen durch alle Meere ziehen können, werfen heute jährlich eine Rendite von 15 Prozent ab.
In dem Korruptionsskandal, bei dem die Hochseeschlepper nur ein Randaspekt sind, ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft bald schon drei Jahre. So soll der Essener Konzern in den Jahren 2000 bis 2007 griechische und portugiesische Amtsträger beim Verkauf von U-Booten mit über 62 Millionen Euro bestochen haben.