Das nordrhein-westfälische Krefeld könnte eine wichtige Rolle für die Zukunft von Audi-Chef Rupert Stadler spielen. Denn das dortige Landgericht hatte in zwei Fällen (Aktenzeichen 2 O 72/16 und 2 O 83/16) Audi-Käufern recht gegeben, die nach Bekanntwerden des Abgasbetrugs von ihrem Kaufvertrag zurückgetreten sind. Das betroffene Autohaus wurde verurteilt, die Wagen zurückzunehmen und den Kunden den Kaufpreis abzüglich eines Betrages für die gefahrenen Kilometer auszuzahlen.
Die Beschlüsse des Gerichts stammen von September 2016. Doch unlängst wurde ein weiteres Urteil in Krefeld erlassen, und das hat es nach Einschätzung des Anwalts Christopher Rother von der Kanzlei Hausfeld für Stadler in sich. Denn die Krefelder Richter hätten jetzt festgestellt, dass die Ausstellung falscher Übereinstimmungs-Bescheinigungen durch Audi Betrug sei, also eine Straftat darstellt.
Aber was sind Übereinstimmungs-Bescheinigungen? Und welche Rolle spielt Stadler hier? Vereinfacht gesagt geht es darum, dass von einem Autohersteller für einen bestimmten Fahrzeugtyp angegebene Leistungsdaten – etwa Abgaswerte – mit EU-Vorschriften übereinstimmen. Solche Zertifikate unterschreibt nicht das Kraftfahrt-Bundesamt, sondern der Fahrzeug-Produzent selbst. Brüssel bezweckt damit, dass die Auto-Konzerne für die Einhaltung der von ihnen behaupteten Daten geradestehen.
Für den Juristen Rother steckt darin im Fall „Audi“ eine enorme Sprengkraft. Denn nach seinem Kenntnisstand prangt unter den Übereinstimmungs-Bescheinigungen des Herstellers eine Unterschrift von Audi-Chef Rupert Stadler. Zum Beweis legt er ein solches Schriftstück, das einen Audi A4 Diesel betrifft, vor. Der Manager erkläre in der Bescheinigung, dass das vom Käufer erworbene Fahrzeug in jeder Hinsicht mit dem Autotyp übereinstimme, der in der dort genannten Typgenehmigung beschrieben sei.
"Herr Stadler hat die Kunden angelogen"
Der Jurist sagt aber unserer Redaktion: „Die Erklärung von Herrn Stadler ist falsch.“ Das habe das Kraftfahrt-Bundesamt festgestellt. In dem Bescheid der Behörde ist denn auch von einer „unzulässigen Abschalteinrichtung“ die Rede. Daher sei die Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ nicht mehr gegeben. So kommt Anwalt Rother zum Schluss: „Herr Stadler hat die Kunden angelogen.“ Entgegen seinen Erklärungen stimmten die vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nicht mit dem Autotyp überein, der in der Genehmigung beschrieben worden sei. Rother sagt: „Audi hätte die mit Schummel-Software ausgestatteten Fahrzeuge niemals in Verkehr bringen dürfen.“ Stadler habe das gewusst und in Millionen Fällen falsche ÜbereinstimmungsBescheinigungen unterschrieben.“ Der Jurist glaubt deswegen: „Er hat Millionen Kunden getäuscht und wird sich deswegen persönlich wegen Betrugs verantworten müssen.“
So weit ist es aber noch nicht. Natürlich gilt für Stadler die Unschuldsvermutung. Ein Audi-Sprecher teilte dazu am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Uns liegt keine Anzeige vor.“ Das sei alles im Bereich von Spekulationen.
Anzeige gegen Stadler: Was treibt den Anwalt an?
Rother versichert hingegen, dass die Kanzlei Hausfeld „in den kommenden 14 Tagen Strafanzeige gegen Stadler erstattet.“ Was treibt den Anwalt an? Er ist Partner einer in Sachen Volkswagen bekannt gewordenen internationalen Kanzlei, deren gefürchteter Repräsentant Michael Hausfeld ist. Der US-Starjurist setzt Konzernen unerschrocken zu und vertritt bisher mit großem Erfolg die Interessen von geschädigten VW-Kunden. In den USA werden die Käufer solcher Dieselfahrzeuge mit bis zu 13,4 Milliarden Euro entschädigt. Hausfeld und sein Berliner Partner Rother wollen nun verhindern, dass deutsche Käufer bis auf Software-Updates leer ausgehen. Die beiden Anwälte vertreten die Online-Rechtsplattform „My Right“. An diese Einrichtung haben nun schon mehr als 31700 Volkswagen-Geschädigte ihre Ansprüche gegenüber dem Auto-Konzern abgetreten. Ihre Schadenersatzforderungen vertritt nun My Right mit dem Partner Hausfeld. Auf die VW-Opfer kommen nach Auskunft der Online-Rechtsplattform keine Kosten zu.
Wenn My Right vor Gericht gegen VW erfolgreich klagt, beansprucht das Unternehmen aber eine Erfolgsprovision. Der Anbieter rechnet folgendes Beispiel vor: Nach gewonnenem Prozess erstattet Volkswagen den Kaufpreis von 30.000 Euro und nimmt das Auto zurück. Der Zeitwert beträgt 20000 Euro. Dann hat der Kunde einen Zugewinn von 10.000 Euro. Die Erfolgsprovision macht 3500 Euro aus.
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