Italienische Mafiosi bekamen jahrelang EU-Agrarbeihilfen: Laut einer Prüfung des italienischen Rechnungshofes, die der Nachrichtenagentur AFP am Freitag vorlag, konnten verurteilte Verbrecher und unter polizeilicher Beobachtung stehende Verdächtige bis zu 153.000 Euro aus dem Fördertopf der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik bekommen, weil ihre kriminelle Vergangenheit nicht überprüft wurde.
Mehr als zwei Millionen Euro in zwei Jahrzehnten
Der Rechnungshof entschied, dass diese Gelder - mehr als zwei Millionen Euro in zwei Jahrzehnten - an den italienischen Staat zurückgezahlt werden müssen. Unter den Empfängern waren Mafiosi, die zum Zeitpunkt der Auszahlung im Gefängnis saßen, wie aus der Aufstellung des Rechnungshofes hervorgeht. Der Großteil der zwei Millionen Euro ging demnach nach Sizilien, wo Kriminelle insgesamt 1,8 Millionen Euro kassierten.
Nach italienischem Recht ist Straftätern der Empfang von Fördergeldern verboten. Allerdings muss bei Beträgen unter 153.000 Euro kein Anti-Mafia-Zertifikat vorgelegt werden - ein offizielles Dokument in Italien, das bestätigt, dass der Betroffene nicht im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität verurteilt wurde.
Nutznießer Giuseppe Caruso
Unter den Nutznießern dieser Regelung waren laut Rechnungshof der 1994 verurteilte sizilianische Mafioso Giuseppe Caruso, der 2005 und 2006 insgesamt rund 37.600 Euro erhielt. Antonio Piromalli von der kalabrischen 'Ndrangheta kassierte in den Jahren 2005, 2008 und 2009 fast 26.000 Euro an EU-Hilfen für seine Olivenbäume.
Gaetano Riina, Bruder des inhaftierten "Bosses der Bosse" Salvatore Riina, erhielt 1997 mehr als 42.000 Euro. Im vergangenen Jahr wurde er ebenfalls verhaftet. Er wird beschuldigt, er habe die Geschäfte seines Bruders wieder aufbauen wollen.
"Bis vor zwei Monaten" habe es "nicht einmal eine Liste von Mafiosi" zum Überprüfen der Empfänger gegeben, sagte Giancarlo Nanni, der Leiter der Behörde Agea, welche die EU-Agrarbeihilfen in Italien auszahlt. Die offizielle Vertretung der EU-Kommission in Italien erklärte, die Auszahlung der Agrarbeihilfen sei Sache der Mitgliedstaaten. (afp, AZ)