Schrankhohe Kombi-Dämpfer kannte Peter Stadelmann nicht. Die Frage, ob der Lachs und die Kartoffeln im Restaurant in einem Rationalgerät gegart wurden, stellte sich ihm nicht. Das änderte sich Mitte 2010 schlagartig. Damals lernte der Schweizer das Landsberger Unternehmen kennen. Stadelmann war Chef einer Beratungsfirma. Er sollte dem wachsenden mittelständischen Unternehmen helfen, seine Firmenphilosophie weiterzuentwickeln. Stadelmann war von Rational so begeistert, dass er 2012 in den Personalvorstand wechselte und seit Jahresanfang den langjährigen Vorstandschef Günter Blaschke ersetzte. Nun will der 49-Jährige die Erfolgsgeschichte fortsetzen.
Im vergangenen Jahr musste Rational erstmals seine Prognose kassieren und verlangsamte seinen Wachstumskurs. Sind Sie gekommen, um Rational wieder auf die Sprünge zu helfen?
Stadelmann:Die Nachfolge im Vorstand Anfang 2014 und die Anpassung unserer Prognose Mitte 2013 waren zufällig nahe beieinander. Der Kontakt zu Rational bestand seit einigen Jahren. Ich bin gekommen, um auf Dauer mitzuhelfen, unseren Erfolg zu stärken. Ein Job-Hopper war ich noch nie und bin ich nicht. Ich habe über 21 Jahre bei einem Schweizer Beratungsunternehmen gearbeitet und dieses Unternehmen in den letzten sechs Jahren dort auch geleitet.
Wie haben Sie sich auf Ihren Job hier vorbereitet?
Stadelmann:Hier bei Rational habe ich unter anderem zwei Tage lang selbst versucht, Geräte zu bauen, was die Produktivität in diesem Prozess natürlich ein wenig gesenkt hat (lacht). Vorher habe ich eine Woche ein Küchenpraktikum in Memmingen in der Großküche eines Seniorenstifts gemacht. Das war stressig und ich habe sofort gemerkt, wie hilfreich unsere Combi-Dämpfer und unser Vario-Cooking-Center sind, wenn es in einer Küche eng ist und alles schnell gehen muss.
Warum wechselten Sie zu Rational?
Stadelmann:Rational ist ein wunderschönes Beispiel für ein unternehmerisch geführtes Mittelstandsunternehmen, wie es sie nur noch ganz selten auf der Welt gibt. Wenn überhaupt, finden Sie solche Unternehmen noch im süddeutschen Raum, zum Teil auch in Österreich und in der Schweiz. Ich habe selten einen Unternehmer und ein Unternehmen erlebt, das so sehr das praktiziert, was wir auch als Berater als richtige und gute Unternehmens- und Menschenführung ansahen.
Sprechen Sie damit das Produktionsmodell von Rational an, dass immer ein ganzes Küchengerät von einem Mitarbeiter montiert wird und dieser dann seinen Namen auf das Gerät schreibt?
Stadelmann:Ja auch, aber vor allem die absolute Ausrichtung auf den Kunden und nicht auf den Gewinn oder den Aktienkurs. Und dieses Modell des „Unternehmers im Unternehmen“. Wir versuchen ganz bewusst in allen Unternehmensbereichen unseren Mitarbeitern ein möglichst großes Verantwortungsgebiet zu übertragen. Das bleibt nicht auf die Montage beschränkt. Dieses Prinzip der Verantwortung hilft künftig Fehler zu vermeiden.
Die Zahl der Mitarbeiter ist stets gewachsen. Setzt sich dieser Trend fort?
Stadelmann:Ja, wir sind im vergangenen Jahr um 78 auf 1341 Mitarbeiter angewachsen. In Landsberg sind es 746. Das sind 15 mehr als im Jahr zuvor. Für dieses Jahr planen wir weltweit ähnlich viele Mitarbeiter einzustellen.
Welche Mitarbeiter braucht Rational?
Stadelmann:Hier in Landsberg wird hauptsächlich produziert, ausgebildet und die ganze Verwaltung sitzt hier. Aber auch der Forschungs- und Entwicklungsprozess. Wir beschäftigen allein 300 Köche, etwa 270 von ihnen sind im Außendienst, die anderen bei uns hier in der Entwicklung. Die Vertriebsleute im Außendienst sind überall unterwegs: in Europa, in Nord- und Südamerika, in Asien, neu in Indien, aber auch seit fast genau zehn Jahren in Russland.
Spüren Sie die Krim-Krise?
Stadelmann:Ja, eine Verunsicherung spüren wir schon. Russland ist für uns ein wichtiger Markt. Dort machen wir rund sechs Prozent unseres Umsatzes. Nach Sotschi zu den Olympischen Spielen sind beispielsweise 360 Geräte gegangen.
Wo sehen Sie die Zukunftsmärkte von Rational?
Stadelmann:Ein Schwerpunkt sind sicher die USA. Dort sehen wir vor allem in den vielen Ketten noch Potenzial, die dort so typisch sind, wie bei uns ein vom Inhaber geführtes Restaurant. Aber auch Indien und die Türkei sind wichtige Märkte.
Der Markt in Deutschland und Europa gilt aber für Ihre Kochgeräte als gesättigt. Besteht nicht die Gefahr, dass Sie künftig Werke in die Wachstumsmärkte verlagern?
Stadelmann:Ich sehe den Markt in Deutschland und Europa noch nicht als gesättigt an. Das Essen außer Haus wird immer wichtiger, weil wir bei immer mehr Gelegenheiten etwas Warmes essen: Etwa an Tankstellen, Supermärkten, Möbelhäusern, im Fußballstadion – das sind alles potenzielle Kunden von Rational. Denn sobald über 30 warme Mahlzeiten am Tag zubereitet werden, rentieren sich unsere Geräte.
Landsberg als Produktionsstandort ist also nicht gefährdet?
Stadelmann:Nein, ganz sicher nicht. Wir haben hier in Landsberg die Erfahrung und das Fachwissen, wir brauchen keine Auslagerung unserer Produktion. Wir produzieren dort, wo es am besten geht und nicht, wo es am billigsten ist. In Landsberg haben wir genug Flächen für eine künftige Ausweitung. In diesem Jahr, wahrscheinlich noch im Juni, werden wir unser neues internationales Serviceteilezentrum einweihen. Es wurden 11,5 Millionen Euro investiert, pro Jahr sollen von dort 100000 Ersatzteile verschickt werden.
Die Erfindung des Kombi-Dämpfers liegt nun schon 38 Jahre zurück. Wann kommt wieder so eine Innovation aus Ihrem Hause?
Stadelmann:Unsere Tochterfirma Frima hat vor kurzem ein ganz neues Gerät auf den Markt gebracht, ein Tischgerät des Vario-Cooking-Centers. Außerdem entwickeln wir unsere Geräte ständig weiter, damit unsere Kunden noch leichter, gesünder, schneller, günstiger und mit weniger Ressourcen kochen können.
Wird Rational in diesem Jahr wieder stärker wachsen?
Stadelmann:Wir befinden uns auf einem moderaten Wachstumskurs: Rational ist 2013 vor Währungskursen neun Prozent, nach Einfluss von Währungskursen um sechs Prozent gewachsen. Man muss aber auch sehen, dass mit unserem Wachstum vor allem im Ausland auch die Währungsrisiken zunehmen.
Spüren Sie keinen Druck vonseiten der Aktionäre?
Stadelmann:Nein, die wichtigsten Erwartungen kommen von unseren Kunden. Der Großteil der Aktien liegt ja fest in Familienhand unseres Gründers und Mehrheitsaktionärs Siegfried Meister sowie ein Teil bei Walter Kurtz. Beide stehen fest hinter unserer Firmenphilosophie, die noch nie Gewinn und Umsatz als Unternehmensziel verfolgte, sondern den höchsten Kundennutzen.
Der höchste Kundennutzen. Was heißt das konkret?
Stadelmann:Wir wollen den Menschen in den Großküchen weltweit beim Kochen helfen. Mit den Beschäftigten in den Küchen stehen wir in sehr engem Kontakt, sie sind unsere Ansprechpartner. Viele von deren Mitarbeitern sind ungelernte Kräfte. Deshalb müssen unsere Geräte nicht nur besser kochen, sondern auch möglichst einfach zu bedienen sein. Ein Profikoch wird durch unsere Produkte in seinen Routinearbeiten entlastet, er hat deshalb mehr Zeit, kreativ zu sein. Das Gespräch führten Alexandra Lutzenberger und Daniela Hungbaur