Europas Verbraucherschützer finden immer mehr Risikowaren. Hocker brechen zusammen, Lampen geben Stromschläge und Spielzeug zerbricht. Die meisten Gefahrengüter kommen aus China Hautreizende T-Shirts, Risiko-Spielzeug, Elektroartikel mit defekten Netzteilen: Verbraucherschützer ziehen in Europa immer häufiger gefährliche Konsumgüter aus dem Verkehr. 2244 unsichere Produkte meldeten Kontrolleure 2010, 13 Prozent mehr als im Jahr zuvor, sagte EU-Verbraucherschutzkommissar John Dalli am Donnerstag in Brüssel bei der Vorstellung des Rapex-Reports. Deutschland war 2010 das Land mit den meisten Risikoprodukten.
Rapex ist ein EU-Warnsystem für gefährliche Konsumgüter. Lebensmittel und Arzneimittel gehören nicht dazu. Der Name steht für "Rapid Alert System for Dangerous Non-Food Consumer Products" (Schnelles Warnsystem für gefährliche Nicht-Lebensmittel Konsumprodukte).
Mehr Kontrollen bedeuten mehr Funde
Ein Grund für den Anstieg seien bessere Kontrollen. Am häufigsten schlugen die europäischen Prüfer bei Textilien Alarm, hier drohten oft Hautreizungen. Außerdem landeten auf der Liste Spielzeuge, an denen sich Kinder verschlucken könnten, sowie Elektroartikel von extrem schlechter Qualität - beispielsweise beheizbare Fußmatten oder elektrische Weihnachtskerzen.
Seitdem das EU-Warnsystem vor sieben Jahren startete, hat sich die Zahl der Gefahrenfälle mehr als vervierfacht. Deutschland war im vergangenen Jahr mit 204 Fällen das Land mit den meisten gemeldeten Risikoprodukten, gefolgt von Ungarn (189) und Bulgarien (186).
Als ein Beispiel für ein gefährliches Produkt präsentierten die EU-Verbraucherschützer ein Dreirad. Am Lenker hatte es riesige Bommel und auf dem Sitzbezug lachte eine Comicfigur - ein echter Hingucker. Trotzdem sollten die Kleinen einen großen Bogen um das farbenfrohe Gefährt machen. Denn das Anfänger-Rad "made in Taiwan" ist gefährlich: Seine Kette hat keinen Schutzkasten. Kinder können sich an den Beinen verletzen. Das Rad wurde europaweit aus dem Handel genommen.
Kleine Fehler können tödliche Gefahr bringen
Oft machen nur kleine Fehler ein Produkt zur tödlichen Gefahr: Eine bunte Stoffgiraffe einer holländischen Firma spielt auf Wunsch ein Einschlaflied. Doch ihr Knopf fällt leicht ab und kann dann von Kindern verschluckt werden. "Es sind häufig Planungsfehler und nicht Verarbeitungsfehler, die das Produkt unsicher machen", sagte Dalli.
Produziert wurde die Giraffe in China. Von dort kam im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der erkannten Risikokonsumgüter. Chinas Qualitätssicherheitsminister Zhi Shuping sagte in Brüssel, sein Land habe die Sicherheit der Produkte in den vergangenen Jahren verbessert. Der Anteil der chinesischen Risikowaren in der EU-Warnliste sank im vergangenen Jahr denn auch leicht um zwei Punkte auf 58 Prozent. Das sei erfreulich, sagte der Minister. Er räumte allerdings ein: "Wir müssen noch etwas tun, die gemeldeten Fälle sind noch sehr hoch."
Dalli lobte die verbesserte Kooperation zwischen der EU und China beim Thema Gefahrenprodukte. Auch das sei ein Grund dafür, dass mehr Fälle gemeldet worden seien.
Das EU-Schnellwarnsystem Rapex
Mit Hilfe des EU-Schnellwarnsystems Rapex sollen gefährliche Konsumgüter schnell aus dem Handel in Europa verschwinden. Wenn Kontrolleure in den EU-Staaten sowie in Liechtenstein, Island und Norwegen Risiko-Spielzeug oder hautreizende Bekleidung finden, informieren sie die EU. Über Rapex werden dann die anderen Staaten vor dem Produkt gewarnt. Das sind häufig auch Elektrogeräte, bei denen Stromschläge drohen. In den meisten Fällen darf ein Produkt nicht mehr verkauft werden, nachdem es auf die Rapex-Liste kommt. Die Länder dürfen selbst entscheiden.
Der Name des Warnsystems ist die Abkürzung für "Rapid Alert System for Dangerous Non-Food Consumer Products". Rapex gibt es seit 2004.
Mehr als die Hälfte der gemeldeten Risikowaren kommen aus China. Die EU und das asiatische Land haben deshalb ihre Zusammenarbeit verstärkt. Wieviele gefährliche Konsumgüter wirklich in europäischen Supermärkten oder Einkaufspassagen liegen, ist trotz Rapex nicht bekannt. Denn die Dunkelziffer ist hoch, schätzen Experten. dpa/AZ