Amazons neues Smartphone "Fire Phone" soll die ganze Welt zum Shop machen. Mit der Erkennungsfunktion "Firefly" sollen Nutzern schon Artikel vorgeschlagen werden, wenn sie ein Bild von einem Gegenstand machen.
Sieben Jahre ist es her, dass Apple sein erstes iPhone auf den Markt brachte. Samsung und Apple haben momentan die Marktführerschaft und chinesische Anbieter versuchen sich mit günstigeren Geräten einen Platz auf den Markt zu schaffen. Hat der Online-Händler hier überhaupt noch Erfolg mit seinem Telefon?
Amazon-Chef Jeff Bezos ist der Meinung, dass die Entwicklung der mobilen Geräte noch am Anfang steht, so verkündete er bei der Vorstellung des "Fire Phones" in der "Seattle Times": "Die Player kommen und gehen. Sie verändern sich." Der Entschluss, ein eigenes Smartphone zu entwerfen, sei erst gefallen, als es die Idee dazu gab: Ein Handy, das alles auf der Welt erkennen kann und ein Display, das auf Kopfbewegungen reagiert.
"Fire Phone": Amazon schafft sich den Laden in der Tasche
"Amazon hat keine Läden, also steckt es einen Laden in ihre Tasche", bemerkte Technologie-Blogger Matthew Panzarino von "TechCrunch". "Firefly" soll mit einem eigenen Knopf auf dem Telefon griffbereit sein. 100 Millionen Artikel soll die Erkennungsfunktion ermitteln können. Für den Einzelhandel könnte das natürlich zu weiteren Einbußen führen. Einer der Artikel, an denen Bezos die Funktion demonstrierte, war ein "Nutella"-Glas. Könnte das ein Hinweis auf größere Pläne im Lebensmittelhandel sein?
Außerdem erkennt "Firefly" auch Text wie E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder Straßenschilder sowie Musik, Fernsehsendungen, Kunstwerke. Ab sofort haben alle Software-Entwickler Zugriff auf die Plattform. "Firefly" könnte die Basis für eine visuelle Suchmaschine sein, die in Amazons Cloud-Servern zuhause ist.
Samsung, Apple und Google pfeilen schon seit einiger Zeit an Computer-Uhren oder Daten-Brillen. Hier könnte die Funktion ebenfalls nützlich werden. Doch Dave Limp, der Mann, dem Bezos das Gerätegeschäft anvertraute, zweifelt an diesen Produktklassen: Zu kurze Laufzeiten, zu wenig Leistung, zu kleine Bildschirme.
Softwareentwicklungen werden von Bezos im geheimen "Lab 126" im Silicon Valley entwickelt. "Nur dort findet man genug Spezialisten, um innovative Geräte zu bauen", sagt Limp.
"Fire Phone": Neue Funktionen, aber schwacher Akku und Prozessor
Eine weitere Funktion soll die Benutzung des Smartphones angenehmer machen: "Dynamic Perspective" passt die Darstellung auf dem Bildschirm an den Blickwinkel des Betrachters an. Vier Kameras am Display verfolgen die Kopfposition des Nutzers, auch in der Dunkelheit. Dies ermöglicht ein dreidimensionales Bild. Es wurden aber schon Probleme vom Technik-Blog "Ars Technica" festgestellt, wenn mehr als ein Kopf im Bild zu sehen ist. Mit einer Kipp-Bewegung kann man lange Texte rollen lassen oder Details auf einem Stadtplan hervorbringen.
Prozessor und Akku des "Fire Phones" sind allerdings sehr schwach. Bezos ist aber der Meinung, die beiden neuen Funktion seien "sehr einzigartig und sehr wichtig, und sie werden die Leute dazu bewegen, das Telefon zu mögen".
Branchenexperte Ian Fogg vom Analysehaus IHS findet die neuen Funktionen zwar ungewöhnlich und technisch beeindruckend, aber sie sind nicht der "game changer", den Amazon brauche, um die Kunden zu überzeugen. "Nur einen bekannten Namen auf der Box zu haben, reicht nicht aus, um Smartphones zu verkaufen, wie schon Nokia und Motorola erfahren mussten." Das "Fire Phone" habe keinen Preisvorteil zu anderen Geräten und mit nur einem Mobilfunk-Anbieter in den USA sei der Kundenkreis schmal.
Bezos versicherte in der "Seattle Times" aber, Amazon habe einen langen Atem. Kunden in Deutschland müssen sich ohnehin gedulden: Zu einem möglichen Marktstart gibt es bei Amazon "keinen Kommentar". AZ/dpa