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Augsburg: Findet ein Augsburger PC-Hersteller einen Partner in China?

Augsburg

Findet ein Augsburger PC-Hersteller einen Partner in China?

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    Das Fujitsu-Werk in Augsburg: Bald soll hier auch Lenovo einsteigen.
    Das Fujitsu-Werk in Augsburg: Bald soll hier auch Lenovo einsteigen. Foto: Annette Zöpf

    Irgendwie haben wir uns daran gewöhnt, dass Smartphones und Computer heute aus Asien kommen. Da erstaunt es immer wieder, dass ein PC-Hersteller in Schwaben sitzt – und sich seit Jahren am Standort Augsburg hält. Das japanische Unternehmen Fujitsu ist nach eigenen Angaben der einzige Konzern aus der Informationstechnologie, der noch in Europa produziert. Gebaut werden in dem Werk im Süden der Stadt unter anderem Computer und Server, auf denen sich große Datenmengen speichern lassen. Tag für Tag verlassen bis zu 21.000 Geräte das Unternehmen. Wie kann es sein, dass sich ein Hersteller so lange im Hochlohnland Deutschland behauptet?

    Rund 2000 Beschäftigte arbeiten am Augsburger Standort

    Bei Fujitsu ist man stolz auf die flexible Produktion, die Nähe zum Kunden und die schnelle Umsetzung von Kundenwünschen. Und stolz ist man auch auf eine Eigenentwicklung: Einen kompakten Computer, nicht viel größer als ein Päckchen Kaffee, der besonders hohe Sicherheit bietet. Wie einen Daumenabdruck erkennt das Gerät das bei jedem Menschen individuelle Muster der Venen in der Hand. Anstelle eines Passworts lässt sich der Rechner damit entsperren. Derzeit arbeiten bei Fujitsu in Augsburg rund 1600 Beschäftigte. Dazu kommen rund 400 Kräfte von anderen Unternehmen – zum Beispiel Leiharbeiter. Bei so einem wichtigen Arbeitgeber muss es Aufregung hervorrufen, wenn plötzlich die Kooperation mit einem chinesischen Konzern im Raum steht.

    In mehreren Berichten wurde Anfang Oktober spekuliert, dass der chinesische Computer-Hersteller Lenovo die PC-Sparte von Fujitsu übernehmen könnte. Tatsächlich gaben beide Firmen Ende Oktober bekannt, dass sie eine „strategische Kooperation“ in der Entwicklung und Produktion von Computern prüfen – wohlgemerkt keine Übernahme. Lenovo mit Hauptniederlassungen in Morrisville (USA), Peking, Honkong und Yokohama (Japan) gilt als größter PC-Hersteller Chinas und ist bekannt für Notebooks, Tablets und Server. Der Konzern hat in der Vergangenheit bereits die PC-Sparte von IBM übernommen und ist beim Aldi-Lieferanten Medion eingestiegen. Was würde da eine Kooperation für das Werk in Augsburg bedeuten? Auch dieses hat schließlich eine bewegte Geschichte und mehrere Eigentümerwechsel hinter sich. 1987 eröffnete das Siemens-Werk mit rund 1400 Mitarbeitern, 1990 wechselte es zu Siemens-Nixdorf, 1999 zu Fujitsu-Siemens und ab 2009 dann allein zu Fujitsu.

    Noch laufen die Gespräche mit Lenovo über die Kooperation bei den Computern, berichtete Fujitsu-Geschäftsführer Rolf Werner gestern auf dem Fujitsu-Forum in der Messe München, wo das Unternehmen seine Produkte präsentiert. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Werner betonte, dass sich die Kooperation allein auf die Entwicklung und Produktion bei Notebooks und Computern bezieht. Hier sei ein „Verdrängungswettbewerb“ da und „der Leidensdruck am größten“. In Augsburg arbeiten rund 200 Mitarbeiter in der Entwicklung von Endgeräten und weitere in der Produktion.

    Es fehlt an Aufträgen

    Falls die Kooperation mit Lenovo zustande kommt, „wollen wir als Marke aktiv bleiben und den Service aufrechterhalten“, sagte Werner. Dies gelte auch für die Fertigung in Deutschland: Auch wenn die PC-Komponenten zu 90 Prozent aus Asien kämen, sei die Endfertigung vor Ort ein Vorteil. „Dies ist eine Perle, die wir weiterentwickeln wollen.“ Durch das Label „Made in Germany“ und die hohe Sicherheit werden Fujitsu-Computer im Öffentlichen Dienst geschätzt, den das Unternehmen zu seinen wichtigen Kunden zählt. Da in der Computer-Fertigung 80 Prozent der Kosten auf das Material entfallen und nur 20 Prozent auf die Arbeit, seien die in Deutschland im Vergleich höheren Löhne nicht das zentrale Problem. Diese liegen in Augsburg woanders: Es fehlt an Aufträgen.

    „Die Auslastung ist das, was schwierig ist“, sagt Standort-Chefin Vera Schneevoigt unserer Zeitung. Vergangenes Jahr habe man 75 Arbeitsplätze abbauen müssen. Bereits heute bemühe sich Fujitsu, Aufträge von externen Partnern zu erhalten – darunter Kuka oder Kontron. „Die mögliche Kooperation mit Lenovo bietet mehr Chancen als Risiken“, meint Schneevoigt deshalb. „Ich bin zuversichtlich, dass das Desktop-Geschäft am Standort bleibt.“ Branchenfachleute vermuten, dass es Lenovo mit der Kooperation auch darum geht, stärkeren Zugang zum Markt in Deutschland und Japan zu bekommen.

    Ähnlich sieht es Michael Leppek, Geschäftsführer der IG Metall Augsburg: „Wir erhoffen uns von der Kooperation mit Lenovo eine größere Auslastung“, sagt er. Überlegungen, die Fertigung von Fujitsu auszugliedern, habe es zwar immer wieder gegeben. „Ich hoffe aber nicht, dass das passiert.“ Leppek sieht den Standort in Deutschland, das Label „Made in Germany“ und das Vertrauen regierungsnaher Kunden als große Vorteile. „Wir erwarten aber auch Zusagen zu den Standorten und zur Beschäftigung – diese werden wir einfordern“, betont er, fügt aber an: „Wir haben keine Angst vor Lenovo, ganz im Gegenteil. Es kann für Fujitsu nur besser werden.“

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