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Chef-Anleger der Deutschen Bank: Euro-Crash: "Wir sind in der Endspiel-Phase"

Chef-Anleger der Deutschen Bank

Euro-Crash: "Wir sind in der Endspiel-Phase"

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    Während die Politik mit aller Kraft für ein Fortbestehen der Währungsunion kämpft, haben Teile der Wirtschaft den Euro mittlerweile abgeschrieben. dpa
    Während die Politik mit aller Kraft für ein Fortbestehen der Währungsunion kämpft, haben Teile der Wirtschaft den Euro mittlerweile abgeschrieben. dpa

    Chronologie: Die Finanz-Krise in Griechenland

    16. Dezember 2009 Ratingagenturen stufen Griechenlands Kreditwürdigkeit herab. Die Diskussion um Griechenland nimmt Fahrt auf: Spekulationen über eine Staatspleite beginnen, das Land muss zunehmend höhere Zinsen am Kapitalmarkt zahlen.

    25. März 2010 Die Lage spitzt sich zu: Die Euro-Länder sagen Athen vorsorglich ein Hilfspaket unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu.

    23. April 2010 Griechenland droht akut die Insolvenz. Das Hilfsprogramm wird offiziell beantragt.

    2. Mai 2010 Die Eurogruppe beschließt Notkredite von 110 Milliarden Euro für Athen und verlangt im Gegenzug einen harten Sparkurs. Die Hilfen kommen nicht aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF, der erst später unter dem Eindruck der eskalierenden Schuldenkrise im Euroraum aufgespannt wird.

    10. Mai 2010 Um die Schuldenkrise einzudämmen, einigen sich die EU-Finanzminister auf einen 750 Milliarden Euro schweren Rettungsschirm (EFSF) für pleitebedrohte Mitglieder.

    16. Dezember 2010 Der EU-Gipfel beschließt das Aufspannen eines permanenten Rettungsschirms (ESM) für die Zeit ab 2013. Später wird der Start auf 2012 vorgezogen. Er soll mit 500 Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln ausgestattet werden. Mittlerweile wird eine Ausweitung diskutiert.

    25. März 2011 Ein EU-Gipfel verabschiedet ein Gesamtpakt zur Überwindung der Schuldenkrise. Dazu gehören der permanente Rettungsschirm, eine Schärfung des Stabilitätspakts und ein neuer «Euro-Pakt-Plus», mit dem sich die Regierungschefs zu Strukturreformen verpflichten.

    29. Juni 2011 Das griechische Parlament nimmt ein radikales Sparpaket der Regierung an - Voraussetzung für eine Teilzahlung aus dem Hilfspaket. Ohne die Hilfe wäre das Land zahlungsunfähig geworden.

    21. Juli 2011 Auf einem Sondergipfel einigt sich die EU auf ein neues Griechenland-Rettungsprogramm im Volumen von 109 Milliarden Euro. Das Programm wird so nie in die Tat umgesetzt und später deutlich nachgebessert.

    27. Oktober 2011 Die Euro-Länder und Banken einigen sich auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland und ein neues 130-Milliarden-Euro-Paket für Athen. Im Gegenzug gibt es neue harte Sparauflagen für Athen, die im Land zunehmend Proteste und Streiks provozieren.

    10. November 2011 Lucas Papademos, der ehemalige Vize-Präsident der Europäischen Zentralbank, löst Giorgios Papandreou als Regierungschef ab. Er führt eine Übergangsregierung, die die drakonischen Sparmaßnahmen auf den Weg bringen soll. Ohne die kann weder frisches Geld fließen - noch das neue Hilfspaket aktiviert werden.

    30. Januar 2012 Auf dem EU-Gipfel in Brüssel einigen sich die Staats- und Regierungschefs auf einen Fiskalpakt mit Schuldenbremsen und automatischen Sanktionen.

    12. Februar 2012 Das griechische Parlament billigt das einschneidende Sparpaket, das nach Forderung der internationalen Geldgeber mehrfach verschärft werden muss.

    21. Februar 2012 Die Länder der Eurozone geben grünes Licht für das 130-Milliarden-Hilfspaket. Voraussetzung für eine endgültige Freigabe ist aber ein Erfolg des Schuldenschnittes.

    9. März 2012 Mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten verschafft sich Griechenland Luft im Dauerkampf gegen die Pleite. Nach bangen Monaten mit langwierigen Verhandlungen meldet Athen eine breite Beteiligung am Schuldenschnitt, der das Land um mehr als 100 Milliarden Euro entlasten wird. Die Euro-Finanzminister geben umgehend einen Teil des neuen 130-Milliarden-Hilfspakets frei.

    6. Mai 2012: Die Parlamentswahlen in Griechenland finden statt. Die Parteien können sich auf keine Regierungskoalition einigen.

    17. Juni 2012: Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen wird wieder in Griechenland gewählt. Sollte keine stabile und euro-freundliche Regierung zustande kommen, droht nach Expertenmeinung das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro.

    Nach dem jüngsten Wahlergebnis in Griechenland haben die Euro-Retter aufgeatmet. Die radikal linke Syriza konnte nicht die absolute Mehrheit erringen. Doch während sich die Politik nach Kräften um eine Lösung der Eurokrise bemüht, haben Teile der Wirtschaft offenbar die Währungsunion bereits abgeschrieben. Georg Schuh, Chef-Anlagestratege der Vermögensverwaltungssparte der Deutschen Bank, DB Advisors, rechnet trotz der Griechenlandwahl mit einem baldigen Austritt des Landes aus der Währungsunion. Zudem sagte Schuh am gestrigen Dienstag auf einer Konferenz in Frankfurt: "Ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone ist ein sehr wahrscheinliches Szenario."

    Investoren sind viel weiter als die Politik

    DB Advisors gilt mit einem verwalteten Vermögensvolumen für institutionelle Kunden wie Unternehmen und Pensionskassen von über 170 Milliarden Euro als einer der größten Investoren in Europa. Wie Georg Schuh auf der Konferenz weiter sagte, hätte der Kapitalmarkt ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone bereits eingepreist. "Die Investoren sind da viel weiter als die Politik. Ich glaube, wir sind jetzt in der Endspiel-Phase", so Schuh.

    Top-Investor Pimco trennt sich bereits von deutschen Staatsanleihen

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Mit immer weitergehenden Versprechungen über Milliardenhilfen für angeschlagene Euro-Staaten geht die Bundesregierung ein schwer zu kalkulierendes Risiko ein. Durch die milliardenschweren Rettungsschirme drohen dem Bundeshaushalt nicht absehbare Belastungen. Wie der Spiegel mitteilte, hat der größte Anleihen-Investor Pimco, ein Tochterunternehmen des deutschen Finanzkonzerns Allianz, nach eigenen Angaben nur noch wenige Bundesanleihen im Depot. Wie der Deutschland-Chef von Pimco, Andrew Bosomworth, vergangene Woche mitteilte, sei man stattdessen auf erstklassige Unternehmensanleihen und auf Schuldverschreibungen von Ländern außerhalb der Euro-Zone ausgewichen.

    Deutschland nicht unverwundbar

    Die Buchstabencodes der Ratingagenturen

    Ratingagenturen bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, Banken oder Staaten und sind damit äußerst einflussreiche, aber auch umstrittene Akteure auf dem Finanzmarkt. In ihr Urteil fließen veröffentlichte Zahlen ebenso ein wie Brancheneinschätzungen. Die weltweit bedeutendsten Ratingagenturen sind: Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch.

    Für ihre Einstufungen verwenden die Agenturen Buchstabencodes. Die Skala beginnt bei Standard & Poor's und Fitch etwa mit der Bestnote AAA (Englisch: «Triple A»). Moody's nutzt dieselben Bezeichnungen, schreibt sie aber anders (Aaa). Es folgen AA, A, BBB, BB, B, CCC, CC, C. Die meisten Stufen können mit Plus- und Minuszeichen noch feiner unterteilt werden.

    Ab BB+ beginnt der spekulative Bereich, der auch «Ramsch» (englisch: Junk) genannt wird. Die Skala reicht bis D, das bedeutet, dass ein Ausfall des Schuldners, also die Pleite, eingetreten ist. Eine mögliche Änderung des Ratings kündigen die Agenturen in aller Regel über den Ausblick «positiv», «stabil» und «negativ» an.

    Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners beurteilen, desto teurer und schwieriger wird es für diesen, sich Geld zu besorgen. Die Refinanzierungskosten steigen, schlimmstenfalls ziehen Geldgeber ihr Kapital ab. Am Rating orientieren sich nicht nur Banken, sondern auch andere Investoren. Zuletzt haben Staaten aber trotz einer Herabstufung günstiger Geld bekommen.

    Die Agenturen sind umstritten. Weil sie vor der Finanzkrise Ramschpapiere als sichere Geldanlage anpriesen, wurde ihnen eine Mitschuld an der Krise gegeben. In der Euro-Schuldenkrise gerieten sie wieder in die Kritik: Politiker warfen ihnen vor, die Bonität hoch verschuldeter Euro-Länder trotz milliardenschwerer Hilfspakete auf Ramschstatus abgewertet und damit die Krise weiter verschärft zu haben. (dpa)

    Gegen die Auswirkungen der Euro-Krise ist Deutschland alles andere als unverwundbar. Ein Hochschnellen der Staatsschulden würde die Rating-Agenturen auf den Plan rufen, die Deutschlands Bonität herabstufen könnten. Dies würde insbesondere dann passieren, wenn Länder wie Griechenland oder Portugal ihre Kredite aus dem Rettungsfonds nicht mehr zurückzahlen. In einem solchen Fall drohen dem deutschen Staat Milliardenverluste.

    Euro-Zusammenbruch könnte Deutschland 1 Billion Euro kosten

    Nach Einschätzung von Professor Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) kann Deutschland im schlimmsten Fall mit einer Billion Euro  im Feuer stehen. Dies sagte der Ökonom in einem Interview mit der "Rheinischen Post". "Der in Griechenland verlorene Betrag von 80 Milliarden Euro ist klein im Vergleich zu der Summe, für die wir insgesamt haften. Um den Euro zu retten, sind wir bereits gewaltig ins Risiko gegangen", so Sinn. Nach Aussage des Ökonoms verliere Deutschland bei einem Staatsbankrott Griechenlands, Spaniens, Portugals und Italiens 600 Milliarden Euro. "Und wenn der Euro zusätzlich zusammenbrechen sollte, kommen noch einmal gut 300 Milliarden für nicht einbringliche Notenbankforderungen der EZB dazu", so Sinn weiter. patm

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