Die Elektrofahrradwelle rollt. Allein 123 Aussteller bieten ihre Strom-Mobile an. Alle zwei Jahre verdoppelt sich der Verkauf: 70000 sogenannte E-Bikes vor vier Jahren, 150 000 im Jahr 2009, 200000 im Vorjahr und heuer gut 300000 schätzt der Zweiradverband. Bei Preisen zwischen 2000 und 3000 Euro für ein gutes Rad ein Geschäft für die Produzenten, auch wenn es nur gut fünf Prozent des jährlichen Gesamtabsatzes (3,5 bis vier Millionen Räder) ausmacht.
Das haben inzwischen auch Autobauer erkannt. So kommt Daimler gleichzeitig mit dem Elektro-Smart auf vier Rädern, 2012 mit einem ebenso Smart genannten Pedelec (Pedal Electric Cycle) auf den Markt, unter 3000 Euro und mit Carbon-Zahnriemenantrieb. BMW und Audi wollen nachziehen.
Nicht so glücklich sind die Händler. Sie klagen über den schlechten Service vieler Hersteller, der zu Ärger mit den Kunden führt. Das bestätigt auch der Allgäuer Händler Manfred Greiner, für den die Messe seit 17 Jahren (angenehme) Pflicht ist: „Wir müssen zum Beispiel das Spezialwerkzeug für die Wartung selbst kaufen“, sagt er. Einen weiteren Schub könnten E-Bikes durch die Einführung der wartungsarmen Automatikschaltung ohne Gangstufen bekommen. So kann noch bequemer geradelt werden.
Die Automatikschaltung ohne Gangstufen macht es bequemer
Damit rechnet auch Stephan Behrendt, der Technische Leiter beim Bundesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Weil ein Pedelec eh schon teuer ist, fällt der Mehrpreis von gut zehn Prozent für die Automatik kaum ins Gewicht“, meint er. Das werde der Automatik zum Durchbruch verhelfen. „Der Trend zu E-Bikes wird anhalten, zumal Qualität und Reichweite dieser Räder zunehmen und immer breitere Verbraucherkreise die Vorteile dieses Verkehrsmittels zu schätzen wissen“, sagt Thomas Kunz, Geschäftsführer des Verbands des Deutschen Zweiradhandels. Dass einzelne Räder mit Rahmenbruch beim Test der Stiftung Warentest durchgefallen sind, sei „ärgerlich“, aber es beunruhige ihn nicht. Der Verbraucher müsse eben auf Qualität achten. Dem Elektrofahrrad gibt Behrendt eine Zukunft, dem Elektroauto nicht. Das Rad werde seine Stärken vor allem im Tourismus und auf dem Weg zur Arbeit durchsetzen. Der Akku werde stärker, leichter und billiger. Beim Auto werden andere Antriebsarten besser sein, prophezeit Behrendt.
Auch in der Rennradszene macht die bezahlbare Automatikschaltung von sich reden. Bisher nur den Profis vorbehalten, sollen im nächsten Jahr Rennräder mit elektronischer Schaltung unter der offenbar nicht nur bei E-Bikes magischen Preisgrenze von 3000 Euro zu haben sein. Kaum eine Marke von Rang, die nicht ein Modell auf die Räder stellt.
Bei den Mountainbikes wird am ganz großen Rad gedreht. Die sogenannten Twentyniner erregen Aufsehen. Nahezu alle Hersteller präsentieren ihre Neuheiten fast ausschließlich im Bereich 29 Zoll. Die Vorteile der traktionsstarken Riesenräder aus Übersee, von den Europäern lange Zeit belächelt, sind umstritten. Stephan Behrendt vom ADFC meint, nur für Leute über zwei Meter Länge seien sie ideal, ansonsten sollte man lieber auf eine ausgereifte Dämpfung setzen. Manfred Greiner hingegen ist überzeugt, dass sich die Twentyniner schnell durchsetzen werden, „die Hersteller jedenfalls setzen voll darauf“, hat er beim Messerundgang festgestellt. Besseres Abrollen und mehr Sicherheit in schwierigem Gelände sprächen für 29 Zoll.
Vermutlich als Gegentrend zu diesen Hightech-Rädern beobachten Fachleute in erster Linie bei jüngeren Leuten ein wachsendes Interesse an „Oma-Fahrrädern“: geschwungener Rahmen, möglichst bunt, möglichst einfach, möglichst ohne Gangschaltung. Solche Stadträder gelten offensichtlich als cool.
Nach wie vor die Nummer eins ist das Trekkingrad mit 35 Prozent Marktanteil. Der Trend geht zu mehr Carbon. Das macht die Räder leichter. Und die aerodynamischen Formen lassen sie schnittiger aussehen. Weil Zweiräder „auch etwas fürs Auge“ sind, wie sich Händler Greiner ausdrückt, stelle man erfreut fest, dass – wie in den Achtzigern – alles bunter und farbiger wird, nicht zuletzt bei der Kleidung und den Schuhen für Radler.