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Fahrverbote: Droht nach dem Diesel-Urteil ein Wertverlust?

Fahrverbote

Droht nach dem Diesel-Urteil ein Wertverlust?

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    Ein Auto fährt über die Dieselstraße in Hannover. Besitzer älterer Diesel-Fahrzeuge müssen nun mit einem deutlichen Wertverlust ihres Fahrzeugs rechnen. 
    Ein Auto fährt über die Dieselstraße in Hannover. Besitzer älterer Diesel-Fahrzeuge müssen nun mit einem deutlichen Wertverlust ihres Fahrzeugs rechnen.  Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Viele der mehr als zehn Millionen Besitzer von Diesel-Pkw in Deutschland sind nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts irritiert. „Ich fühle mich als Käufer von Industrie und Politik sauber verarscht“, bringt ein VW-Fahrer seine Wut in einem sozialen Netzwerk auf den Punkt.

    Denn bei den Betroffenen geht nicht nur die Angst vor Fahrverboten um, sondern es wächst auch die Befürchtung, dass sich Dieselfahrzeuge lediglich mit hohen Abschlägen als Gebrauchtwagen wiederverkaufen lassen.

    Und in der Tat müssen die Betroffenen (alle Fahrzeuge mit Schadstoffklasse Euro 5 und älter) mit einem spürbaren Wertverlust ihres Autos rechnen. Das Gericht hat in seinem Urteil übrigens ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verbraucher dies zum Wohle der Allgemeinheit in Kauf nehmen müssen. Wer also plant, seinen Pkw zu verkaufen, hat aktuell schlechte Karten, denn die Preise werden wohl auf Talfahrt gehen.

    Wertverluste von bis zu 15 Prozent

    Auf genaue Zahlen will sich der Duisburger Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nicht festlegen: „Ich kann derzeit noch nicht sagen, ob das dann zehn, 20 oder 30 Prozent sein werden“, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Andere werden schon konkreter: Nach Einschätzung des Kraftfahrzeuggewerbes müssen Eigentümer von älteren Dieselautos mit einem dauerhaften Wertverlust von bis zu 15 Prozent für ihr Fahrzeug rechnen. Das treffe vor allem Händler stark, die entsprechende Leasingfahrzeuge zu einem fest vereinbarten Preis zurücknehmen müssten, heißt es.

    Dudenhöffer bestätigt: „Die Autohäuser sind nach dem Stand der Dinge die größten Verlierer, denn dort liegen meist die Restwerte.“ Die Händler würden künftig vermutlich große Verluste mit Dieselautos schreiben.

    Bereits „2017 ist für den Diesel ein Horrorjahr gewesen“, bestätigt Felipe Muñoz vom Marktforschungsunternehmen Jato dem Handelsblatt. Der Anteil der Dieselautos bei den Pkw-Neuzulassungen sei im vergangenen Jahr in Europa bei 43,8 Prozent gelegen, dem niedrigsten Stand seit 2003. Die großen Automobilkonzerne in Europa konnten nur rund 6,8 Millionen Fahrzeuge verkaufen. Gerade private Käufer halten sich wegen drohender Fahrverbote zurück. Wer sein eigenes Geld beim Autokauf in die Hand nehmen muss, der überlegt sich nämlich genau, ob es wieder ein Diesel sein soll. Das betrifft nicht mehr nur das Neuwagengeschäft.

    Dass die Verkaufszahlen bei Diesel-Pkw noch nicht abgestürzt sind, hängt mit den vielen Flottenkunden zusammen. Denn gerade bei Dienstwagen sind Dieselmotoren nach wie vor gefragt. Hier liegt der Dieselanteil im Unterschied zu privaten Kunden noch immer über 50 Prozent. Klar, Firmenautos werden häufig von Vielfahrern genutzt, und auf langen Strecken machen sich die günstigen Verbrauchswerte beim Diesel besonders bezahlt.

    Wer nur selten Auto fährt, könnte günstig an Gebrauchtwagen kommen

    Bei Schwacke in Düsseldorf, wo die gleichnamige Restwert-Liste herausgegeben wird, heißt es deswegen: „Die Preise für Gebrauchtwagen werden weiter nachgeben, weil zum einen existierende Mengen von Fahrzeugen als Flotten-, Leasing- und Vermiet-Rückläufer nach ihrer Vertragsdauer vermarktet werden müssen und zum anderen eben auch verunsicherte Dieselbesitzer versuchen werden, ihre älteren Automobile loszuwerden.“

    Experte Dudenhöffer erwartet, dass die Leasinggesellschaften wiederum auf die fallenden Restwerte bei ihren Endkunden reagieren werden. Das könnte zu einer Erhöhung der Leasingraten führen, mutmaßt er. Gingen diese aber hoch, würden die Diesel als Dienstwagen an Attraktivität verlieren – und damit den Selbstzünder-Absturz in der Zulassungsstatistik für Neuwagen beschleunigen.

    Ein anderes Indiz für die Probleme beim Fahrzeugverkauf sind die Standzeiten gebrauchter Fahrzeuge bei den Autohäusern. Die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) misst diese bei den deutschen Händlern. Und die Bilanz für Dieselautos fällt wenig erfreulich aus. Im Durchschnitt verlässt ein Gebrauchtwagen nach 102 Tagen den Hof eines Automobilhändlers. Für einen Benziner sieht die Zahl freundlicher aus. Da zählt die DAT durchschnittlich 89 Tage. Bis Anfang des vorvergangenen Jahres war es noch genau andersherum: Damals waren die Standzeiten der Benziner immer länger als die der Dieselautos.

    Experten streiten sich, wie sinnvoll eine Nachrüstung ist

    Genau deswegen wird es aber Dudenhöffer zufolge auch Profiteure des derzeitigen Diesel-Bashings geben. „Wer auf dem Land wohnt und nur selten in eine Stadt fahren muss, der wird in den kommenden Monaten günstig an gute gebrauchte Autos kommen“, vermutet er.

    Wer sich trotz des Imageverlustes einen neuen Diesel kaufen will, dem raten Fachleute, bei der Schadstoffklasse genau hinzuschauen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Euro-6d-TEMP-Norm oder ab 2020 gültige Euro-6d-Norm wählen, heißt es beim ADAC.

    Bleibt die Frage der Nachrüstung von gebrauchten Dieselfahrzeugen. Hier wird noch diskutiert. Ob sie Sinn macht, da gehen die Meinungen auseinander. Während manche Experten davon ausgehen, dass die Stickoxid-Grenzwerte mit einem Update der Motor-Software eingehalten werden können, monieren andere, dass dieser Eingriff nicht ausreiche. Aber auch im Falle einer Hardware-Nachrüstung mit Abgasreinigungstechnik gibt es den Fachleuten zufolge noch offene Fragen.

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