Die große Euro-Politik trifft viele Bürger. Weil die Zinsen durch die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank auf Null gesunken sind, kämpfen Banken in Deutschland mit sinkenden Einnahmen. Seit die EZB Strafzinsen auf bei den Notenbanken gehortetes Geld verlangt, hat sich die Situation verschärft. Die fehlenden Erträge aus Zinsüberschüssen holen Kredithäuser an anderer Stelle herein.
Höhere Gebühren
Der Chef der deutschen Sparkassen, Georg Fahrenschon, kündigte an: „Die Zeit von kostenlosen Girokonten ist vorbei“. Viele Sparkassen in der Region überlegen, an der Gebührenschraube zu drehen. Bereits passiert ist das unter anderem in Landsberg am Lech. Bei der dortigen Sparkasse gelten seit Februar neue Konditionen, unter anderem zahlt der Kunde für das vormals kostenlose Online-Konto jetzt 1,95 Euro. Die gleichen Modelle wie in Landsberg (Basis, Komfort und Premium) bietet ab 1. Mai auch die Sparkasse Neu-Ulm–Illertissen. Auch hier steigen dadurch die Preise. Die Gründe, die die Sparkassen angeben, ähneln sich: gestiegene Kosten für Personal und Serviceleistungen sowie das niedrige Zinsniveau.
Ohne Erhöhungen kommt dagegen die Sparda-Bank Augsburg aus. Das kostenfreie Girokonto, mit dem die Genossenschaftsbank wirbt, soll erhalten bleiben, heißt es in einer Mitteilung. Auch die Volks- und Raiffeisenbanken halten sich noch zurück. Florian Ernst, Sprecher des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB), begründete dies damit, dass man sich als Qualitätsanbieter sehe. Um diese Qualität zu sichern, setzten die Volks- und Raiffeisenbanken ohnehin nicht auf eine Strategie der Billigangebote. Erhöhungen seien aber nicht ausgeschlossen, darüber entscheide jede Bank für sich. Bei der Augusta-Bank, einer der größten Volksbanken Schwabens, kostet das Girokonto „Augusta online“ zum Beispiel 2,70 Euro im Monat, das Klassik-Konto 6,70 Euro.
Filialschließungen
Dass bisher viele Kunden von höheren Kosten verschont blieben, liegt auch daran, dass an anderer Stelle gespart wurde: bei der Beratung vor Ort. Filialschließungen in fast allen Teilen der Region waren 2015 ein Aufregerthema. Gerade die Sparkassen treiben einen großen Umbruch im Filialnetz voran, in ganz Bayern wurden im letzten Jahr 82 Filialen dicht gemacht. Im Landkreis Augsburg schloss die Kreissparkasse jede vierte Geschäftsstelle, an einigen blieben Selbstbedienungsautomaten. Noch drastischer trifft es das Allgäu. Ab April finden Kunden in 32 von 65 Filialen der Sparkasse Kempten keinen Berater mehr vor.
Dass das auf breite Kritik stößt, darüber sei man sich bei den Sparkassen im Klaren, sagt Eva Mang, Sprecherin des Bayerischen Sparkassenverbandes. Und doch seien die Schließungen eine direkte Reaktion darauf, wie die Geschäftsstellen genutzt werden. Alltägliche Bankgeschäfte würden die Sparkassenkunden immer mehr online erledigen, gerade ländliche Filialen würden dadurch weniger besucht. Für diejenigen, die sich mit Online-Banking nicht anfreunden können, ließen sich die Sparkassen aber Lösungen einfallen. „Ein Berater kann auch ins Haus kommen oder die Bank zahlt das Busticket zur nächsten Filiale. Auch Bargeld kann man sich zum Teil nach Hause liefern lassen“, erläutert Mang.
Anders als die Sparkassen sind die Volks- und Raiffeisenbanken in der Fläche noch spürbarer vertreten. In vielen kleineren Orten gibt es Filialen. Ohne einen Filialabbau kommen aber auch die Genossenschaftsbanken nicht aus. Die VR-Bank Donau–Mindel schließt am 31. März acht Filialen in den Landkreisen Günzburg und Dillingen. Die VR-Bank Handels- und Gewerbebank mit Sitz in Gersthofen im Landkreis Augsburg wird in den kommenden zwei Jahren wohl zehn ihrer 33 Geschäftsstellen schließen.
Fusionen
Filialschließungen können auch die Folge von Fusionen sein. Gerade regionale Banken schließen sich zusammen. Dadurch kann Personal gespart und gleichzeitig die Reichweite erhöht werden. Gespräche über solche Allianzen finden derzeit zwischen den Sparkassen Günzburg–Krumbach und Neu-Ulm–Illertissen statt. Die beiden Häuser könnten gemeinsam mit mehr als 40 Filialen ein Schwergewicht in der schwäbischen Bankenlandschaft bilden. Auch Raiffeisenbanken, die oft nur ein kleines Gebiet mit wenigen Ortschaften bedienen, finden häufiger zusammen.
Aber geht auch Rot und Blau zusammen? In einigen Orten teilen sich Sparkasse und Raiffeisenbank bereits ein Gebäude, die Berater der jeweiligen Bank sind dann zu bestimmten Zeiten dort anzutreffen. Eine Fusion sei aber allein durch die unterschiedlichen Voraussetzungen abwegig, sagt jedenfalls Sparkassen-Sprecherin Mang: „Sparkassen sind in der Hand der Kommunen, Volksbanken sind genossenschaftlich organisiert. Allein die nötigen Beschlüsse herzustellen, wäre äußerst schwierig.“
Privatbanken
Ein solches Problem haben diese Banken nicht, sie treffen die Entscheidungen zentral für alle Filialen. Doch auch diese Kredithäuser können sich den Auswirkungen der Zinspolitik nicht entziehen. Die Deutsche Bank plant, bis 2017 deutschlandweit 200 Filialen zu schließen. Auch die Tochter Postbank prüfe regelmäßig ihr Filialnetz auf Wirtschaftlichkeit, so eine Sprecherin. Dem fallen Mitte des Jahres unter anderem vier Filialen in Oberbayern, Franken und der Oberpfalz zum Opfer. Auch der Konkurrent Commerzbank schließt für die Zukunft nicht aus, Hand an sein Filialnetz zu legen. Unangetastet sollen dagegen vorerst die Gebühren bleiben. Postbank und Commerzbank werben mit einem kostenfreien Girokonto, das beide in dieser Form beibehalten wollen. Wie auch die Deutsche Bank schließen sie aber nicht aus, an den Preisen zu drehen, sollte sich an der Lage in der Finanzwelt nichts ändern.
Strafzinsen
Bleibt noch die Frage: Was passiert, wenn sich die Finanzlage der Banken noch weiter verschlechtert? Reichen die Finanzhäuser die von der EZB verhängten Strafzinsen an die Kunden weiter? Das zumindest schließen alle Banken bisher aus. Lediglich Geschäftskunden, die sehr hohe Summen bei der Bank haben, könne das treffen. Denn für den Privatkunden wäre eine solche Maßnahme laut Verbraucherzentrale Bayern vor allem eines: eine Einladung, die Bank zu wechseln.