Es ist das dritte Mal in diesem Jahr, dass die Mitarbeiter vor dem Dehner-Gartencenter in Königsbrunn stehen. Das dritte Mal, dass sie ihrem Ärger Luft machen, zusammen mit Kollegen aus den Filialen in Augsburg, Neu-Ulm, Senden, Memmingen und Kaufbeuren. „Gemeinsam kämpfen“ steht auf einem der Transparente. Und: „Wir brauchen den Tarif zurück.“ Fünf Tage am Stück haben die Beschäftigten ihre Arbeit niedergelegt, bis zum gestrigen Dienstag.
Wie oft die Mitarbeiter in den vergangenen Monaten gestreikt haben, kann Verdi-Verhandlungsführer Hubert Thiermeyer nicht mehr sagen. Seit das Unternehmen im August 2009 die Tarifbindung bei den Arbeitgeberverbänden gekündigt hat, wächst der Protest. Seither mussten die Dehner-Beschäftigten auf zwei Lohnerhöhungen verzichten, die der Tarifvertrag für den Einzelhandel vorsieht. Inzwischen verdienen sie 3,5 Prozent weniger als Kollegen in anderen Betrieben, sagt Gerhard Feda, Vorsitzender des Dehner-Betriebsrats: „Bei einer Verkäuferin im sechsten Berufsjahr sind das monatlich 74 Euro.“ Auch eine Sonderprämie in Höhe von 800 Euro, die die Mitarbeiter im Februar bekommen haben, gleiche das Minus nicht aus.
„Große Hoffnungen“ setzte Feda zuletzt in ein Gespräch mit der Geschäftsleitung. Während der Betriebsrat eine Rückkehr zur Tarifbindung anstrebt, stellten die Gesellschafter aber klar, dass darüber nicht verhandelt werde. „Es wird kein Zurück zur Tarifbindung geben“, heißt es. Man wolle sich die Entwicklung der Gehälter nicht mehr diktieren lassen. Die Rede ist von zunehmend schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen und steigendem Wettbewerbsdruck. Im März 2009 legte Dehner ein „Konsolidierungskonzept“ vor, das „weitreichende Maßnahmen zur Kostenreduzierung und zum Schuldenabbau“ beinhaltet.
Auch in der Krise hat das Unternehmen gut verdient
2009 erzielte die Gartencenter-Kette rund 587 Millionen Euro Umsatz – drei Prozent mehr als im Jahr davor. Der Gewinn stieg um knapp 17 Prozent auf 8,9 Millionen Euro. Branchenexperte Klaus Peter Teipel betont, dass Dehner auch im Krisenjahr viel Geld verdient habe, obwohl der Markt insgesamt geschrumpft sei. „Eine Sanierung braucht das Unternehmen nicht“, sagt Teipel. Berthold Schleidt, Verdi-Streikleiter in Augsburg, wirft Dehner deshalb vor, die Rendite auf Kosten der Mitarbeiter zu erhöhen. Das Unternehmen profitiere vom Trend zum „grünen Wohnzimmer“, sagt Teipel, der an einer Branchenstudie arbeitet. Er beobachtet allerdings auch, dass Kunden immer mehr auf die Preise für Pflanzen oder Gartenmöbel achten: „Der Markt gerät durch Baumärkte und Discounter stark unter Preisdruck.“
Dass der Tarifstreit gerade jetzt zu eskalieren droht, ist kein Zufall. In der umsatzstarken Frühjahrssaison versuchen die Mitarbeiter, den Druck auf Dehner zu erhöhen. Dabei gehe es nicht nur um Geld, sagt Streikleiter Schleidt. Er berichtet, dass Beschäftigte über ungeheuren Leistungsdruck klagen. Am Hauptsitz in Rain am Lech (Kreis Donau-Ries) gab es trotzdem kaum Warnstreiks. Gewerkschafter Thiermeyer erklärt dies damit, dass sich dort viele Beschäftigte der Eigentümerfamilie Weber verpflichtet fühlen.
In Internet-Blogs machen Mitarbeiter ihrem Ärger Luft. „Wir kämpfen für unser Recht, keine Angestellten zweiter Klasse zu sein“, heißt es dort. Die Firmenleitung betont dagegen, die Stimmung in der Belegschaft sei gut. Es handle sich um „eine kleine Minderheit“, die ihren Missmut äußere. Wiederholt habe man dem Betriebsrat angeboten, „Einkommensentwicklungen und sonstige arbeitsvertragliche Rahmenbedingungen“ in betrieblichen Bündnissen zu regeln.
Für den Betriebsrat steht das jedoch nicht zur Debatte. „Bei betrieblichen Bündnissen fehlt jede Form der Rechtsverbindlichkeit“, erklärt Verdi-Verhandlungsführer Thiermeyer. Über Lohn und Gehalt dürften nur Gewerkschaften verhandeln. Diese seien bei Dehner aber außen vor. „Wir hätten keine Mitsprache mehr“, fürchtet der Betriebsratsvorsitzende Feda. „Wir wären nur noch Bittsteller.“
Zulagen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Beiträge zur Altersvorsorge zahlt Dehner nach wie vor. „Sie können aber gar nicht anders“, sagt Thiermeyer. Diese Leistungen beinhalte der Manteltarifvertrag, aus dem man derzeit nicht aussteigen könne. Die Gewerkschaft berichtet von Musterarbeitsverträgen, die zeigten, dass Dehner sich mittelfristig auch von diesen Leistungen verabschieden wolle.
Die Geschäftsleitung hat den Mitarbeitern zum 1. August eine „kräftige Lohnerhöhung“ in Aussicht gestellt. Der Betriebsrat kündigt dennoch an, weiter kämpfen zu wollen: „Wir arbeiten daran, Tarifbindung herzustellen“, sagt Feda. „Und das wird kein Ende nehmen.“