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Wirtschaft: Darum ähneln sich Deutschland und Südkorea

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Darum ähneln sich Deutschland und Südkorea

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    Autodesigner Peter Schreyer, 60, der bei Audi und VW groß wurde, arbeitet heute für die Hyundai Motor Group. Es ist der Höhepunkt seiner Karriere.
    Autodesigner Peter Schreyer, 60, der bei Audi und VW groß wurde, arbeitet heute für die Hyundai Motor Group. Es ist der Höhepunkt seiner Karriere. Foto: Maury, dpa

    Der Dienstag ist nasskalt und grau, deutscher Februar eben. Peter Schreyer sitzt in seinem Büro im vierten Stock in Frankfurt und beobachtet durch die kolossalen Glasflächen den vorbeiziehenden Verkehr auf der Theodor-Heuss-Allee in der Nähe der Messe. „Mir gefällt das, die vielen Autos“, sagt er. Es sei ein so inspirierender Ausblick.

    Wer Schreyer in seinem gemütlichen oberbayerischen Tonfall sprechen hört, kommt erst einmal nicht auf die Idee, einen der erfolgreichsten lebenden Designer der Automobilindustrie vor sich zu haben. Er klingt verwurzelt, erdig, neigt nicht zu abgehobenen Schwurbeleien wie manche seiner Kollegen.

    Er schätzt den Reiz der Geschwindigkeit

    Dabei ist dem gebürtigen Reichenhaller, der schon in seiner Jugend den Reiz der Geschwindigkeit schätzte und im Skeletonschlitten die Bobbahn am Königssee hinunterraste, etwas sehr Ungewöhnliches gelungen: Er wurde als erster Europäer ins Präsidium eines koreanischen Großkonzerns berufen.

    Die Hyundai Motor Group hat ihn jüngst zum Leiter der Designzentren von Kia und Hyundai und damit zum Herrn über 600 bis 700 Kreative des koreanischen Autobauers ernannt. Für Schreyer, der mit seiner Frau und seinen zwei Kindern noch immer in Ingolstadt lebt, ist es der Höhepunkt seiner Karriere. In der hatte es ihn schon zuvor weit nach oben getrieben – als er bei Audi und Volkswagen das Design verantwortete. Schreyer ist also ein Exporteur deutscher Designkunst nach Südkorea.

    Ein Abkommen aus dem Jahr 1963: Geld gegen Fachkräfte

    Der promovierte Informatiker Anthony Park ist so eine Art Gegenentwurf des Bayern. Er stammt aus Seoul. Im Alter von vier Jahren kam er mit seinen Eltern nach Deutschland, die im Zuge eines deutsch-koreanischen Abkommens von 1963 einreisten. Das aufstrebende Deutschland warb damals mehr als 8000 Bergleute und über 16.000 Krankenschwestern aus dem armen asiatischen Land an.

    Südkorea - Wohlstand im Schatten des Stalinismus

    Südkorea liegt in Ostasien und ist der südliche Teil der Koreanischen Halbinsel.

    Die Hauptstadt Südkoreas ist Seoul.

    Das Land ist 99.392 Quadratkilometer groß und hat 50 Millionen Einwohner.

    Die Währung von Südkorea ist der Won.

    Die Unabhängigkeit erlangten die Südkoreaner am 15. August 1948. Dieser Tag ist auch der Nationalfeiertag.

    Das Kfz-Kennzeichen ist ROK, die Domainnamen im Internet enden auf .kr und die Telefonvorwahl ist die +82.

    Die Flagge Südkoreas, "Taegeukgi", ist weiß, schwarz mit einem rot-blauen Yin und Yang-Zeichen in der Mitte. Um diesen Kreis sind sogenannte Trigramme mit vielen Bedeutungen angebracht.

    Die größten Städte Südkoreas sind: Seoul, Busan, Incheon, Daegu, Daejeon.

    Amtssprache der Präsidialrepublik ist Koreanisch.

    Korea ist gespalten zwischen Süd- und Nordkorea. Offziell befinden sich die beiden Länder noch immer im Krieg.

    Der damalige südkoreanische Machthaber General Park Chung-Hee hatte die Bundesrepublik um Wirtschaftshilfe gebeten und 150 Millionen Mark erhalten. „Es war ein Handel: Geld gegen Fachkraft“, sagt Park heute. Seine Mutter ist Krankenschwester.

    Eine Karriere praktisch aus dem Nichts

    Wie er es erzählt, klingt es sachlich, keineswegs verbittert. Der 44-Jährige baute sich eine Karriere praktisch aus dem Nichts auf. Er studierte Informatik, erwarb den Doktortitel und entwickelte bis vor ein paar Jahren die Geschäfte der Mobilfunksparte des Weltkonzerns Samsung in Europa. Inzwischen arbeitet Park für Anymode, einen koreanischen Mittelständler für „Mobile Accessoires“, also Handy-Zubehör, den er in Europa ebenfalls zu einer populären Marke machen will.

    Nordkorea - Zehn Fakten zum kommunistisch besetzten Land

    Nordkorea heißt ausführlich Demokratische Volksrepublik Korea.

    Nordkorea ist einer der wenigen letzten stalinistischen Staaten.

    Hauptstadt von Nordkorea ist Pjönjang.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Korea aufgeteilt in eine US-amerikanische und sowjetische Besatzungszone.

    Der Korea-Krieg zwischen 1950 und 1953 zementierte die Spaltung zwischen dem Norden und Südkorea.

    Die drei bisherigen Staatsführer Nordkoreas heißen: Kim Il-Sung, Kim Jong-Il und Kim Jong-Un.

    Das Land hat etwa 24 Millionen Einwohner, die auf einer Fläche von 122.762 Quadratkilometern leben.

    Nordkorea grenzt an Südkorea, China und auf wenigen Kilometern Länge auch an Russland.

    Die Nordkoreaner sind traditionell Buddhisten und Konfuzianisten. Mittlerweile dürfte aber ein großer Teil durch den Stalinismus konfessionslos sein.

    Die Flagge des kommunistischen Landes ist blau, rot und weiß mit einem Roten Stern.

    Der smarte Geschäftsmann, der heute mit seiner Frau, einer Architektin, im wohlhabenden hessischen Kronberg lebt und in Korea einen anderen Vornamen trägt als in Europa, spricht ein sehr gewähltes Deutsch. Es klingt weich und geschmeidig, ein wenig wie das von FDP-Chef Philipp Rösler. Park ist einer, der südkoreanischem Hightech den Weg in die Alte Welt weist – ein wirtschaftlicher Brückenbauer, der sagt: „Um im Management eines koreanischen Großkonzerns zu arbeiten, reicht es nicht, die Landessprache zu verstehen.“

    Parallelen in der Politik und im ökonomischen Bereich

    Schreyer und Park stehen prototypisch für das Verhältnis zwischen Deutschland und Südkorea, zwei Länder, die sich bei allen kulturellen und politischen Unterschieden ähnlicher sind, als viele glauben. Das fängt damit an, dass beide nach Kriegen geteilt waren beziehungsweise noch sind. Beide haben außerdem eine Regierungschefin.

    Beide erleb(t)en ein Wirtschaftswunder. Deutsche wie Koreaner gelten als fleißig – „Preußen Asiens“ werden letztere genannt. Und kreativ sind die Asiaten auch – das kann man auf dem Fußballplatz beobachten. Koreaner wie Dong-Won Ji und Ja-Cheol Koo ziehen als Profis das Spiel des Fußball-Clubs Augsburg auf.

    Die Kreativität reist mit

    Der Designer und der Manager sind dieser Tage wieder einmal geschäftlich nach Seoul unterwegs. Elf Stunden Flug. Park zuckt mit den Achseln, als wolle er sagen: Was soll’s! Schreyer sagt: „Für mich ist das, als würde ich in den Bus einsteigen und zur Arbeit fahren.“ Zumal er in dieser Zeit ungestört nachdenken kann. Die Kreativität reist in der Business-Class selbstverständlich mit. Über den Wolken habe er oft die besten Ideen, erzählt Schreyer, der einen Zeichenblock auch im Flugzeug immer griffbereit hält.

    Alle paar Wochen ist er wie auch Park auf dieser Route unterwegs. Der eine stimmt sich mit dem Mutterkonzern ab, der andere sucht nach neuen Technologien und Geschäftsbeziehungen. Für den steilen Aufstieg Koreas vertritt Park die These: „Die Menschen dort sind ungeheuer fleißig, die Arbeitszeiten brutal.“ Schreyer sagt: Die Leute seien hungrig nach Erfolg.

    Bestätigt werden sie in ihrer Einschätzung von einer Statistik der Organisation der Industrieländer (OECD): Mit 2250 Stunden pro Jahr wird in Korea länger gearbeitet als in jedem anderen Land der Erde. Die 35-Stunden-Woche ist noch ein Wunschtraum, wenngleich auch hier sich die Parteien den Ausbau des Sozialstaats auf die Fahnen geschrieben haben.

    Gas geben und pauken, ohne zu klagen

    Noch aber wird malocht, als würde Freizeit krank machen. Park zitiert ein koreanisches Sprichwort, das er frei übersetzt: „Wir können vieles nicht, darum müssen wir das mit doppeltem Fleiß wettmachen.“ Das spiegele die Mentalität der Koreaner wider. „Die bleiben so lange sitzen, bis etwas funktioniert.“

    In dem Tigerstaat gibt man aber nicht nur Gas, wie es Automann Schreyer metaphorisch formuliert. Wenn man Park zuhört, hat man das Gefühl, die Probleme der Deutschen, was Stress durch Bildung und Erziehung betrifft, werden hierzulande – gelinde formuliert – ein wenig übertrieben: „Viele Koreaner wollen etwas schaffen. Bildung ist denen unheimlich wichtig, weil das Land so klein ist“, erklärt er.

    Der Nachwuchs in den Metropolen wird bereits im Kindergarten getrimmt, Englisch und Chinesisch zu lernen. Die meisten müssten zudem Geige oder Klavier spielen. Kinder ohne Nachhilfe werden laut Park abgehängt. Das riecht nach bayerischem Schulsystem – nur noch leistungsorientierter. Die Erziehung koste fast ein Jahresgehalt. Darum gebe es fast nur Doppelverdiener. Der Lohn dafür: Beim Pisa-Test liegt das Land in der Spitzengruppe. Die Kehrseite der Medaille ist: Koreas Schüler gelten als die unglücklichsten weltweit.

    Der Leistungsdruck hört nicht auf

    Der Leistungsdruck hört nach der Schule nicht auf. Einer OECD-Befragung zufolge wollen 95 Prozent der Koreaner studieren. „Wer es nicht schafft, für den wird es in Korea schwierig“, sagt auch Park.

    Schreyer, der seit über sechs Jahren für Kia arbeitet, betrachtet die Gesellschaft in Fernost noch etwas romantischer. Er nennt die Koreaner „die Italiener Asiens“. Denn sie könnten feiern, sich freuen, herzlich sein. „Wenn bei Hyundai eine Präsentation stattfindet, geht man hinterher schön Essen und einen Trinken. Das hat was. Die Menschen sind warmherzig und offen.“ Die Region Seoul mit ihren über 23 Millionen Einwohnern – fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung – beschreibt er als „unglaublich pulsierend“.

    15 Großkonzerne sorgen für drei Viertel des Volkseinkommens

    Auf Metropolen wie Seoul oder Busan konzentriert sich in Korea die gesamte Wirtschaft. Stellvertretend für den steilen Aufstieg des Landes stehen bisher die Auto-, Elektro-, Stahl- und Schiffsbauindustrie mit Konzernen wie Samsung, LG, Posco oder eben Hyundai. 15 Großkonzerne sorgen für drei Viertel des Volkseinkommens. Ganz anders in Deutschland. Das Land ist stabil, weil der Mittelstand so stark ist. „Ich bin erstaunt, wie viele mittelständische Firmen es hier gibt, die Weltmarktführer sind. Diese sitzen dann sogar in Dörfern, deren Namen ich oft nicht einmal kenne“, analysiert Park.

    In dem Land der Morgenfrische, wie Korea im Norden auch genannt wird, boomt neben klassischen Industriezweigen längst die Software- und Unterhaltungsbranche. „K(Korea)-Pop beispielsweise wird in ganz Asien gehört“, weiß Park. Er selbst hat sich vorsorglich die gleichnamige Internetadresse in Deutschland reservieren lassen, falls die Musikwelle aus Fernost nach Psys Erfolg nach Europa schwappen sollte.

    Der Diskjockey hatte seinen Musikfilm auf das Internet-Videoportal „Youtube“ gestellt, wo er bislang über 1,2 Milliarden Mal geklickt wurde – das ist Weltrekord! Ende 2012 verlautete, dass die K-Pop-Musikbranche mit einem Gesamtumsatz von 3,4 Milliarden US-Dollar im ersten Halbjahr zum achtgrößten digitalen Musikmarkt weltweit avancierte. Da kann Deutschland nicht mehr mithalten.

    Europa ist nicht mehr das Paradies

    Europa ist Park zufolge für Koreas Geschäftswelt sowieso längst nicht mehr das Paradies. Man hat Erfolg auf dem riesigen asiatischen Markt. „Die sagen sich heute: Wer ist Europa?“ Man spüre förmlich, wie das Selbstwertgefühl wachse.

    Die Koreaner wollten der Welt beweisen, wozu sie in der Lage sind. Auch hier erinnern sie an die Deutschen. Hyundai und Kia, wie auch BMW oder Audi, gehören zu den am schnellsten wachsenden Automarken. Und die Zeiten des reinen Kopierens von Wertarbeit made in Germany sind passé.

    Was das Qualitätsverständnis betrifft, haben die Koreaner die Deutschen innerhalb von nur vier Jahrzehnten bereits teils überflügelt. Das lässt sich an den Garantieleistungen der Autos ablesen: Kia gibt sieben Jahre, VW, Mercedes, Porsche und Co. gewähren nur zwei. „Das zeugt vom Selbstvertrauen der Koreaner“, kommentiert Schreyer.

    Was Konzernpräsident Yang Woon Chul an ihm selbst schätzt, ist Schreyers außergewöhnliches Stilgefühl. Kürzlich verschaffte er dem Bayern in Seoul sogar eine eigene Kunstausstellung in einer der edlen Galerien Gangnams. „Da fühlte ich mich schon geehrt“, sagt Schreyer. In dem Luxusviertel der Hauptstadt wohnen die fünf reichsten Familien des Landes. Und dank Rapper Psy war eben dieses Viertel zuletzt weltweit in aller Munde.

    Erst überfielen die Japaner das Land, dann kam der Bruderkrieg

    Der heutige Erfolg Koreas ist eigentlich ein Wunder. Denn vor 50 Jahren war das Land, das von drei Seiten vom Meer umschlossen wird, so arm wie die ärmsten Staaten Afrikas. Koreas jüngere Geschichte ist fast ebenso bewegt wie die deutsche. Erst überfielen die Japaner Anfang des vorherigen Jahrhunderts den Staat, der zu den am dichtesten besiedelten Flächenstaaten der Erde zählt. Danach folgte der Korea-Krieg, der am 25. Juni 1950 mit dem Überfall des nördlichen Landesteils auf den südlichen begann.

    Seit 1953 ist Korea geteilt in den kommunistischen Norden und den Süden, jeweils beherrscht von Militärdiktatoren. Während Park Chung Hee (dessen Tochter Park Geun Hye heute demokratisch gewählte Präsidentin ist) den Süden in den 80er Jahren langsam öffnete, herrscht im Norden mit Kim Jong Un, dem Sohn des erst kürzlich verstorbenen Machthabers Kim Jong Il, weiterhin ein Autokrat.

    Natürlich gibt es auch in Korea die Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung. Kein Wunder, dass die Politiker seit 20 Jahren genau beobachten, wie Deutschland dieses schwierige Thema bewältigt. Nordkoreas Diktator, der erst kürzlich durch einen unterirdischen Atombombenversuch die Welt aufschreckte, sprach Anfang des Jahres zum ersten Mal darüber.

    Sehnsucht nach und Angst vor der Wiedervereinigung

    „Die Südkoreaner wollen einerseits die Teilung ihres Landes überwinden, haben aber enorm Angst davor, dass sie von ihr überrollt werden“, erzählt Schreyer, der jüngst zusammen mit dem deutschen Ex-Außenminister Joschka Fischer und Ex-Bundespräsident Wulff in der deutschen Botschaft zum Empfang eingeladen war.

    Park ist der gleichen Meinung: „Das würden die derzeit nicht packen, die Armutsdiskrepanz zwischen beiden Ländern ist zu groß, viel größer als die zwischen der Bundesrepublik und der DDR.“

    Wer ist die bessere der beiden Strebernationen?

    Am Ende dieses Vergleichs bleibt die Frage, wer nun die bessere der beiden Strebernationen ist – Deutschland oder Korea? Der Bayer Schreyer gibt den Diplomaten: „Man kann nicht sagen das eine oder das andere Land. Jedes auf seine Weise.“

    Park zitiert eine Geschichte, die gerne unter Koreanern erzählt wird: „Wenn Koreaner und Deutsche die Aufgabe bekommen, durch einen Berg einen Tunnel zu bauen. Dann ist es so, dass die Koreaner losgehen, fünf Wege finden und binnen eines Jahres fünf Tunnel haben. Die Deutschen planen fünf Jahre und haben dann einen Tunnel.“ Der aber sei durchdacht und stabil.

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