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Porträt: Anton Schlecker - Der Geheimniskrämer

Porträt

Anton Schlecker - Der Geheimniskrämer

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    Der Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker scheiterte.
    Der Drogeriekettenbesitzer Anton Schlecker scheiterte. Foto: dpa

    Was sagt Anton Schlecker zum Untergang seines Konzerns? Viele seiner Mitarbeiter warten auf ein Wort des Gründers der einst größten Drogeriemarktkette Deutschlands. Doch Anton Schlecker schweigt. Nach dem Insolvenzantrag im Januar dieses Jahres schickte er Tochter Meike vor. Sohn Lars sprach zu den Beschäftigten.

    Der am 28. Oktober 1944 in Ulm geborene Sohn eines Metzgermeisters schaffte einen sagenhaften Aufstieg vom Kleinunternehmer zum über die Grenzen hinausreichenden Konzernlenker. Anton Schlecker gehörte zu den vermögendsten Menschen Deutschlands. Unklar ist, wie viel Privatvermögen die Familie heute wirklich noch hat und wie viel die Drogeriekette vernichtete. Meike Schlecker betonte Anfang des Jahres: „Es ist nichts mehr da.“

    Schlecker hatte keine Veröffentlichungspflicht eines Geschäftsberichts

    Dabei führte Anton Schlecker zusammen mit seiner Frau Christa, einer gelernten Fremdsprachenkorrespondentin, in den Glanzzeiten einen Handelsriesen, der über 50.000 Mitarbeiter in rund 14.000 Filialen in 17 Ländern zählte. Als eingetragener Kaufmann konnte er schalten und walten, wie er wollte. Denn ein in dieser Rechtsform geführtes Unternehmen hat beispielsweise keine Veröffentlichungspflicht für einen Geschäftsbericht. Wichtige Kennziffern wie Umsatz, Rentabilität, Standorte oder Mitarbeiterzahlen müssen nicht veröffentlicht werden.

    Drogeriekette: Das ist Schlecker

    Mit 21 Jahren, 1965, steigt der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker in die väterliche Fleischwarenfabrik in Ehingen bei Ulm ein.

    Das Unternehmen erwirtschaftet damals mit 17 Metzgerei-Filialen nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 7,2 Millionen Euro.

    Im gleichen Jahr gründet der Junior-Chef das erste Selbstbedienungs-Warenhaus am Rande der schwäbischen Stadt.

    Damit legt er die Basis für eine europaweit aufgestellte Drogeriemarktkette, zu der seit 2007 auch die Kette "Ihr Platz" gehört.

    Schlecker war mit etwa 10.000 Filialen, einem Umsatz von 7,42 Milliarden Euro und über 50.000 Beschäftigten Europas führender Drogeriemarkt-Unternehmer.

    Auch die deutschen Drogerieketten führte er an, gefolgt von dm und Rossmann.

    Im Januar 2012 geht Schlecker in die Insolvenz.

    Mai 2012: Schlecker wird zerschlagen. Für die insolvente Drogeriemarktkette sieht der Gläubigerausschuss "keine Perspektive" mehr.

    Im November 2017 wird Anton Schlecker wegen Bankrotts zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Seine Kinder erhalten Gefängnisstrafen.

    Über Jahrzehnte ging Schleckers Geschäftsmodell auch auf. In der Blüte eröffnete die Drogeriemarktkette im Schnitt drei Filialen am Tag – nicht selten auf dem Land. Schlecker setzte ganz auf Expansion. Doch der Handel änderte sich. Die Discounter stiegen in das Drogeriegeschäft ein. Konkurrenten wie DM, Rossmann, aber auch Müller gewannen an Marktanteilen, Schlecker konnte in den Jahren nach der Jahrtausendwende nicht mehr mithalten, er machte Verluste.

    Anton Schlecker senior galt als Geizhals

    Doch seine Strategie wollte Anton Schlecker offenbar nicht ändern. Wer den öffentlichkeitsscheuen Menschen verstehen will, muss vielleicht einen Blick in seine Kindheit werfen. Das Handelsblatt berichtet, dass sein Vater Anton Schlecker senior, der dem Sohn neben einer Fleisch- und einer Brotfabrik auch zwei Warenhäuser überließ, als Geizhals galt. Das Blatt schreibt, der Senior habe die einzelnen Schuhe eingesammelt, die in seinen Warenhäusern übrig blieben, wenn sich Kunden heimlich für den rechten und linken Fuß unterschiedliche Größen kauften – bis seine als warmherzig geschilderte Frau Paula eingeschritten sei und die Mitarbeiter angefleht habe, die Schuhe heimlich zu vernichten. Der 1,65 Meter kleine, von einem Hüftleiden geplagte Vater, der den Kindern „abgelaufene Süßigkeiten“ geschenkt habe, sei als „Glöckner von Ehingen“ verspottet worden.

    Prägender als seine Kindheit war für Anton Schlecker sicher die Entführung seiner Kinder 1987. Damals machte er von sich reden, weil es ihm gelungen war, die Lösegeldsumme deutlich herunterzuhandeln. Seine Kinder waren es auch, die zuletzt versuchten, mit einem moderneren Geschäftsmodell das Ruder herumzureißen. Zu spät.

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