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Korr-Inland: Hass und Hohn: Das bizarre Bekennervideo der Neonazis

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Hass und Hohn: Das bizarre Bekennervideo der Neonazis

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    Ein Screenshot zeigt einen Ausschnitt des Bekennervideos des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Foto: Der Spiegel dpa
    Ein Screenshot zeigt einen Ausschnitt des Bekennervideos des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Foto: Der Spiegel dpa

    Rosarot lächelnd führt die Trickfilmfigur Paulchen Panther 15 Minuten lang durch eine Art Show, in der die Ermordeten verhöhnt und präsentiert werden. Dem "Spiegel" liegt die DVD vor. Die Bilder sind tief verstörend, die Montage ist bizarr.

    Zu sehen sind Orte der Anschläge - ein Blumenladen, ein Döner-Imbiss, ein Gemüsehandel, ein Schneiderladen. Kerzengerade und leise lächelnd deutet der rosarote Panther immer wieder auf eine Tafel im glamourösen Scheinwerferlicht, sie verzeichnet eine Chronologie des Grauens. Pinkfarbene Blümchen markieren auf einer Landkarte Deutschlands die Orte der Morde.

    Umkränzt vom eher groben Strich der Zeichentrickserie aus den 60er Jahren sind die Fotos einkopiert, technisch eher aufwendig, in der Art der Erzählung dürftig und schlicht. Einige Bilder sind versehen mit Daten der Morde, andere mit Zeitungstiteln: "9. Türke erschossen", "Brutaler Mord am Döner-Stand". Mehrere Originalfolgen der sehr beliebten TV-Serie ("Wer hat an der Uhr gedreht?") wurden für das Video zusammengeschnitten. Der Originalton wurde beibehalten.

    Die Neonazis des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) zeigen nicht nur die Konterfeis der Opfer, sondern auch Fotos der Toten in ihrem Blut. Aus dem Leben gerissen, auf den Rücken gestürzt, auf der Seite liegend, in den Kopf geschossen. Auch über Behörden und Ermittler macht sich die Gruppe verächtlich. Auf den Hinterkopf eines vorbeilaufenden Polizisten feuert ein Revolver aus der Hand Paulchen Panthers aus nächster Nähe einen Schuss ab.

    "Keine Worte, sondern Taten" hat sich die Bande auf die Fahnen geschrieben, bezeichnet sich als "Netzwerk von Kameraden". Formulierungen im Peitschensound, wie aus Dolf Sternbergers Wörtbuch des Unmenschen: "Solange sich keine grundlegenden Änderungen in der Politik, Presse und Meinungsfreiheit vollziehen, werden die Aktivitäten weitergeführt."

    Die Realität: Am 9. Juni 2004 wurden 22 Menschen in der Kölner Keupstraße von einer Nagelbombe verletzt. Das Video: Mit "Bombenstimmung für die Keupstraße" ist eine gewaltige, knallrote Rakete beschrieben, die Paulchen Panther im Video auf dem Rücken trägt. Die Realität: Viele Türken leben in der Keupstraße. Das Video: Im schwarzen Hartschalenkoffer ruht, auf einem Bett silbriger Nägel, eine blaue Gaskartusche. Auf dem Foto einer Überwachungskamera schiebt ein Mann ein Fahrrad, auf dem Gepäckträger wölbt sich die schwarze Schale. Es ist einer der Täter.

    Als Logo haben sich die Neonazis eine krude Linie gegeben, aus der sich mit etwas Mühe die Buchstaben NSU lesen lassen. Viele Fragen sind nach diesem abseitigen Film offen: Belegt die Tatsache, dass immer wieder vier Paulchen-Panther-Köpfe auftauchen, die These eines Mordquartetts? Für welchen Anspruch steht der Pulli einer Cartoonfigur, auf dem das Logo der linksextremen RAF im nächsten Moment aufgeribbelt sein wird? Vermutlich wurde der Film schon 2007 produziert. An wen ist ein Bekennervideo adressiert, das bis zuletzt nicht breit gestreut wurde? (dpa)

    Ausschnitte des Videos bei "Spiegel Online"

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