Selten war die Erwartungshaltung an die deutsche Nationalmannschaft so hoch wie bei der WM 2014. Alles andere als der Titel würde in Fußball-Deutschland als Enttäuschung empfunden werden. In den vergangenen Jahren hat sich das Team den Favoriten-Status durch viele erfrischende Auftritte verdient.
Doch ausgerechnet im Jahr der Weltmeisterschaft plagen die Nationalmannschaft etliche Probleme.
Tor: Manuel Neuer ist einer der weltbesten Torhüter. Doch was passiert, wenn der Keeper des FC Bayern München ausfällt? Rene Adler plagt sich mal wieder mit Verletzungen herum. Zudem hat er in dieser Saison nicht an die Leistungen der vergangenen Saison angeknüpft. Marc-André ter Stegen ist der talentierteste deutsche Torwart nach Neuer. Allerdings hat er bei seinen drei Einsätzen in der Nationalmannschaft nicht überzeugt und kassierte dabei insgesamt 12 Gegentore. Ron-Robert Zieler stagniert in seiner Entwicklung und hat sich bei Hannover 96 schon lange nicht mehr in den Vordergrund gespielt. Fehlt noch Roman Weidenfeller. Er absolvierte im vergangenen Jahr sein erstes Länderspiel und hält in Dortmund seit langer Zeit auf einem hohen Niveau. Allerdings ist Weidenfeller von den hier aufgezählten Torhütern fußballerisch der schwächste. Die Spielweise der Nationalmannschaft ist aber auch darauf angelegt, dass der Torwart das Spiel mit aufbaut.
Wer kann Lahm vertreten?
Außenverteidiger: In Deutschland gibt es nur einen Weltklasse-Außenverteidiger - und der spielt auf einer anderen Position. Philipp Lahm wurde von Pep Guardiola ins zentrale Mittelfeld versetzt. Auch dort zeigt Lahm seine Klasse. In der Nationalmannschaft ist Lahm rechts hinten mangels Alternative eigentlich unverzichtbar. Auf der linken Seite spielt Marcel Schmelzer. Ihm wird allerdings von Löw nur aus Mangel an Alternativen vertraut. Mit der Besetzung Lahm/Schmelzer könnte man trotzdem guten Gewissens in einer WM starten. Fällt aber einer der beiden aus, hat Löw Probleme. Und bei Lahm schaut es derzeit ganz danach aus, als müsste er während des Turniers im Mittelfeld aushelfen.
Defensives Mittelfeld: Der Bereich, der Löw derzeit wohl am meisten Sorgen bereitet. Ilkay Gündogan fällt seit Anfang der Saison aus. Sein Comeback wurde schon mehrfach verschoben. Bastian Schweinsteiger fällt seit Anfang November aus. Wann er wieder komplett ins Mannschaftstraining einsteigt, ist offen. Sowohl Gündogan als auch Schweinsteiger können es selbstverständlich noch schaffen, bis zur WM fit zu werden und genug Spielpraxis zu sammeln. Bei Schweinsteiger hat man bei der vergangenen EM aber auch gesehen, was passiert, wenn er nicht komplett fit ist. Dann hilft er der Mannschaft nicht weiter. Mehr als fraglich ist, ob Sami Khedira bis zur WM in Form kommt. Er kuriert derzeit einen Kreuzbandriss aus. Hinter Khedira, Schweinsteiger und Gündogan klafft ein großes Loch. Bis auf Lahm ist kein adäquater Ersatz in Aussicht.
Kein Stürmer außer Gomez und Klose
Sturm: Miroslav Klose ist 35 Jahre alt, in dieser Saison verletzungsanfällig und derzeit nicht in Topform. Mario Gomez fällt seit Mitte September mit einem Innenbandriss im Knie aus. Ob die beiden - oder auch nur einer - bis zur WM in Form kommen, ist mehr als fraglich. Mit Mario Götze und Thomas Müller hat Löw zwei Alternativen für das Sturmzentrum. Es kann aber immer wieder zu Situationen kommen, in denen ein Stürmer klassischer Natur gefragt wäre.
Die Deutschen bleiben selbstverständlich trotz allen ein ernsthafter Kandidat auf den Titel. Das Übermaß an starken offensiven Mittelfeldspielern täuscht allerdings darüber hinweg, dass es in nahezu allen anderen Mannschaftsteilen Probleme gibt. Und auch für die deutsche Nationalmannschaft gilt die alte Weisheit: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Titel.