"So gehen die Gauchos, die Gauchos gehen so", sangen sechs Nationalspieler gestern beim Weltmeister-Empfang in Berlin. Dazu mimten sie die geknickten, niedergeschlagenen Argentinier. "So gehen die Deutschen, die Deutschen gehen so" sangen sie dann, aufrecht und fröhlich gehend.
Wenig später schon regte sich die erste Empörung. Arrogant, womöglich gar rassistisch sei der Freudentanz der deutschen Spieler gewesen, hieß es. Andere hielten entgegen: #Gauchogate, so der Begriff, der schnell in den sozialen Netzwerken geprägt wurde, sei schlicht ein Sturm im Wasserglas.
Wir haben Reaktionen und Pressestimmen gesammelt:
"Die Siegesfeier am Brandenburger Tor wird zum gigantischen Eigentor. Mit einer üblen Persiflage auf ihren Finalgegner verspielen die deutschen Weltmeister das Image der weltoffenen, toleranten Nation." Frankfurter Allgemeine
"Plötzlich war sie weg, die deutsche Bescheidenheit im Triumph. (...) Sie haben es nicht böse gemeint. Das ist wohl so. Aber sie haben bewiesen, dass es auch im Fußball nicht nur Trottel gibt, sondern auch Riesentrottel." Tagesspiegel
"Vor dem Anpfiff, im Spiel und nach dem Finale begegneten die Deutschen den Argentiniern mit großem Respekt, trösteten Messi und Co. nach dem Abpfiff sogar. Wertschätzung unter großen Sportsmännern. Der Jubel auf der Fanmeile in Berlin nach sieben Wochen höchster Anspannung nur ein harmloser Freuden-Gesang." Bild
"Der deutsche Gaucho-Dance war eine Schnapsidee. Die Nationalspieler werden kritisiert, weil sie bei der WM-Feier einen fragwürdigen Tanz aufführten. Tatsächlich war die Vorführung keine Glanzleistung. Man muss aber auch nicht übertreiben." Die Welt
Unser "Gauchogate" empört in Argentinien niemanden
"Deutschland, mach dich locker! Unser "Gauchogate" empört in Argentinien niemanden" Focus Online
"Das war jetzt nicht so nett: Im Partyfieber haben sich einige deutsche Nationalspieler über den unterlegenen Finalgegner Argentinien lustig gemacht. (...) Bei der WM in Brasilien hatten sich die deutschen Nationalspieler als gute Gewinner präsentiert und dafür weltweit Anerkennung erhalten. Offensichtlich scheinen der Weltmeistertitel und die anschließenden Feierlichkeiten einigen Profis jedoch nicht gut getan zu haben." Spiegel Online
"Man muss deshalb nicht gleich die Keule der Political Correctness schwingen, dieses Lied gehört in Fußball-Stadien zum Standard-Schmäh-Repertoire und wurde im Übrigen auch schon 2008 auf der Fanmeile aufgeführt ("So geht Ronaldooo"). Aber es ist zumindest interpretierbar - und das ist schade. Es passt jedenfalls nicht zu einer ansonsten angenehm selbstironischen Sause." Süddeutsche
"Mit dem Auftritt in Berlin vollzogen "Jogis Jungs" ihre Wandlung zu den neuen Botschaftern eines ganzen Landes. Der kleine tänzerische Seitenhieb der siegestrunkenen Fußballer gegen die Finalgegner aus Argentinien ist da nicht der Rede wert." RP Online
"Wer 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges die deutsche Nation durch vermeintliche Überlegenheit – und sei es auch nur spielerisch – wiederbeleben will, sollte lieber einen Blick in die darauffolgende Geschichte werfen, statt den Schmähgesang in deutschen Fußballstadien zu internationalisieren." Der Freitag