Das Gute zuerst. Deutschland hat in Brasilien das Viertelfinale erreicht. Nur wie? Nach einer quälenden ersten Spielhälfte, in die Lahm & Co. alles gepackt haben, was bei einer Weltmeisterschaft direkt ins Aus führt.
Trotzdem sind die Deutschen noch drin. Sie haben sich, wie schon gegen Ghana, an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Zur ständigen Wiederholung empfohlen sind solche Kraftakte allerdings nicht. Im Übrigen sehen sie selten schön aus und sorgen für verstörte Betrachter.
Man muss bei einer WM auch mal ein Tief durchschreiten
Was soll einer von dieser Truppe halten, die sich erst einmal Richtung Abgrund spielt, ehe sie sich, über dem Ende baumelnd, wieder zurückkämpft? Ist das der Weg, auf dem Weltmeister entstehen? Jene Art Alltagslegende, derzufolge diejenigen am längsten leben, die schon für tot erklärt wurden? Sicher nicht. Sieg gegen Algerien: Spieler erleichtert
Andererseits lehrt die WM-Geschichte, dass nur derjenige Weltmeister werden kann, der auch in der Lage ist, Tiefs hinter sich zu lassen. Geschichte, die sich in Brasilien wiederholt. Keiner der Titelanwärter hat bislang nicht auch Zweifel an seiner Eignung zum Weltmeister gestreut, schon gar nicht Brasilien selbst. Das ist das eine.
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Das andere: Es läuft derzeit bei den Deutschen einiges schief. Für Verletzungspech kann der Bundestrainer nichts. Für die durchhängende Form einzelner Spieler ist er bestenfalls beschränkt haftbar zu machen. Aufstellung und Strategie dagegen fallen vollständig in seine Verantwortung. Genau hier sind Löw, spätestens nach dem Algerien-Spiel, Fehlentscheidungen anzulasten.
Dass er Shkodran Mustafi, den er zunächst aus dem WM-Kader gestrichen, dann nachberufen hat, zum ersten Kandidaten auf den Ersatzdienst in der Viererkette befördert hat, versteht nur er selbst. Dass er an seiner einmal getroffen Entscheidung, Philipp Lahm ins Mittelfeld zu stellen, festgehalten hat, obwohl der Kapitän in keinem der drei Vorrundenspiele auf dieser Position überzeugt hat, war ein Fehler. Dem deutschen Fußball fehlen seit längerem Außenverteidiger von internationaler Klasse. Lahm repräsentiert auf dieser Position seit einem Jahrzehnt Weltklasse. Ihn an anderer Stelle aufzubieten ist unverständlich und fahrlässig. Fans zittern beim Krimi mit Überlänge
Das galoppierende Verletzungspech in der Viererkette hat dem Bundestrainer nun möglicherweise die freie Entscheidung aus der Hand genommen. Besser so als anders. Der Rest ist Geschmacksache. Dass dem deutschen Spiel der Glanz der letzten beiden Weltmeisterschaften fehlt, ist bedauerlich, aber zu verschmerzen. Erst der Inhalt, dann die Verpackung. Noch liegt die Mannschaft im Soll. Im Viertelfinale gegen Frankreich winkt das Haben. Wenn danach Raum und Zeit bleiben, dürfen Müller & Co. auch ein paar Schleifchen drehen.