Der neue Superstar Neymar führte die Seleção im letzten Vorrundenspiel zu einem umjubelten 4:1 (2:1) über Kamerun und damit als Gruppensieger ins Achtelfinale gegen Chile.
Vor 69 112 total begeisterten Zuschauern im Estádio Nacional von Brasília gelangen Neymar (17./35. Minute) seine Turniertore Nummer drei und vier. Sturmkollege Fred (49.) und Joker Fernandinho (84.) nährten die Hoffnung, dass beim WM-Gastgeber rechtzeitig zur K.o.-Runde der Knoten geplatzt sein könnte. Bundesliga-Profi Joel Matip (26.) hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich für die konzeptlosen Afrikaner erzielt, die damit ohne Punkte die Heimreise antreten müssen.
"Wichtigster Spieler? Das gibt es nicht. Die Mannschaft zählt. Jetzt können wir mit mehr Selbstvertrauen spielen", sagte der überragende Neymar nach der Partie bescheiden. "Wir haben sehr gut gespielt und unsere beste Leistung abgeliefert". Mitspieler Fernandinho war froh, "dass wir uns gesteigert haben und als Gruppensieger im Achtelfinale stehen. Das gibt Lust auf mehr", sagte er mit Blick aufs Chile-Spiel am Samstag in Belo Horizonte. Kamerun-Coach Finke stellte leicht frustriert fest: "Ich sage den Leuten in Kamerun, dass es gegen uns gelaufen ist. Es fehlte die Konzentration. Daher haben wir verloren."
Unter ohrenbetäubendem Lärm und Brasil-Brasil-Rufen begann das Match. Die Seleção-Kicker winkten sogleich wild Richtung Ränge, um die Fans mitzunehmen. Und entsprechend stürmisch begann das Team gegen die schon ausgeschiedenen "Löwen", bei denen der deutsche Trainer Volker Finke trotz der angekündigten Umstellungen den Schalker Matip und Eric Maxim Choupo-Moting wieder in der Startformation aufbot. Bei der ersten vielversprechenden Aktion des Mannes aus Mainz rettete David Luiz (12.). Dann ging es wieder in die andere Richtung. Und wie!
Erst hatte Allam Nyom Glück, dass er nicht Gelb sah, denn er schubste Neymar Richtung Fotografen (15.). Dann rächte sich der Superstar auf seine Weise. Eine tolle Flanke des Wolfsburgers Luiz Gustavo lenkte er zum 100. Tor des WM-Turniers in die Maschen. Bei Coach Luiz Felipe Scolari entlud sich die ganze Anspannung der Vortage - und im zum Tollhaus gewordenen Stadion sangen sie: "Der Meister ist wieder da!"
Der Favorit stürmte weiter munter drauflos - und wurde geschockt. Nyom narrte Dani Alves, David Luiz passte in der Mitte nicht auf und Matip, der unmittelbar zuvor schon an einem Lattenkopfball beteiligt war, staubte zum ersten Tor für Kamerun dieser WM ab. Die Gastgeber reagierten verunsichert, aber sie haben ja Neymar: Während seine Sturmpartner Hulk, Fred und Oscar noch nicht groß auffielen, machte der Jungstar wieder den Unterschied aus. Mit seinem Treffer von der Strafraumgrenze schoss er sich an die Spitze der WM-Torjägerliste. Gegenspieler Nyom wirkt nicht nur in der Szene total überfordert.
"Um Weltmeister zu werden, ist das viel zu wenig, sagte der frühere Bundesliga-Torjäger und ARD-Experte Giovane Elber der dpa zur Pause. "Aber Neymar ist ein Super-Fußballer. Er ist der einzige bei den Brasilianern, der richtig locker ist."
Nach dem Wechsel hatte Fred (47.) die Vorentscheidung auf dem Fuß, doch Keeper Charles Itandje wehrte seinen Schluss glänzend. Zwei Minuten später machte es der bisher glücklose Stürmer besser, als er Luiz' Flanke aus allerdings abseitsverdächtiger Position einköpfte. Coach Scolari, der dem Angreifer stets großes Vertrauen entgegen gebracht hat, streckte vor lauter Erleichterung die Zunge raus.
Nach 71 Minuten war für den überragenden Neymar der Arbeitstag beendet, Beifall brandete auf, als er für Willian Platz machte. Doch sein einmal in Schwung gekommenes Team hörte trotzdem nicht mit dem Toreschießen auf. Der eingewechselte Fernandinho schloss eine sehenswerte Kombination mit dem vierten Treffer ab und machte die Feierstimmung bei den Anhängern der Seleção perfekt. Allein an der Copacabana feierten Zehntausende mit Samba-Rhythmen und Böllern. (dpa)