Der, um den es eigentlich gehen sollte, war nicht da. Paul Biedermann. Als erstes Finale der Europameisterschaft im umgebauten Velodrom von Berlin standen gestern Abend 400 Meter Freistil auf dem Programm. Eben jene Strecke, über die Biedermann immer noch den Weltrekord hält. Ein Rekord aus der Ära der Plastik-Anzüge, die seit 2010 verboten sind. Im Vorlauf gestern Vormittag war Biedermann über zehn Sekunden langsamer als in seinem Weltrekord-Rennen, das ihm 2009 in Rom den Weltmeistertitel bescherte. Gestern schlug er nach 3:50,42 Minuten an. Platz neun. Acht Schwimmer dürfen im Finale ran.
Als Biedermann klar wurde, dass er nicht mehr zu den acht Schnellsten Europas über seine Lieblingsstrecke gehört, verließ er fluchtartig die Halle und ohne weiteren Kommentar. „Ich bin selber schuld, habe das Rennen falsch eingeschätzt“, schrieb er später per SMS an einen Sprecher des Deutschen Schwimmverbandes. Der verlas die Nachricht den Journalisten. Zweiter Teil der Biedermannschen Botschaft: „Ich konzentriere mich nun auf mein 200 Meter Freistil-Rennen am Dienstag.“ Dann dürfte auch die Frage beantwortet werden, in welcher Verfassung Biedermann tatsächlich ist. Die EM ist nach langer Krankheitspause sein erster internationaler Langbahn-Wettkampf seit Olympia 2012. Zweieinhalb Wochen Krankheit in der EM-Vorbereitung liegen zudem hinter dem 28-Jährigen. Gut möglich, dass ihm deshalb die kürzeren Strecken eher liegen.
Schwimm-EM: Heute Medaillenchancen für das deutsche Team
Besser als Biedermann machte es gestern übrigens einer seiner eher unbekannten Team-Kollegen: Clemens Rapp. Der zog als Vierter ins Finale über 400 Meter Freistil ein und wurde dort Fünfter. Es gewann der Serbe Velimir Stjepanovic, der sein Heil in der Offensive suchte und auf den ersten 100 Metern wie die Feuerwehr loslegte. Sein Mut wurde mit Gold belohnt. Gegen die 3:45,66 Minuten von Stjepanovic hätte Biedermann auch in einer Top-Verfassung wohl kaum ein Gegenmittel gefunden. Für das Highlight des gestrigen Tages sorgte die Ungarin Katinka Hosszu. Über 400 Meter Lagen verpasste sie in einem einsamen Rennen ihren eigenen Europarekord in 4:31,03 Minuten nur um sieben Zehntel.
Heute könnte es dann auch für die deutschen Schwimmer die ersten Medaillen in den Beckenwettbewerben geben. Die beiden Rückenschwimmer Jan-Philipp Glania und Christian Diener zogen als Dritter und Fünfter ins Finale über 100 Meter Rücken ein. Ebenfalls im Endlauf stehen Jenny Mensing und Lisa Graf über die doppelte Distanz. Die Rückenschwimmerinnen gehören als Vierte und Fünfte der Halbfinals zu den Medaillenkandidatinnen. Ebenso wie Steffen Deibler. Der Sprinter legte die 50 Meter Schmetterling in 23,41 Sekunden zurück und zog als Dritter ins heutige Finale ein.