Erst schaute er ungläubig, dann löste sich die Anspannung von Dimitrij Ovtcharov in einem Schrei. Als zweiter deutscher Tischtennisspieler gewann der 23-Jährige am Donnerstag in London eine olympische Einzelmedaille. In einer dramatischen Partie besiegte der Angriffsspieler vom russischen Club Fakel Orenburg im Spiel um Platz drei Chuang Chih-Yuan aus Taiwan in sechs Sätzen mit 12:10, 9:11, 8:11, 13:11, 11:5, 14:12. "Ich kann es wirklich nicht glauben", sagte Ovtcharov. "Ich habe so oft zurückgelegen und hatte so viele Chancen. Und dann war es vorbei."
Roßkopf war erster Gratulant
Olympia oder Olympiade? Fakten zu den Spielen
Olympia oder Olympiade? Wo ist der Unterschied? Olympia ist die Abkürzung für die Olympischen Spiele. Also der Zeitraum der Wettkämpfe, von der Eröffnungsfeier bis zum Ende der Spiele.
Eine Olympiade bezeichnet dagegen den Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen. Die Olympiade beginnt somit mit dem Ende der Olympischen Spiele und dauert dann vier Jahre bis zur Eröffnung der nächsten Spiele.
Das bekannteste Symbol der Olympischen Spiele sind die fünf verschiedenfarbigen, verschlungenen Ringen auf weißem Feld. Die sechs Farben Weiß, Rot, Blau, Grün, Gelb und Schwarz wurden gewählt, weil die Flagge jedes Landes der Welt mindestens eine dieser Farben aufweist. Die fünf Ringe stehen außerdem für die fünf Kontinente.
Ein Olympionike (griech.: nike = Sieg) steht ursprünglich für einen Sieger bei den Olympischen Spielen...
... im heutigen Sprachgebrauch werden aber oft auch alle teilnehmenden Sportler als Olympionike bezeichnet. Genau genommen sind das aber einfach nur Olympiateilnehmer.
Das offizielle Motto der Olympischen Bewegung lautet citius, altius, fortius (Latein für „schneller, höher, stärker“).
Erster Gratulant der Nummer zwölf der Weltrangliste war Bundestrainer Jörg Roßkopf, der 1996 in Atlanta ebenfalls die Bronzeplakette geholt hatte. "Ich habe noch viel Zeit. Vielleicht kann ich ihn noch übertrumpfen", meinte Ovtcharov lächelnd. Vor vier Jahren hatte er immerhin Silber mit den DTTB-Herren in Peking geholt.
Anerkennung für Ovtcharov gab es von seinem Freund Timo Boll, der von der Zuschauertribüne aus mitfieberte. "Das ist großartig für Dima und die ganze Sportart. Chuang hatte das Spiel im Griff, aber Dima die besseren Nerven", sagte der Düsseldorfer, der die von ihm angestrebte Medaille durch das Aus im Achtelfinale verpasst hatte.
Wenige Stunden vor dem Bronze-Match hatte Ovtcharov im Halbfinale gegen Weltmeister Zhang Jike (China) noch Lehrgeld gezahlt. Doch er steckte die 1:4-Pleite gegen den Top-Favoriten gut weg und bewies Nervenstärke. Immer wieder holte er gegen Chuang Rückstände auf und wehrte insgesamt 13 Satzbälle ab.
Ovtcharov nur auf sich fokussiert
"Ich war noch nie so gut auf ein Turnier vorbereitet", sagte der willensstarke Spieler, der immer die Einzel-Medaille als persönliches Ziel ausgegeben hatte. Vom frühen Aus seines Kollegen Boll ließ er sich nicht schocken. "Ich bin nur auf mich fokussiert", sagte "Dima".
Die erfolgreichsten Teilnehmer an den Olympischen Sommerspielen
Michael Phelps: Der Amerikaner gewann zwischen 2004 und 2012 insgesamt 18 Goldmedaillen im Schwimmen
Larissa Latynina: Die Russin holte zwischen 1956 und 1964 neun Goldmedaillen im Kunstturnen.
Paavo Nurmi: Der finnische Läufer holte bei den Spielen zwischen 1920 und 1928 neuen Goldmedaillen
Mark Spitz: Mit neun Goldmedaillen 1968 und 1972 ist er der zweiterfolgreichste Schwimmer der USA hinter Phelps.
Carl Lewis: Der Leichtathlet holte sich zwischen 1984 und 1992 neun Goldmedaillen in den Sprintwettbewerben und im Weitsprung.
Birgit Fischer: Mit acht Goldmedaillen zwischen 1980 und 2004 ist die Kanusportlerin die erfolgreichste deutsche Olympionikin. Eine noch bessere Bilanz verhinderte der Olympia-Boykott der DDR 1984
Sawao Katō: Die japanische Kunstturniern holte zwischen 1968 bis 1976 acht Goldmedaillen
Jenny Thompson: Nach Phelps und Spitz wieder ein Schwimmer. Diesmal ein weiblicher. Die Amerikanerin holte zwischen 1992 und 2000 acht Goldmedaillen - alle in Staffelwettbewerben.
Matt Biondi: Und wieder ein US-amerikanischer Schwimmer. Auch Biondi holte acht Goldmedaillen zwischen1984 und 1992.
Er wurde in Kiew geboren und zog im Alter von vier Jahren mit seinen Eltern nach Tündern bei Hameln. Sein Vater Mikhail, ein früherer sowjetischer Nationalspieler, war sein erster Trainer. Er ist bei vielen Turnieren dabei und auch heute noch eine Art Heimtrainer. "Diesmal haben wir die Variante ohne meinen Vater gewählt", berichtete Ovtcharov, der erst am Freitag Familie und Freundin in London erwartet.
Vater Mikhail und Mutter Tatiana drückten im heimischen Tündern die Daumen. Auf einen kurzfristigen London-Trip nach dem Einzug in das Halbfinale hatte der Vater verzichtet. "Das hat doch bisher sehr gut funktioniert. Daran sollten wir also nichts ändern", sagte der Vater.
Boll soll trotzdem der Leader bleiben
Ovtcharov, der sein Geld beim russischen Verein Fakel Orenburg verdient, hatte sich wie immer gewissenhaft und mit Akribie auf den anstrengenden Finaltag vorbereitet. Er führt Buch über jeden Gegner. Für seine zweite Medaille verließ er sogar das olympische Dorf. Am Mittwochabend quartierte er sich für eine Nacht in einem Hotelzimmer in der Nähe der ExCeL-Arena ein. Und diese Maßnahme verfehlte die erhoffte Wirkung nicht.
"Das Abhaken des ersten Spiels und dann wieder bei Null anfangen, das ist purer Stress. Ich kenne das aus eigener Erfahrung", erklärte Bundestrainer Roßkopf. Im Mannschafts-Wettbewerb, der bereits an diesem Freitag (20 Uhr) mit dem Spiel gegen Schweden beginnt, soll trotz Ovtcharovs Triumph Boll weiterhin der Team-Leader bleiben. "Ich mache mir keine Gedanken über eine Wachablösung. Das braucht sehr viel Zeit", erklärte der Coach. "Es liegt viel Erfahrung zwischen beiden. Dima ist einfach jünger."