Berlin (dpa) - Nach dem Ende der internen DFB-Ermittlungen wird möglicherweise eine Gerichtsverhandlung mehr Licht in den Fall Manfred Amerell bringen. Das Landgericht München I wird einem Zeitungsbericht zufolge eine mündliche Verhandlung anberaumen.
Laut der Kanzlei, die Amerell vertritt, soll der Termin bereits Anfang März stattfinden. Dies bestätigte Amerells Anwalt Jürgen Langer am Freitagabend der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Das ist korrekt", sagte er. Der ehemalige Schiedsrichter und DFB-Funktionär Amerell soll mindestens einen Referee sexuell belästigt haben. Er bestreitet alle Vorwürfe. Seine Verbandsämter hat Amerell niedergelegt. "Im Wesentlichen wird es um die Prüfung der Frage gehen, ob Herr Amerell, wie vom DFB behauptet, in der Vergangenheit mehrere Personen bedrängt und/oder belästigt hat und ob es zu den behaupteten Übergriffen gekommen ist", sagte Langer der "Süddeutschen Zeitung".
Die Inhalte der verbandsinternen Anhörungen könnten nun öffentlich verhandelt werden, nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Amerell und seinem Anwalt keine Akteneinsicht gewährt hatte. Langer habe erklärt, dass DFB-Präsident Theo Zwanziger auf die Möglichkeit des Klagewegs verwiesen habe, berichtete die Zeitung.
Indes gibt es im Fall Amerell laut Zwanziger mehr Betroffene als bisher vermutet. "Die kolportierte Zahl von vier Betroffenen ist falsch. Es sind mehr", sagte der DFB-Chef den Zeitungen "Die Welt" und "Hamburger Abendblatt".
Schiedsrichter Michael Kempter, der die Angelegenheit ins Rollen gebracht hatte, soll im März erstmals wieder pfeifen. Dies kündigte der Vorsitzende des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses, Volker Roth, an. Roth sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Freitag, er plane die Rückkehr von Kempter bis Mitte des kommenden Monats. Der 27-Jährige solle zunächst in der 2. Bundesliga ein Spiel leiten.
Zwanziger sprach sich erneut für ein schnelles Comeback von Kempter aus und forderte die Fans zu einem fairen und respektvollen Umgang auf. Der DFB-Präsident bezeichnete es als "spannend", wie die Zuschauer in den Stadien auf die Rückkehr reagieren und sagte: "Die Fans können zeigen, ob sie so sind, wie sie beim Tod von Robert Enke waren, oder doch ganz anders. Es gibt ja eine Menge schwuler Fanclubs, die nun die Chance haben, auf ihre Minderheitensituation aufmerksam zu machen und dafür zu kämpfen, in den Fußballstadien anerkannt zu werden." Zwanziger rechnet nicht mit einer Welle von Outings, bot aber für diesen Fall jedem die Hilfe des DFB an.
Der Verbandschef zeigte sich besorgt über Amerells Lage, meinte jedoch: "Es kann nicht jeder, der Suizidgedanken äußert, plötzlich als Opfer gelten, und wir stellen dann unsere Ermittlungen ein. Für ihn wären jetzt gute Freunde wichtig, die ihn richtig beraten und ihn zur Einsicht und zur Bereitschaft bringen, die Wahrheit einzuräumen."
Zwanziger hatte den Fall für den DFB nach einer Untersuchung für erledigt erklärt. Bei einem sofortigen Rücktritt von Amerell wäre es nach Angaben des DFB-Chefs nicht zu den Ermittlungen gekommen. In diesem Fall hätte der DFB aber "nicht Erkenntnisse in dieser Tiefe, wie wir sie jetzt haben, erlangt", sagte Zwanziger und kündigte mehr Transparenz sowie einen häufigeren Wechsel der Referee-Beobachter an.
Eine Eingliederung der Bundesliga-Schiedsrichter in die Deutsche Fußball Liga (DFL) lehnte Zwanziger ab. Laut der internationalen Vorgaben unterliege das Schiedsrichterwesen den nationalen Verbänden. "Und wer gibt mir denn die Garantie, dass alles besser läuft, nur weil jetzt die DFL zuständig sein sollte?", fragte Zwanziger. Allerdings sagte er der DFL bei Reformen eine enge Zusammenarbeit zu.