Der Wechsel des Spaniers Javi Martinez zum FC Bayern steht nach Einschätzung der Münchner Fußball-Bosse auf der Kippe. Und das, obwohl der Rekordmeister bereit ist, die geforderte Ablöse von rund 40 Millionen Euro an den Athletic Bilbao zu zahlen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Causa Martínez:
Die Bayern wollen zahlen. Woran hakt es beim Wechsel überhaupt?
An der spanischen Hartnäckigkeit. Athletic Bilbao hat von Anfang an klar gemacht, seinen 23 Jahre alten Nationalspieler nicht ziehen lassen zu wollen. Normalerweise enthalten die Spielerverträge in Spanien eine Freikauf-Klausel. Darin ist die Summe festgehalten, für die ein Profi aus seinem Vertrag aussteigen kann. Bei Martínez beträgt diese Summe rund 40 Millionen Euro. Bei vielen Transfers verhandeln die Vereine und einigen sich auf eine Ablöse, die darunter liegt - im Fall Martínez aber will Bilbao einfach nicht nachgeben.
Kann sich Martínez selbst freikaufen?
Ja, ein Spieler kann sich bei seinem Verein auslösen. Bilbao besteht aber darauf, dass Martínez den Scheck über die festgeschriebenen 40 Millionen Euro beim Ligaverband LFP hinterlegt. Und dahinter verbirgt sich die Sorge der Bayern-Bosse: Durch das schwer einzuschätzende spanische Steuerrecht könnten weitere Millionenkosten auf die Münchner zukommen. Durch einen solchen Deal entstehe "möglicherweise ein steuerliches Problem", sagt auch Präsident Uli Hoeneß. Ein solches Risiko könne der Verein "sicherlich nicht eingehen".
Welche Rolle kann das spanische Steuerrecht spielen?
Bei einem reinen Transfergeschäft zwischen den Clubs wohl keine. Sollte der Spieler selbst das Geld beim LFP hinterlegen schon - da ist die Rechtsprechung nicht eindeutig. "Selbst in Spanien ist das Steuerrecht schwer zu durchschauen und daher auch umstritten", sagte eine Sprecherin des Bundes der Steuerzahler Berlin.
Bundesliga: Höhepunkte seit 2000
18. Dezember 2000: In Frankfurt am Main wird der Ligaverband gegründet, dem alle Vereine der beiden höchsten Spielklassen angehören. Ab Mai 2001 übernimmt die Deutsche Fußball Liga (DFL) als hundertprozentige Tochter Spielbetrieb, Lizenzierung und Vermarktung.
6. April 2001: Premiere in der Bundesliga: Im Spiel gegen den VfL Wolfsburg laufen für den FC Energie Cottbus ausschließlich ausländische Fußballer auf.
19. Mai 2001: An einem dramatischen letzten Spieltag ist Schalke nach einem 5:3-Erfolg gegen die SpVgg Unterhaching scheinbar deutscher Meister. Fans, Spieler und Trainer jubeln bereits auf dem Feld - doch in der Nachspielzeit der noch laufenden Partie zwischen dem HSV und Bayern München jagt Patrik Andersson den Ball zum 1:1 ins HSV-Tor. Er sichert mit seinem einzigen Saisontor seinem Team einen Punkt Vorsprung und die Meisterschale.
10. November 2009: Hannover-96-Keeper Robert Enke nimmt sich im Alter von 32 Jahren das Leben. An der Trauerfeier für den achtmaligen Nationaltorhüter nehmen fünf Tage später 40 000 Menschen teil.
5. Mai 2012: Mit Saisonabschluss auf dem 15. Tabellenplatz bleibt der Hamburger SV erstklassig. Er ist der einzige Verein, der bis heute alle Spielzeiten in der Bundesliga mitgekickt hat. (dpa)
Bei einem Direkttransfer von Verein A zu Verein B müssen nach Angaben des Sportblatts "Marca" in Spanien keine Steuern gezahlt werden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf den Ligaverband. Einkommensteuer werde nur von Personen erhoben. Das könnte passieren, wenn Martinez die 40 Millionen Euro erst von den Bayern überwiesen bekommt, um sie dann selber zu hinterlegen.
Wie reagieren die Bayern darauf?
Beim Rekordmeister sind die Vereinsoberen ziemlich überrascht von der baskischen "Sturheit" (Hoeneß). Clubboss Rummenigge betonte dieser Tage, die Causa Martinez an die Juristen weitergegeben zu haben. Aus Hoeneß-Sicht gibt es aber nur eine Lösung - nämlich, "dass Bilbao eine Rechnung an Bayern München stellt. Damit haben wir einen Transfervertrag. Und wenn es den nicht gibt, wird es schwierig, den Transfer zu realisieren".
Warum stimmt Bilbao dem Transfer nicht einfach zu und freut sich über Mehreinnahmen von 40 Millionen Euro?
Der Club ist im Gegensatz zu den meisten anderen Vereinen der Primera División keine Aktiengesellschaft, sondern ein Sportverein, der den Mitgliedern gehört. Das gilt außer für Bilbao sonst nur für Real Madrid und den FC Barcelona. Bei Athletic besteht zudem eine ganz enge Bindung mit den Fans und der gesamten Region. Der Club nimmt grundsätzlich nur Spieler aus dem Baskenland und den Nachbarregionen unter Vertrag. Spieler, die den Verein verlassen, werden von den Fans nicht selten als Verräter betrachtet.
Was will Bilbaos Führung durch ihr Verhalten signalisieren?
Für die Vereinschefs ist es außerordentlich wichtig, deutlich zu machen, dass die Wechselabsicht von Martínez ausgeht. "So lange der Spieler bei uns noch einen Vertrag hat, bleibt er", betont Präsident Josu Urrutia.
Der FC Bayern München in Zahlen
Stadion: Münchner Arena (71.000 Plätze)
Trainer: Jupp Heynckes
Bisher teuerster Spieler des FC Bayern ist Javier Martinez. Für ihn wurden 40 Millionen Euro berappt.
Liga-Platzierung der vorigen Saison: Zweiter Platz
Aktuelle Position in der UEFA Klubrangliste: 4
Nationale Erfolge: 23 Mal Deutscher Meister (1932, 1969, 1972 bis 1974, 1980, 1981, 1985 bis 1987, 1989, 1990, 1994, 1997, 1999 bis 2001, 2003, 2005, 2006, 2008 und 2010), 15 Mal Pokalsieger (1957, 1966, 1967, 1969, 1971, 1982, 1984, 1986, 1998, 2000, 2003, 2005, 2006, 2008, 2010 und 2013).
Internationale Erfolge: Dreimal Europapokalsieger der Landesmeister (1974 bis 1976), Champions-League-Sieger 2001, UEFA-Pokalsieger 1996, zweimal Weltpokalsieger (1976 und 2001).
Die letzten elf Jahre in der Champions League: 2001/02: Viertelfinale, 2002/03: erste Gruppenphase, 2003/04: Achtelfinale, 2004/05: Viertelfinale, 2005/06: Achtelfinale, 2006/07: Viertelfinale, 2007/08: nicht teilgenommen, 2008/09: Viertelfinale, 2009/10: Finale, 2010/11: Achtelfinale. 2011/2012: Finale.
Ein Indiz für die besondere Atmosphäre: Athletic-Trainer Marcelo Bielsa hat Martinez und den ebenfalls abwanderungswilligen Torjäger Fernando Llorente gefragt, ob sie den Verein vielleicht wegen ihm verlassen wollen. Die Antwort sei eindeutig "nein" gewesen, berichtete der Coach. Wenn sie mit "ja" geantwortet hätten, hätte er sein Amt niedergelegt. "Dann hätte ich alle Konsequenzen gezogen." dpa