Wer Paul Verhaegh, 29, derzeit in Aktion sehen will, muss etwas früher in die SGL-Arena kommen. Vor jedem Heimspiel des Fußball-Bundesligisten läuft ein kleiner Clip auf den beiden Videoleinwänden im Stadion. Darin jongliert der Kapitän einen Fußball in einem Wohnwagen und macht damit Werbung für den Hauptsponsor.
Verhaegh hat dieses Video vor der Partie gegen den FC Bayern auch gesehen. Er humpelt derzeit früher zu seinem Sitzplatz auf der Haupttribüne. Mit der Schiene am rechten Bein und den Krücken braucht er etwas länger. Mitte Oktober hatte er sich kurz vor Schluss beim 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg eine schwere Verletzung am rechten Sprunggelenk zugezogen. Er musste operiert werden. „Das Innenband und alle Außenbänder waren gerissen und ich habe einen Knorpelschaden“, erzählt Verhaegh.
Niederschmetternde Diagnose
Eine niederschmetternde Diagnose – für Verhaegh, aber auch für Trainer Markus Weinzierl. Seitdem gleicht die rechte Abwehrseite einer Baustelle. Die Suche nach einem adäquaten Verhaegh-Ersatz zeigt eindrücklich, wie an Weinzierl das Verletzungspech klebt.
Ersatz Nummer eins, Dominik Reinhardt, fiel nach einem Spiel mit einer Zehenverletzung aus und läuft seitdem auf Krücken. Die zweite Alternative, Neuzugang Ronny Philp, braucht nach seiner langwierigen Verletzung Zeit und Spielpraxis.
Deswegen will sich Philp in der Winterpause wieder zum SSV Jahn Regensburg (von dort kam er zum FCA) zurückverleihen lassen, um in der Rückrunde Spielpraxis zu sammeln. „Die Überlegungen gibt es. Aber es ist noch nichts entschieden“, bestätigt Manager Jürgen Rollmann. Der ist derzeit fieberhaft auf der Suche nach einem Verhaegh-Ersatz. Denn auch die Versuche mit Jan-Ingwer Callsen-Bracker und Kevin Vogt als Verhaegh-Double verliehen der Viererkette keine große Stabilität.
Verhaegh wird so schnell nicht zurückkommen
Der Kapitän fehlt an allen Ecken und Enden. Das Spiel in Nürnberg war das bis dato letzte ohne Gegentreffer. Und Verhaegh wird so schnell nicht zurückkommen. „Ich hoffe, dass ich nächste Woche die Schiene wegbekomme.“ Gerade die Knorpelverletzung erfordert von ihm viel Geduld: „Ich muss mir die Zeit geben, dass alles heilt. Es dauert halt.“ Verhaegh hofft, dass er Ende März wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann.
Nicht nur sportlich hat Verhaegh eine große Lücke hinterlassen. Der Kapitän fehlt auch als Führungsspieler. Davon hat der FCA nicht viele. Torhüter Simon Jentzsch wäre so einer, doch auch der Ersatzkapitän ist verletzt.
Verhaegh bleibt nichts anderes übrig, als auf der Tribüne die Daumen zu drücken. „In dieser Phase ist es ganz schlimm, wenn man den Jungs auf dem Platz nicht helfen kann.“ Auch neben dem Platz fällt es dem Kapitän derzeit schwer, das Team auf Kurs zu halten. Er ist eben nicht mehr mittendrin. Zwar geht er vor jedem Spiel in die Kabine, doch was während des Trainings oder danach abläuft, bekommt er zurzeit nicht mit. Er hat sein eigenes Reha-Programm von Montag bis Freitag.
Am Samstag ist Kellerduell
Viel wichtiger als Worte, dies weiß auch Verhaegh, sind Punkte. Darum hofft er auf einen Erfolg am Samstag (15.30 Uhr) im Kellerduell bei der SpVgg Greuther Fürth. Vorletzter gegen Letzter – für Verhaegh gibt es nur ein Ziel: „Wir müssen voll auf Sieg spielen und das Spiel gewinnen. Dann ist zumindest Platz 16 weiter in Sicht und dann ist in der Rückrunde alles möglich.“
Ein Erfolg wäre auch für Trainer Weinzierl enorm wichtig. Die ganze Trainerdiskussion versteht Verhaegh nicht: „Natürlich hat er nie in der Bundesliga gearbeitet. Er ist erst 37 Jahre und kommt aus der 3. Liga. Aber er macht einen guten Eindruck auf mich. Er ist motiviert, versucht die Mannschaft jedes Mal auf den Gegner neu einzustellen.“ FCA entsetzt: Kapitän Verhaegh fällt aus
Trotzdem ist dem Niederländer klar, dass in der jetzigen Situation nur Punkte zählen: „Dass der Abstand immer größer wird, geht jetzt schon langsam in den Kopf rein. Das muss raus. Darum müssen wir in Fürth gewinnen. Und nach der Winterpause sind die meisten wieder fit, dann müssen wir gut anfangen mit dem Düsseldorf-Spiel.“
Verhaegh hofft auf eine Rückrunde wie in der vergangenen Saison. Sein Vertrag läuft am Ende der Saison aus. Eines ist für ihn klar: „Ich will unbedingt weiter in der ersten Liga spielen. Es ist mein Ziel, auf dem höchstmöglichen Niveau zu spielen. Am liebsten mit dem FCA.“
Ein erstes Angebot von FCA-Seiten hat es schon gegeben. Doch beide Seiten lassen die Vertragsverhandlungen erst einmal ruhen. Bis Verhaegh wieder am Ball ist.