Wenn Stefan Reuter ungefragt auf dem Podium einer FCA-Pressekonferenz erscheint, trägt sich beim FC Augsburg Außergewöhnliches zu. Am frühen Donnerstagnachmittag ist das der Fall. Und so erörtert der Geschäftsführer Sport, dass Raúl Bobadilla den Fußball-Bundesligisten verlassen und sich Borussia Mönchengladbach anschließen wird. Das Überraschungsmoment ist auf Reuters Seite. Am späten Nachmittag präsentiert sich Bobadilla bereits im Borussia-Park, grinst in die Kamera und hält ein weiß-schwarzes Trikot mit der Nummer 26 in Händen. Zwischen zwei und drei Millionen Euro Ablöse sollen den Gladbachern die Dienste des bulligen Angreifers wert sein. Sie wissen, wen sie geholt haben: Bereits von Sommer 2009 bis Januar 2012 trug er ihr Trikot.
Dass FCA-Sportchef Reuter ungewohnt offen mit dieser Personalie umgeht, begründet er damit, dass es sonst „sehr kompliziert“ geworden wäre, mit dem Thema umzugehen. Am Samstag tritt der FCA in seinem Bundesliga-Auftaktspiel beim Hamburger SV an (15.30 Uhr). Der Verantwortliche will sich wohl Fragen ersparen, warum dieser oder jener Profi nicht im Kader gewesen ist.
Bobadilla hatte seinen Vertrag beim FC Augsburg erst bis 2020 verlängert
Nach dem Pokalspiel in Magdeburg hatten gegensätzliche Aussagen im Zusammenhang mit dem zum Hamburger SV wechselwilligen Konstantinos Stafylidis für Irritationen gesorgt. Während der FCA erklärt hatte, der griechische Abwehrspieler sei nicht fit, hatte der 23-Jährige über das soziale Netzwerk Instagram verkündet, er erfreue sich bester Gesundheit und verfolge vor dem Fernseher die Pokal-Begegnung seiner Mitspieler.
In der Causa Bobadilla sorgt der FCA präventiv für Klarheit. Reuter begründet den Verkauf mit dem Wunsch des Stürmers, Augsburg verlassen zu dürfen. Der Spieler wollte „mit neuer Motivation nochmals etwas angehen“. Dem Verein sei dieser Schritt schwergefallen, weil Bobadilla in Topform jeder Mannschaft weiterhelfen könne, meint Reuter.
Erst im Frühjahr hatte der FCA Bobadillas Vertrag bis Sommer 2020 verlängert. Reuter rechtfertigt: Dass Spieler den FCA verlassen, sei Teil der Augsburger Vereinspolitik, Wie der Bundesligist den Abgang kompensieren will? Reuter verweist auf den Kader, auf die vorhandenen Spieler, die sein volles Vertrauen genießen würden. Neuzugänge schließt er aber nicht aus.
Zum Schluss war Raúl Bobadilla immer öfter Einwechselspieler
Bobadilla hatte sich vor vier Jahren dem FCA angeschlossen, in 105 Spielen erzielte er 29 Tore. Seit seinen Auftritten im Europapokal galt er als Publikumsliebling und Identifikationsfigur, mit Sprechchören feierten ihn die Fans auf den Rängen. Abwehrspieler fürchteten den Muskelmann wegen seiner teils groben Art Fußball zu spielen. Als ihn in der vergangenen Saison wiederholt Verletzungen zurückwarfen, verlor er seinen Stammplatz. In der Endphase der Bundesligarunde kam er über den Status eines Einwechselspielers nicht mehr hinaus, statt seiner stürmte der Isländer Alfred Finnbogason. Das trug nicht unbedingt zur guten Stimmung Bobadillas bei, der ohnehin als launisch galt.
Die FCA-Verantwortlichen wussten, dass sie es mit einem schwierigen Charakter zu tun haben, einem Typen mit Ecken und Kanten. Sie sorgten für Bobadillas Wohlbefinden und hofften, dass dieser mit Toren zurückzahlen würde. Als der Argentinier sich im Mai 2014 wegen eines schweren Verkehrsdelikts vor einem Schweizer Gericht verantworten musste, stand ihm eine Augsburger Vereinsdelegation bei; als Bobadilla Ende November 2014 am Rande des Augsburger Presseballs in ein Handgemenge verwickelt war, stärkte der FCA dem auffällig tätowierten Kicker erneut den Rücken.
Bobadilla ist nicht der Erste, der den FC Augsburg verlässt
Zuletzt war wiederholt über einen Abgang des Südamerikaners spekuliert worden. Teils hatte Bobadilla selbst über einen Abschied aus Augsburg gesprochen. Reuter wirkt wenig glücklich, dass Bobadillas künftiger Klub in der eigenen Liga konkurriert. Angebote aus dem Ausland seien aber „nicht konkret“ und „belastbar“ gewesen.
Vor Bobadilla haben unter anderem Dominik Kohr, Halil Altintop und Paul Verhaegh den FCA verlassen. Die Bundesligamannschaft bekommt ein anderes Gesicht, künftige Führungskräfte sind Kapitän Daniel Baier, Martin Hinteregger oder Finnbogason. Reuter betont: „Für uns ist es wichtig, dass die Spieler sich voll mit ihrer Aufgabe identifizieren und ein gemeinsames Ziel verfolgen.“ Womöglich traf das auf Bobadilla nicht mehr zu.