Stefan Reuter war auf die Frage nach dem letzten Heimsieg vorbereitet. Doch bei der Antwort kam der Sport-Manager des FC Augsburg in der Mixed-Zone der WWK-Arena doch kurz ins Straucheln. "Ich habe es letzte Woche irgendwann mal gelesen. Es war gegen Schalke oder so, ach nein, gegen Stuttgart 1:0, oder?"
Stimmt. Am 16. April, der Trainer hieß noch Markus Weinzierl, hatte der FCA zum letzten Mal zu Hause gewonnen. Den einzigen Treffer gegen den VfB Stuttgart erzielte: Alfred Finnbogason. Und auch am Samstag beim 1:0 (0:0)-Heimsieg gegen den SV Darmstadt 98 war der Isländer für das „Tor des Tages“ zuständig. Sekunden nach der Halbzeit köpfte Finnbogason zum 1:0 (47.) ein.
Manager Reuter atmete nach dem ersten Heimsieg unter dem neuen Trainer Dirk Schuster durch. Das Gerede von der Heimschwäche ist nun wohl verstummt. Auch mit Markus Weinzierl startete man lediglich ein Mal besser in die Bundesliga. Beim FCA war man bisher anderes gewöhnt. „Letzte Saison war es bitter, mit sechs Punkten nach zwölf Spielen dazustehen“, blickte Reuter zurück. „Dieses Jahr hatten wir uns vorgenommen, ganz anders zu starten. Wir wollten viel besser dagegenhalten und auch die Tugenden, die die Mannschaft stark machen, zeigen: Kompaktheit, Geschlossenheit, wenig zulassen, um dann schnell umzuschalten.“
FCA vor rund 28.000 Zuschauern klar überlegen
Stärken, für die Dirk Schuster bürgt. Und die im Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub auf beiden Seiten im Vordergrund standen. Denn auch wenn die Lilien mit dem neuen Trainer Norbert Meier und 14 neuen Spielern personell runderneuert waren, die Spielanlage hatte Meier nicht groß geändert.
Schon vor dem Anpfiff hatte in der WWK-Arena eine emotionale Atmosphäre geherrscht. Und das nicht nur, weil Trainer Schuster („Vor und nach dem Spiel schüttelt man sich die Hände, aber in den 90 Minuten ruhten jegliche persönlichen Bande“) auf seinen Ex-Klub traf. Die FCA-Ultras gedachten mit einer riesigen Wende-Choreografie zwei ihrer Mitglieder, die vor einem Jahr bei einem Autounfall tödlich verunglückt waren. Danach war der FCA vor rund 28.000 Zuschauern klar überlegen, ohne spielerisch zu überzeugen. Darmstadt sorgte nur durch zwei rüde Fouls für Aufregung. Zuerst stoppte Peter Niemeyer, der dafür Gelb sah, Raúl Bobadilla so heftig, dass der Argentinier mit einer Schultereckgelenksprengung ausgewechselt werden musste. Eine genaue Diagnose bringt am Montag, wenn die betroffene Stelle nicht mehr so geschwollen ist, eine MRT-Untersuchung. Muss er operiert werden, ist die Vorrunde für den Stürmer beendet, wird er konservativ behandelt, fällt er mindestens sechs Wochen aus.
Nach Caiuby (Knorpelschaden im Knie) und Dominik Kohr (tiefe Fleischwunde am Unterschenkel) verletzte sich so ein dritter wichtiger Spieler innerhalb weniger Tage. „Das ist bitter“, sagte Reuter. Einen vertragslosen Spieler verpflichten, das wäre möglich, will Reuter aber nicht: „Wir haben genügend Qualität im Kader, um das zu kompensieren.“ Bobadilla war nicht der einzige FCA-Spieler, der die rüde Spielweise der Darmstädter zu spüren bekam. Als Daniel Baier vor der Halbzeit vom schon verwarnten Leon Guwara umgesäbelt wurde, zeigte Schiedsrichter Guido Winkmann (Kerken) dem Darmstädter die Gelb-Rote Karte.
Ex-FCA-Trainer war als Experte im Stadion
Das war die Vorentscheidung. Finnbogason traf. Die dezimierten Darmstädter blieben harmlos und ohne richtige Möglichkeit. Hätten die Augsburger Profis ihre Chancen besser genützt, hätte FCA-Trainer Schuster nicht so lange zittern müssen. „Ich bin sehr froh und glücklich, dieses Spiel gewonnen zu haben.“ Die Punktebilanz von sieben Zählern nach fünf Spieltagen will er nicht überbewerten. „Das ist durchschnittlich bis gut.“ Manager Reuter erklärte trocken: „Mit sieben Punkten hat noch keiner die Klasse gehalten. Wir haben noch viel zu tun.“
Ähnlich sah es Rainer Hörgl. Der Ex-FCA-Trainer (2004 bis 2007) war als Experte des Fernsehsenders Sky im Stadion. Sein Urteil: „Dass der FCA heute nicht glänzen konnte, war klar. Es war ein verdienter Sieg, aber das Niveau der Partie war nicht berauschend. Es war unterer Bundesliga-Durchschnitt. Für Darmstadt wird es sowieso schwer, und wenn der FCA wirklich mit hinten nichts zu tun haben will, muss er einen Zahn zulegen.“