Wenn Kostas Stafylidis erzählt, er sei eher schüchtern, steht das widersprüchlich zu seiner extrovertierten Erscheinung. Die Haare auf der einen Seite kurz geschoren, oben länger, Schläfen verziert durch lineare Rasuren; der Körper übersät von Tattoos, unter anderem einem Krieger auf dem linken Oberarm und einem Warnschild auf der linken Wade, das ein grätschendes Strichmännchen zeigt. Die Botschaft ist eindeutig: Achtung, Zweikämpfer!
Das Tattoo hat Stafylidis beim italienischen Profi Daniele De Rossi gesehen. Der Grieche dachte, das passe auch zu ihm. Schließlich steht der 22-Jährige in der Bundesligamannschaft des FC Augsburg für körperbetontes, schnörkelloses Spiel. Wenn der Abwehrspieler auf den Platz geht, sind für ihn die ersten Minuten mit entscheidend. Martialisch beschreibt er, er hole sich über Zweikämpfe und Ballgewinne Selbstvertrauen. Stafylidis setzt unmissverständlich Zeichen. Der Gegner solle schließlich sofort erkennen, mit wem er es zu tun habe, meint Stafylidis schmunzelnd.
In der vergangenen Spielzeit lieferte sich der griechische Nationalspieler mit Philipp Max einen Zweikampf um die Position des Linksverteidigers. Dirk Schusters Trainervorgänger Markus Weinzierl setzte in der Bundesliga auf Max, dessen Offensivpotenzial höher eingestuft wird. Stafylidis spielte dagegen oft im Europapokal. Weinzierl machte das Spiel mit seinen Innenverteidigern breit, die Außenverteidiger standen versetzt nach vorne, boten sich teils an der Mittellinie an. Schuster geht weniger Risiko ein, bindet die Verteidiger seltener ins Offensivspiel ein, sie sollen vordergründig Abwehrarbeit verrichten. Stafylidis scheint hierfür geeigneter zu sein. Dass er an den ersten beiden Spieltagen von Beginn an auflief, ist ein Indiz dafür.
Stafylidis scheint Gewinner unter neuem Trainer zu sein
Er darf sich indes nicht sicher sein, dauerhaft in der Startelf zu stehen. Olympiateilnehmer Max, der am Montag mit den Reservespielern trainierte, während der Rest des Teams ausradelte, wird sich dauerhaft nicht mit der Rolle als Ersatz zufriedengeben. Stafylidis begrüßt das sogar. Max sei ein Kumpel, er komme super mit ihm aus, der sportliche Wettkampf um den Startplatz ändere daran nichts. „Es ist gut, wenn du eine Konkurrenzsituation hast. Dann musst du jeden Tag im Training Leistung bringen“, erklärt der Grieche. „Dann siehst du, ob du besser bist. Ich muss hart arbeiten, um zu spielen.“
Stafylidis versteht deutsch, vertraut in Interviews jedoch weiter auf die englische Sprache. In der blutjungen Saison scheint er ein Gewinner unter dem neuen Trainer zu sein. Schuster war selbst ein aggressiver Defensivspieler, der weder sich noch Gegenspieler schonte. Schuster und Stafylidis verkörpern einen ähnlichen Spielertypus. „Er mag Spieler, die hundert Prozent auf dem Platz geben. Für meine Mentalität ist das der beste Trainer, den ich mir vorstellen kann“, betont der Grieche. Täglich suche der Trainer mit ihm das Gespräch, erkläre ihm, wie er sich verhalten solle, was er besser machen könne. „Außerdem macht er viel Spaß mit uns“, schiebt Stafylidis mit einem Grinsen hinterher.
Erfolg gegen Bremen gibt Selbstvertrauen
Spaß hat vor allem, wer Erfolg hat. Durch das 2:1 in Bremen haben die FCA-Profis für Lockerheit in Verein und Umfeld gesorgt. Stafylidis meint, dieser Erfolg gebe Selbstvertrauen für das Heimspiel gegen Mainz. Er selbst hatte daran maßgeblichen Anteil mit seinem Freistoß-Kracher zum 2:1. Wie er erzählt, wurde er eher zufällig zum Siegtorschützen. Dong-Won Ji, Daniel Baier und Stafylidis waren als Schützen eingeteilt. Ji fühlte sich gut, sagte das zu Stafylidis.
Doch dann dauerte alles ziemlich lange. „Nach vier, fünf Sekunden dachte ich, jetzt schieße ich einfach“, sagt der ‚Matchwinner‘ lachend. Der Ball schlug oben rechts ein, direkt über Bremens Torhüter Wiedwald, dessen Sicht verdeckt war. Beide Treffer des FCA entsprangen Standardsituationen, für Trainer Schuster ein probates Mittel. „Sie können eine Waffe sein, daran arbeiten wir jede Woche.“ Beim Abschlusstraining verzichtete der Trainer diesmal allerdings darauf. Schuster liefert den Grund: „Weil wir von Werder beobachtet wurden.“