Julian Günther-Schmidt hätte berühmt werden können an diesem sonnigen Samstag in Freiburg. Es lief die 85. Minute als sein Herz wohl schneller schlug, als jemals zuvor. Sein Trainer Dirk Schuster packte ihn noch am Arm und flüsterte ihm ein paar Worte zu. Sein Auftrag war klar. Der 22-jährige, der bisher nur beim Regionalligisten FC Augsburg in der U-23 auf Torejagd ging, sollte beim Stande von 1:2 in Freiburg erstmals der Bundesliga-Mannschaft helfen. Wie auch immer.
Bereits drei Minuten später schien das "Drehbuch schon geschrieben", wie es FCA-Manager Stefan Reuter später formulierte. Dominik Kohr schoss auf das Freiburger Tor, Keeper Schwolow konnte nur nach vorne abklatschen. Und dann kam Günther-Schmidt, vier Meter freistehend vor dem Tor zum Schuss. Dem Freiburger Anhang stockte der Atem, die rund 800 FCA-Fans, die diese Szene gut im Blickfeld hatten, machten sich zum Jubeln bereit. Günther-Schmidt hatte die Chance seines Lebens. Doch dann folgte das, was man unter Nervenflattern oder einem Blackout versteht. Julian Günther-Schmidt semmelt das Ding weit über das Tor. Der älteste FCA-Spieler Halil Altintop nahm ihn tröstend in den Arm und gab ihm einen aufmunternden Klaps. Wenige Minuten später pfiff Schiedsrichter Manuel Gräfe die Partie ab. Freiburg jubelte, Augsburg ließ die Köpfe hängen.
Einen Vorwurf machte Günther-Schmidt hinterher keiner. Der mit 33 Jahren älteste FCA-Spieler, Halil Altintop zuckte nur mit den Schultern: "Es ärgert mich für ihn. Ich hätte es ihm so vergönnt. Der hängt sich im Training unglaublich rein. Nachdem er die Chance vergeben hat, habe ich nur gesagt: Junge, arbeite weiter so." Auch Stefan Reuter, stellte sich sofort vor das Nachwuchstalent: "Da gibt es keinen Vorwurf. Natürlich ist es schade. Das wäre für ihn die Krönung gewesen, aber er hat zu überhastet abgeschlossen."
FC Augsburg hat das Spiel gut im Griff
Vergebene Chance hin oder her. Die Niederlage des FCA war unnötig wie ein Kropf. Auch Freiburgs Trainer Christian Streich sah nicht unbedingt einen verdienten Sieg seiner Mannschaft: "Vielleicht waren wir nur einen Tick glücklicher." Vor allem in der ersten Halbzeit spielte Freiburg eher ängstlich. Der FCA hatte alles ganz gut im Griff und war wesentlich kompakter und stabiler. Dabei verpasste vor allem der Südkoreaner Dong-Won-Ji mit einer Doppelchance nach 23 Minuten die Führung für den FCA.
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Nach dem Wechsel wurde das Spiel wesentlich besser, vor allem weil nun auch Freiburg etwas für das Spiel nach vorne tat. Als Maximilian Philipp nach 66 Minuten das 1:0 für die Hausherren erzielte, war der Spielverlauf ein bisschen auf den Kopf gestellt. Nach 78 Minuten schien dann auch alles gelaufen. FCA-Verteidiger Martin Hinteregger unterlief ein dicker Patzer und der eingewechselte Petersen traf zum 2:0. Doch Altintop brachte sein Team noch auf 2:1 heran (84.). Der Rest ist schon erzählt. Dirk Schuster war zerknirscht: "Das fühlt sich nicht gut an. Wir haben einfache Fehler gemacht. Das müssen wir abstellen." Schuster ärgerte sich vor allem über die vermeidbaren Gegentore. Und natürlich über die vergebene Chance am Ende des Spiels.
Als tragische Person wollte er Günther-Schmidt aber nicht bezeichnen: "Tragisch würde ich nicht sagen. Es war sein erster Bundesliga-Einsatz und der Junge wird seinen Weg gehen. Er bekommt von seinen Kollegen und uns viel Zuspruch." Dann fiel Schuster ein, dass es jetzt im Pokal (Mittwoch) und in der Meisterschaft Samstag) gegen die Bayern geht. "Vielleicht macht er es gegen die Bayern besser." Nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, musste er dann allerdings doch ein wenig lachen.