Als gestern Markus Weinzierl das Vormittagstraining beendete, legten zwei Spieler noch eine Sonderschicht ein. Pierre-Emile Höjbjerg, 19, schnappte sich einen Sack Bälle und die künstliche Freistoßmauer, um noch auf Torhüter Ioannis Gelios zu schießen. Wenig später kam auch noch Dominik Kohr, 20, dazu.
Das Duell der geliehenen Talente um den freien Platz im Mittelfeld des FC Augsburg ist, so kann man diese Szene durchaus deuten, vor dem Bundesliga-Rückrundenstart am 1. Februar (17.30 Uhr) zu Hause gegen die TSG Hoffenheim voll im Gange.
Als der Wechsel von Höjbjerg vom FC Bayern Anfang Januar öffentlich wurde, beglückwünschten fast alle den FCA zu diesem Leihgeschäft. Im mit Top-Stars überfüllten Bayern-Mittelfeld ist für Höjbjerg (noch) nicht so viel Platz, wie der sich das wünschte. Dennoch gilt der junge Däne als einer der Lieblingsspieler von Bayern-Trainer Pep Guardiola, und nicht nur die halbe Bundesliga hätte Höjbjerg gerne unter Vertrag genommen, um ihm Spielpraxis zu ermöglichen.
Baier ist im Mittelfeld gesetzt
Jetzt soll Höjbjerg vorerst für ein halbes Jahr beim FCA Einsatzminuten sammeln, doch dafür muss einer weichen. FCA-Motor Daniel Baier, 31, ist auf der Sechser-Position gesetzt, ganz vorne im Mittelfeld schleicht Halil Altintop zwischen den gegnerischen Viererketten erfolgreich hin und her, also fokussiert sich der Einsatzbereich von Höjbjerg auf die Acht. Die teilten sich in der Vorrunde Jungspund Dominik Kohr und Routinier Markus Feulner, 32. Letzterer wird wohl nach der Suspendierung von Marcel de Jong, zum Linksverteidiger umgeschult also kommt es zum Zweikampf Höjbjerg gegen Kohr.
Kohr sieht es genauso: „So wie ich es mitbekommen habe, soll Pierre ja auf unserer Position, also der von Markus und mir, spielen.“ Freiwillig will der gebürtige Trierer seinen Platz auf keinen Fall räumen: „Ich schau auf mich, er muss sich auch jeden Tag beweisen. Ich werde nicht nachgeben und versuchen, auf dem Platz zu stehen. Und wenn nicht, dann werde ich weiter Gas geben und nicht lockerlassen.“
Das klingt nach einer Kampf-Ansage, auch wenn die beiden Konkurrenten in der Kabine direkt nebeneinander sitzen. Kein Wunder, Kohr und Höjbjerg sind ehrgeizig, stehen erst am Anfang ihrer ProfiKarriereleiter. Der FCA soll da nur eine der unteren Sprossen sein.
Auch Kohr ließ sich im Januar 2014 eineinhalb Jahre von Bayer Leverkusen nach Augsburg ausleihen, um zu spielen. Was er gerade in dieser Saison relativ oft durfte. Zwölf Einsätze, neun davon in der Startelf, und sieben Gelbe Karten stehen in seiner persönlichen Vorrunden-Statistik. „Zufrieden? Wenn man zufrieden ist, hört man mit der Entwicklung auf. Ich bin froh, wie die Vorrunde gelaufen ist, so kann es weitergehen“, sagt Kohr.
Leverkusen beobachtet die Entwicklung von Kohr
In Leverkusen beobachtet man die Entwicklung von Kohr sehr genau. „Es ist immer entscheidend, dass der Spieler spielt. Für uns ist immer die Frage, welcher Verein ist der richtige, welcher Trainer setzt auf ihn? Der FC Augsburg hat sich immer sehr bemüht. Es passt ganz gut. Seine Entwicklung ist sehr, sehr positiv“, sagt Jonas Boldt, der neue Team-Manager. Boldt ist der Nachfolger von Michael Reschke, der zum FC Bayern wechselte. Umweg Augsburg: Höjbjerg will Durchbruch schaffen
Boldt, 32, sieht auch die Verpflichtung von Höjbjerg ganz gelassen: „Ich denke, der Dominik ist selbstbewusst genug, das als Motivation anzunehmen. Ich selbst hatte zum Jahreswechsel mit ihm Kontakt. Da hat er mir auch signalisiert, dass er es überhaupt nicht als Degradierung ansieht. Wenn er sich da durchsetzt, spricht es auch für Bayer Leverkusen.“ Boldt kann es sich auch vorstellen, „dass beide gemeinsam auf dem Platz stehen“.
Trainer Markus Weinzierl will sich bei seinen Planungen nicht in die Karten schauen lassen: „Gute Mannschaften haben immer Konkurrenzkampf.“ Er sieht auch kein Duell, da „beide Spieler vielseitig verwendbar sind“. Klar ist aber auch, weder Bayern noch Bayer wollen ihre Leihspieler auf der Bank sitzen sehen. Dementsprechend sind auch beide Leihverträge gestaltet. Je öfter Höjbjerg oder Kohr spielen, desto billiger werden sie.
Wird der FCA zum Verlierer im Duell der Talente?
Einen ersten Fingerzeig darauf, was Weinzierl im Mittelfeld plant, wird das letzte Vorbereitungsspiel am Sonntag (15.30 Uhr) bei der SpVgg Greuther Fürth geben.Über die Saison hinaus würde Weinzierl wohl beide Spieler gerne beim FCA behalten. Da scheinen die Chancen bei Kohr größer zu sein. „Klar würden wir ihn gerne längerfristig binden. Aber da sind Leverkusen und der Spieler entscheidend“, sagt Weinzierl.
Kohr ist nicht abgeneigt: „Der Stand ist so, dass mein Vertrag hier am Ende der Saison ausläuft und ich nach Leverkusen zurückgehe, weil ich dort Vertrag habe. Augsburg ist schon auf mich zugekommen und ich könnte es mir gut vorstellen, auch längerfristig hierzubleiben, aber es kommt darauf an, was Leverkusen dazu sagt.“ Bayern-Leihgabe Höjbjerg will "eigenen Weg finden"
Dort sieht Jonas Boldt keine Eile: „Stand heute kommt er zurück, aber der Kontakt nach Augsburg ist ja positiv, und wenn die Augsburger Interesse haben, dann wird man sich irgendwann mal Mitte, Ende der Rückrunde mit allen Beteiligten zusammensetzen und überlegen, was das Sinnvollste ist.“
So könnte Weinzierl ein Opfer seines eigenen Erfolges werden. Der 40-Jährige hat mit Höjbjerg und Kohr nun noch mehr taktische Varianten zur Verfügung, der FCA ist noch weniger ausrechenbar. Gelingt es ihm, Höjbjerg und Kohr auch persönlich weiterzuentwickeln, wovon auszugehen ist, dann könnte es aber durchaus möglich sein, dass sowohl der FC Bayern als auch Bayer 04 die Spieler zurückholen. Dann wäre der FCA der Verlierer im Duell der Talente.