Auch für Helden gibt es beim FC Augsburg keine Ausnahme. Als gestern um kurz vor elf Uhr die Reservisten des Bundesligisten ihre Torschussübungen absolvieren, ist auch Tobias Werner, 28, dabei. Dabei hatte Werner am Samstag kurz vor 17.15 Uhr in der SGL-Arena genau ins Schwarze getroffen.
Es lief die vorletzte Minute und es stand 1:1 zwischen dem FCA und dem SC Freiburg. Ein Ergebnis, mit dem beide Bundesligisten wohl hätten leben können, aber eine Mannschaft nicht leben wollte. So starteten die Gastgeber, angetrieben von ihren Fans, noch einmal einen Angriff. Tobias Werner, der in der 74. Minute eingewechselt worden war, bekam kurz vor dem Strafraum den Ball, sah einmal kurz hoch, zog mit seinem starken linken Fuß ab und der Ball flutschte flach unhaltbar für Freiburgs Torhüter Oliver Baumann zum 2:1-Siegtreffer ins Tor. „Als der Ball meinen Fuß verlassen hat, wusste ich schon, das ist ein gutes Ding“, sagte Werner später, als die Feierlichkeiten auf dem Rasen beendet waren. Und die dauerten etwas länger als gewöhnlich.
Für die Bundesliga eine Notiz, in Augsburg ein historischer Tag
Noch nie hat der FCA in der Bundesliga drei Spiele in Folge gewonnen, noch nie stand der FCA im nun dritten Jahr Erstklassigkeit so weit oben. Zudem hat er mit neun Punkten schon nach fünf Spieltagen so viele Punkte eingesammelt wie nach der gesamten Hinrunde 2012/13. In der Glitzerwelt der Bundesliga reicht es nur für eine kleine Notiz, für Augsburg hingegen ist es ein historischer Tag.
Und Tobias Werner spielt darin eine Hauptrolle. In Nürnberg eingewechselt, bereitet er den Siegtreffer von Kevin Vogt mit einem Schuss an den Pfosten vor, am Samstag zielte er noch besser. Trotzdem ist Werner keiner, der den Blick für die Realität verliert: „Wir haben uns in den letzten Wochen in einen Rausch gespielt. Es war aber nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt.“
So haben die Fans die Spieler bewertet
Dabei begann das Fußball-Jahr für den dienstältesten FCA-Profi alles andere als gut. Mit einer hartnäckigen Kniereizung musste er mehr oder weniger sechs Wochen pausieren. Eine harte Zeit für Werner. „Ich bin unheimlich froh, dass das Knie hält. Wenn man so lange ausfällt, holt man das in zehn Tagen nicht auf.“
Werner ging den steinigen Weg des FCA mit
Seit 2008 steht der Profi, der in Gera geboren ist, beim FCA unter Vertrag. Er gibt, wie sonst wohl nur Mittelfeldakteur Daniel Baier, der wundersamen Entwicklung des FC Augsburg vom belächelten Aufsteiger, dem man in der Bundesliga nur eine kurzes Haltbarkeitsdatum zutraute, hin zum ernst genommenen Mitglied, ein Gesicht. Denn Werner machte diesen steinigen Weg mit.
Er ist keiner der extrovertierten Bundesliga-Profis mit auffälligem Auto und schlagzeilenträchtigen Privatleben. Zusammen mit Freundin Chris und Töchterchen Emily lebt er in der Gögginger Schafweidsiedlung ein fast schon unauffällig spießiges Leben, so wie die meisten FCA-Fans eben auch. Und darum lieben sie ihn. Als er eingewechselt wurde, hallten die Tobi-Werner-Sprechchöre durch das Stadion. „Normalerweise schreien die Fans ja den Namen der Ausgewechselten. Das tut schon gut“, sagt er.
Dabei schien der Linksfuß auf dem Weg von Liga zwei in die Bundesliga hängen zu bleiben. „Ich hatte unter Jos Luhukay eine harte Zeit und habe daran gedacht zu wechseln“, verriet Werner am Samstag.
Tobias Werner würde gerne in Augsburg verlängern
Doch unter Markus Weinzierl blühte der fleißige Arbeiter, dem nicht wenige die Bundesliga nicht zugetraut hatten, auf. „Er schenkt mir viel Vertrauen“, sagt Werner. Und er zahlt plötzlich mit Toren zurück. Sechs waren es in der abgelaufenen Spielzeit. Jetzt kam ein weiteres hinzu. Nun will Werner mehr. Er will seinen Stammplatz zurück. „Ich bin zweimal eingewechselt worden und war zweimal an einem Tor beteiligt. Das ist toll. Aber ich bin noch nicht da, wo ich hin will.“
Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Er hätte gerne schon früher über einen neuen Kontrakt verhandelt. Jetzt kommt Bewegung in die Sache. FCA-Manager Stefan Reuter sagt: „Wir stehen in ständigen Kontakt mit seinem Berater.“ Eine Einigung ist wahrscheinlich. Helden, die am Boden bleiben, sind gefragt.