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Deutsche EM-Erfolge: 2. Titel: Italien, 1980

Deutsche EM-Erfolge

2. Titel: Italien, 1980

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    Bernd Schuster war ein genialer Spieler. Auf der Trainerbank agierte er mit etwas weniger Glück bisher.
    Bernd Schuster war ein genialer Spieler. Auf der Trainerbank agierte er mit etwas weniger Glück bisher.

    „Dieser Junge ist ein Naturereignis.“ Der ehemalige österreichische Teamchef Karl Stotz verneigte sich nach einem Spiel der Deutschen in Wien auf seine Weise verbal vor Bernd Schuster. Dass es dieses „Naturereignis“ nicht auf mehr als 21 Länderspiele für Deutschland gebracht hat, ist schon fast tragisch. Aber so ist es nun mal bei Künstlern, bei denen Wahnsinn und Genie Hand in Hand gehen. Und Schuster war auf dem Platz ein genialer Künstler und außerhalb davon meist ein Wahnsinniger.

    Es wurde viel geschrieben über den schwierigen, introvertierten, sturen und oft zornigen Augsburger aus dem Stadtteil Hammerschmiede, der sich selbst mit dem DFB anlegte. Als seine damalige Ehefrau Gaby 1986 eine Million Mark vom DFB für ein Comeback ihres Mannes in der Nationalmannschaft forderte. Doch dazu kam es nie mehr. Deshalb sollte für Schuster die Europameisterschaft 1980 in Rom für alle Zeiten sein einziges großes Turnier bleiben.

    Eine Europameisterschaft, die aus zwei Gründen unvergesslich bleiben wird. Erstens, weil Deutschland den Titel holte, und zweitens, weil Deutschland wegen Schuster Europameister wurde. Es war eine EM, die äußerst zäh begann. Der knappe 1:0-Sieg gegen die damalige Tschechoslowakei sorgte für Unzufriedenheit. Vor allem bei den Fans und den Medien. Aus lauter Verzweiflung fing die Bild-Zeitung schon zu dichten an: „Drei müssen fliegen, damit wir siegen.“ Die Chancen für Bernd Schuster, der in dieser ersten Partie nur draußen saß, stieg dadurch rasant an, denn Trainer Jupp Derwall musste reagieren. Derwall nahm Schusters Mannschaftskollegen vom 1. FC Köln, Bernd Cullmann, aus dem Team und brachte dafür den Augsburger im Mittelfeld. Es war der 14. Juni 1980 in Neapel, als der Weltfußball ein neues Kapitel aufschlug.

    Das Spiel gegen die Niederlande war gleichzeitig die Sternstunde des damals 20-jährigen Bernd Schuster. Der Augsburger dirigierte und lenkte in einer Partie, die teilweise die Grenzen des Erlaubten überschritt. „Willy van de Kerkhof hat mich mit einem brutalen Faustschlag voll auf das rechte Auge getroffen“, klagte Schuster hinterher sein Leid.

    Doch dieses Leid konnte Schuster verkraften. Neben dem dreifachen Torschützen Klaus Allofs war Schuster der Held von Neapel. Nach einem Pfostenschuss von Schuster erzielte Allofs das 1:0, und beim 3:0 für Deutschland bedient Schuster Allofs so präzise, dass der gar nicht am Tor vorbeischießen konnte. Deutschland geriet zwar in der Schlussphase noch ins Schwimmen, aber die Niederländer konnten lediglich noch auf 2:3 verkürzen. Nach einem 0:0 gegen Griechenland erreichte Deutschland schließlich das Finale gegen Belgien. Auch dieser 2:1-Sieg hatte viel mit Schuster zu tun, der die 1:0-Führung durch Horst Hrubesch exzellent vorbereitete.

    Die Lobeshymnen in Richtung Schuster überschlugen sich nach dieser EM. Das Fachblatt Kicker schrieb danach einmal: „Schuster drückt dem Spiel seinen Stempel auf und besticht durch Spielintelligenz, Virtuosität und Ausstrahlung.“ Doch leider hielt nach dieser EM bald wieder der Wahnsinn Einzug. Mit einer noch größeren Portion Selbstvertrauen kehrte Schuster nach der EM zurück zum 1. FC Köln. Kurze Zeit später verkrachte er sich mit seinem Trainer Karl-Heinz Heddergott, indem er ihn als „Flasche“ titulierte.

    Der Augsburger bestritt diese Äußerung: „Das ist nicht meine Wortwahl, entweder hätte ich ihn als Anfänger oder als Arschloch bezeichnet.“ Der FC Köln setzte ihn daraufhin vor die Tür. Europameister und dann Rausschmiss aus dem Verein. Kann ein Jahr noch turbulenter werden? Bei Schuster schon. Den „blonden Engel“ zog es daraufhin zum FC Bayern München, doch die Münchner sträubten sich, die für damalige Zeiten horrende Ablösesumme von 3,5 Millionen Mark zu bezahlen. Dann wollte er zu seinem großen Förderer Hennes Weisweiler, der zu jener Zeit Cosmos New York trainierte.

    Schuster hatte schon einen Vertrag unterschrieben, doch dann führten die Amerikaner eine Ausländerbeschränkung ein, und Schuster war erneut der Weg versperrt. Doch wahrscheinlich war die Absage aus New York letztlich das große Glück des Bernd Schuster.

    Während für den FC Bayern München 3,5 Millionen Mark deutlich zu viel waren, ließ sich der große FC Barcelona nicht lumpen. Die Spanier schüttelten für den Mann der Deutschland zur Europameisterschaft führte, die Peseten locker aus dem Ärmel. Spanien wurde schließlich für Schuster zum gelobten Land.

    Dort feierte er später sowohl mit dem FC Barcelona, Real Madrid oder Atlético Madrid große Erfolge. Irgendwann ging Bernd Schuster dann für die deutsche Nationalmannschaft verloren. Mit 25 Jahren endete seine Karriere im National-Team. Sein letztes Spiel im DFB-Trikot bestritt der heute mittlerweile 52-Jährige 1984 in Varna gegen Bulgarien. Deutschland siegte mit 3:2.

    Schuster hätte mehr als nur 21 Länderspiele für Deutschland verdient.

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