Am Augsburger Hauptbahnhof herrscht Hochbetrieb. Vor den Geschäften in der Halle stehen lange Schlangen, der Bahnsteig zwei ist überfüllt mit einer rot-grün-weißen Menschenmasse. Es ist Sonntag Vormittag, kurz nach zehn. Für 545 AEV-Fans stehen neun violette Waggons bereit. Einmal in der Saison organisiert der erste AEV-Fanklub eine Sonderzugfahrt, an diesem Spieltag ist es so weit: Es geht zu den Schwenninger Wild Wings.
Unter dem Gesang „Auswärtsfahrten sind schön“ rollt um 10.24 Uhr der Zug in Richtung Schwarzwald los. Auch in Waggon sechs, Abteil sechs, ist die Vorfreude groß. Norbert, Bernd, Gabriel und Gerhard haben hier ihren Platz gefunden. Die vier Augsburger sind AEV-Fans seit ihrer Jugend – und die war noch in Oberliga-Zeiten. Gleich zu Beginn legt Gabriel die Marschroute fest: „Wenn wir in die Play-offs wollen, müssen wir heute gewinnen.“
Aus dem Samba-Wagen dröhnen die Bässe
Immer wieder laufen auf dem Gang Panther-Anhänger mit einem alkoholischen Getränk vorbei. „Sonntag um die Uhrzeit, das schaff’ ich nicht“, sagt Bernd. Er holt Schafkopfkarten mit AEV-Logo heraus. Als kurze Zeit später der Kollege von nebenan mit einem Kasten Bier klopft, kann auch er nicht widerstehen.
Die Stimmung ist gut, bis zur kleinen Ortschaft Amstetten, nordwestlich von Ulm. Wegen eines Personenschadens muss der Zug hier fast zwei Stunden ausharren. Erste Zeichen von Langeweile: „Wir wollen Musik!“ Doch es gibt technische Probleme, Beschallung ist nur im „Samba-Wagen“ in der Mitte des Zuges möglich. Aus dem überfüllten und abgedunkelten Abteil dröhnen die Party-Klassiker schon von weitem.
„Aus diesem Alter sind wir heraus“, sagt Gabriel. Es entstehen Diskussionen über Energiewende und Wasserprivatisierung. Um 13.31 Uhr fährt der Zug endlich mit großer Verspätung weiter. Die große Sorge unter den Fans: Schaffen wir es noch rechtzeitig nach Schwenningen? Bald kommt die gefeierte Durchsage: „Das Spiel startet eine halbe Stunde später.“
Wenn der Frust die Zuversicht verdrängt
In Rottweil stehen elf Busse bereit, die die Schlachtenbummler zur Eishockeyhalle bringen. 15 Minuten vor dem Auftaktbully ertönt es schließlich aus dem prall gefüllten Gästeblock: „Hurra, die Augsburger sind da.“ Das Spiel entwickelt sich allerdings nicht wie gewünscht. Trotz lautstarker Anfeuerung liegen die Panther nach dem ersten Drittel mit 0:2 zurück. Zuversicht und Frust halten sich noch die Waage.
Im zweiten Abschnitt ertönt die Torsirene für die Gastgeber weitere drei Mal. „Aufwachen!“, fordern die Anhänger immer wieder. Ohne Erfolg. Am Ende wird es eine bittere 0:8-Klatsche. „Eure Fans haben das nicht verdient“, findet das Schwenninger Publikum. Als Dank beteiligen sich die Augsburger an der Laola-Welle. Bei Schlusspfiff gibt es gellende Pfiffe aus dem AEV-Block, die Spieler trauen sich nicht mehr zu ihrem Anhang.
Nachdem die Niederlage analysiert wurde, verläuft die Rückfahrt ruhiger. In vielen Abteilen erlischt das Licht, einzig im „Samba-Wagen“ herrscht noch Party-Stimmung. In Wagen sechs, Abteil sechs, fällt das Tages-Fazit kritisch aus. „Selten so eine trostlose Auswärtsfahrt erlebt, es war eine Odyssee des Grauens“, sagt Gabriel, der bereits seit über 30 Jahren die Panther in die Fremde begleitet. „Die Spieler haben an Vertrauen eingebüßt.“ Um ein Uhr morgens erreichen die AEV-Fans Augsburg. Es war das Ende einer denkwürdigen Auswärtsfahrt.